Viele Expert*innen schätzen das Risiko für einen weiteren Finanzcrash des Banken- und Finanzsystems als sehr hoch ein. Doch öffentlich wird das Thema wenig diskutiert. Die Tagung „Der nächste Crash als Chance“ des Netzwerks Plurale Ökonomik will dem etwas Konstruktives entgegensetzen. Die GLS Bank ist einer von zwölf Kooperationspartnern.
Von Lino Zeddies
Im Oktober 2019 warnte der ehemalige Direktor der Bank of England, Mervyn King, dass die Weltwirtschaft gegenwärtig in die nächste Krise taumelt:
Damit steht er bei weitem nicht alleine da. Auch wenn es schwierig ist, konkrete Komplikationen am Finanzmarkt vorherzusagen, lassen sich doch einige Probleme benennen. Der anstehende Brexit, Handelskriege und die Klimakrise bilden ein höchst instabiles wirtschaftliches Umfeld, während in Deutschland gegenwärtig über eine drohende Rezession diskutiert wird.
Probleme am Repo-Markt
Am 17. September 2019 gab es bereits einen wenig beachtetes Anzeichen, als der Repo Markt austrocknete und die kurzfristigen Refinanzierungs-Zinsen innerhalb eines Tages von 2% auf 10% anstiegen. Die Fed in den USA musste mit über 700 Milliarden US Dollar eingreifen, um den Repo-Markt zu stabilisieren. Ohne diese Hilfen hätte es zu einer Kettenreaktion und einem Zusammenbruch weiterer Finanzmärkte kommen können. (2)
Finanzcrash begünstigt demokratiefeindliche Parteien
Wenn es tatsächlich zu einem weiteren Finanzcrash kommt, sollten Gesellschaft und Politik diesmal besser vorbereitet sein. Nach der letzten Finanzkrise war das Vertrauen in die Finanzmärkte und demokratische Institutionen schwer erschüttert und extremistische sowie demokratiefeindliche Parteien und Bewegungen verbreiteten sich überall in Europa. Wenn sich Ähnliches wiederholt und wieder Banken und Finanzmärkte auf Kosten der Gesellschaft gerettet werden, drohen eine gravierende politische Legitimationskrise, ein weiterer Aufstieg demokratiefeindlicher Bewegungen und eine existentielle Gefährdung des europäischen Projekts.
Finanzcrash als Chance für ein nachhaltiges Finanzsystem
Die Tagung „Der nächste Crash als Chance – Szenarien und Reformpotentiale“ will dem etwas Konstruktives entgegensetzen. 300 bis 400 Expert*innen, Entscheidungsträger*innen und Akteur*innen aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft diskutieren am 7. Februar 2020 in Berlin die Gefahr einer nächsten Finanzkrise und entwickeln visionäre Ideen zu Finanzmarktreformen, Geld- und Fiskalpolitik und zur Zukunft des Geldes, des Euros und der Banken.
Dabei stehen keineswegs pessimistische Katastrophenszenarien im Vordergrund, sondern die große Vielfalt an zukunftsweisenden politischen Handlungsoptionen. Im Idealfall kann so der nächste Crash verhindert oder als Chance genutzt werden, um den Umbau hin zu einem nachhaltigen, gerechten und stabilen Geld- und Finanzsystem vorzunehmen, mit dem die Gesellschaft insbesondere der drohenden Klimakatastrophe angemessen begegnen kann.
Interessiert?
Mehr Infos zu Programm und Referent*innen findet ihr auf der Tagungswebsite.
Bis zum 14.12.2019 gibt es Early Bird Tickets
Zum Autor
Lino Zeddies hat an der FU Berlin Volkswirtschaftslehre studiert und betätigt sich als Vollzeitaktivist für gesellschaftlichen Wandel als Pluraler Ökonom, Geldreformer, Heilpraktiker für Psychotherapie und Organisationsberater.Mehr Infos
(1) Übersetzung: Eine weitere Wirtschafts- und Finanzkrise wäre verheerend für die Legitimität eines demokratischen Marktsystems. Indem wir an der neuen Orthodoxie der Geldpolitik festhalten und so tun, als hätten wir das Bankensystem sicher gemacht, steuern wir schlafwandelnd auf diese Krise zu.
(2) https://www.zerohedge.com/markets/fed-has-lost-control-rates-again
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