Studierende aus Entwicklungsländern lernen selbst zu gründen.
Seit über 30 Jahren bietet die TU Dortmund für Studierende aus Entwicklungsländern mit den Fächern Stadt- und Regionalplanung den internationalen SPRING (Spatial Planning for Regions in Growing Economies) Master-Studiengang an. Themen sind aktuelle Fragen in Schwellen- und Entwicklungsländern wie das schnelle Wachstum von Megacities, die Suche nach Lösungen im Konflikt zwischen Umweltschutz und ökonomischem Wachstum sowie Strategien für bessere Verkehrssysteme. Nach einem Jahr an der TU Dortmund folgt ein weiteres Jahr an einer Partneruniversität in Asien, Afrika oder Lateinamerika.
Wie weiter nach der Rückkehr?
Zurück zuhause sind die SPRING Studierenden oft unzufrieden mit der Situation vor Ort. Wie Genevieve Djan aus Ghana. Sie hat 2012 den Masterstudiengang durchlaufen. Als sie zurück kam, war ihr vorheriger Job in einer Consulting Firma neu besetzt, eine andere Tätigkeit schwer zu finden. Für eine gut ausgebildete, junge Frau eine schwierige Situation. Kein Einzelfall. Studierende, die nach einem längeren Auslandsaufenthalt zurück in ihre Heimatländer kommen, empfinden die Situation vor Ort häufig als eingefahren. Es gibt keinen Platz für frische Ideen. Hinzu kommt, dass sie als überqualifiziert oder als besonders ehrgeizig wahrgenommen werden, bedrohlich für etablierte Führungskräfte. Für die Studierenden ist es deshalb hilfreich, sich mit Konzepten, Methoden und Praktiken auseinanderzusetzen, die Alternativen zum klassischen Arbeitsmarkt bieten.
Rüstzeug für die Gründung
Bisher wird die Arbeit als selbstständige*r Berater*in in Entwicklungsprojekten oder die Gründung eines eigenen Unternehmens kaum in Betracht gezogen. Genau hier setzt die Winter School des Impact Hub Ruhr zum „Social Entrepreneurship in Developing Countries“ an. Im Dezember 2017 wurde sie zum zweiten Mal mit den Studierenden des SPRING Masterstudiengangs durchgeführt. Innerhalb von zwei Tagen bekommen die 17 Studierenden Methoden von Design Thinking bis Geschäftsmodellentwicklung vermittelt und lernen, eine Idee in ein Geschäftsmodell zu überführen. Zum Schluss präsentiert jedes Team sein Projekt vor einer Jury und bekommt so eine Eindruck davon, wie es ist, eine Geschäftsidee möglichen Investoren oder späteren Vorgesetzten vorzustellen.
Wie Genevieve Djan dachten die meisten Teilnehmer*innen vorher gar nicht daran, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Vielmehr haben sie auf ein Leben als Angestellte hingearbeitet. „Ich glaube, dass eine unternehmerische Denkweise eine gute Waffe ist, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Mit jedem Absolventen, der einen der wenigen Jobs in den Institutionen oder Unternehmen ergattern möchte, verschärft sich die Arbeitslosigkeit,“ sagt Genevieve. „Wenn diese Absolventen aber während ihrer Auslandsaufenthalte unternehmerische Schulungen bekommen, kann dies den Anstoß für großartige innovative Ideen geben, die ihre Heimatländer voran bringen könnten. Man kann viel von den Gastländern lernen und zudem internationale Netzwerke aufbauen.“
Urbane Probleme lösen
SPRING Studentin Mehmooda Maqsood kommt aus Pakistan. Ihr hat besonders die enthusiastische Atmosphäre während der Praxisphasen gefallen. Voller eifer haben hier die Teams an ihren Ideen gefeilt. Die Architektin macht seit drei Jahren Sozialraum-Analysen im städtischen Bereich. Vor der Winter School hatte sie noch keine eigene Idee für eine mögliche Selbstständigkeit. Im Workshop entwickelte sie mit ihrem Team „Next Level Farming“ die Idee von vertikalen Gärten bzw. Gewächshäusern, die auf den Dächern eines besonders dicht besiedelten Stadtteils ihrer Heimatstadt installiert werden können. Die Bewohner könnten sich so täglich mit Gemüse wie Zwiebeln oder Tomaten selbst versorgen. „Die Winter School hat mir geholfen, die technischen Aspekte eines Unternehmens zu verstehen und meine Idee von der Theorie in die Praxis zu überführen“, zieht sie Bilanz.
Für ihre Rückkehr hat Mehmooda viele Pläne, möchte sich aber darauf konzentrieren, kleine lokale, urbane Lösungen für informelle Siedlungen zu entwickeln. Ob sie ein eigenes Unternehmen gründen wird, weiß sie noch nicht. „Aber einen Weg finden, wie urbane Lösungen mit unternehmerischen Ideen erschlossen werden können. Es dreht sich von nun an alles um Interdisziplinarität.“
Gründen – Geschäftsmodelle im Gepäck
Damit hat das Team des Impact Hub Ruhr seine Ziele für den Workshop erreicht. Die Studierenden gehen mit ersten Erfahrungen für Geschäftsmodellentwicklung nach Hause, Gründung eines eigenen Unternehmens im Heimatland nicht ausgeschlossen.
Im Nachgang der Winter School sollen die Studierenden nun mit den Impact Hub Standorten in ihrem jeweiligen Heimatland vernetzt werden, damit sie direkt Anschluss an die Gründerszene vor Ort finden. Denn der Impact Hub Ruhr gehört zu einem globalen Netzwerk. Der Standort im Ruhrgebiet liegt direkt am Essener Hauptbahnhof im Haus der Technik. Neben dem Coworking Space, wo sich u.a. Kreative, Gründer*innen und Arbeitnehmer*innen zum Arbeiten und Vernetzen treffen, entwickelt das Gründerteam, bestehend aus Ulrike Trenz, Janna Prager und Benedikt Brester, Programme und Dienstleistungen für Unternehmen oder eben Universitäten und Verbände, die sich um soziales Unternehmertum, Innovation und neue Arbeitsweisen drehen. Dabei setzt sich das Impact Hub Netzwerk mit über 100 Standorten weltweit dafür ein, Innovation durch nachhaltige Ansätze in Gesellschaft und Wirtschaft zu verankern und fördert soziales Unternehmertum.
Das Impact Hub Ruhr ist GLS Kunde. Autorin des Beitrags ist Janna Prager.
Fotos: Gründen – Impact Hub Ruhr
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