Regulatorik: Alles geregelt?

Dieser Beitrag erschien im Rahmen einer Serie „Herausfoderungen für Banken“ im Bankspiegel „Banken im Wandel“, der im Oktober 2015 von der GLS Bank veröffentlicht wurde.

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„Der Gesetzgeber fordert uns immer wieder heraus“, sagt Andreas Striebeck. Er und sein Team müssen nämlich alle neuen Vorschriften für die Kundenberatung übersetzen. Er steht also praktisch hinter jedem Gespräch, das in Filialen oder am Telefon stattfindet. Jede Erklärung, jeden Flyer muss er anpassen, wenn die Politik neue Regeln beschließt.

Das ist an sich nichts Ungewöhnliches. Aber in den vergangenen Jahren wurden Unmengen neue, weitreichende Vorschriften für die Branche erlassen. Diese Entwicklung entstand nicht zuletzt aus dem massiven Fehlverhalten einiger Banken heraus, die ganze Volkswirtschaften fast ruiniert und die entstehenden Schäden dabei auf die Steuerzahler abgewälzt haben. Vieles sei also aus gutem Grund auf den Weg gebracht worden, sagt Striebeck. Nur: „Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.“ Sei es die Darstellung der Anlagerisiken oder die Gestaltung von Angeboten — „alles muss in engen, streng definierten Parametern umgesetzt werden.“ Als ob die Politik die Verantwortung wegregulieren wolle. Das ist selten praxisnah und führt zu Nachteilen für Kundinnen und Kunden.

Beispiel Beratungsprotokoll: Es soll die wesentlichen Inhalte eines Gesprächs zusammenfassen. Nur sind die Vorlagen seitenlang, gefüllt mit Kleingedrucktem, hochgradig standardisiert und in wasserdichtem Juristenjargon formuliert. Das schafft weder Vertrauen, noch bringt es die Kundinnen und Kunden dazu, kritisch über ihre Entscheidungen nachzudenken. Ein Überblick über die sozialökologische Wirkung der angelegten Gelder fehlt gänzlich.

Beispiel Risikokapital: Die Politik verhindert durch hohe Mindestanforderungen das Engagement zahlreicher Kleinanleger. Die Süddeutsche Zeitung spottete, der Bürger würde wie ein Kind behandelt. Dabei sind diese Mittel für die Innovationskraft unserer Gesellschaft dringend erforderlich. Die Energiewende etwa ist aus Bürgerhand mit der heutigen Regulierung kaum noch möglich.

Beispiel Kreditberatung: Die Berechnung von Bearbeitungsgebühren ist nach einem Urteil unzulässig, sie dürfen rückwirkend für die letzten zehn Jahre zurückgefordert werden. Daran sind nicht die Banken schuld, weil sie für Kreditverträge einen Mustertext des Justizministeriums verwendet haben. Zukünftig dürften die Kosten der Bearbeitung den Kreditzins erhöhen, sodass die Transparenz eher sinkt.

„Es ist ein schmaler Grat, auf dem die Gesetzgebung in Sachen Verbraucherschutz mitunter wandelt, und wir müssen aufpassen, dass uns die Vorschriften und Regelungen in ihren Auswüchsen am Ende nicht in unseren finanziellen Belangen so bevormunden, dass uns Entscheidungen komplett abgenommen und für uns getroffen werden. Am Ende verlieren die Menschen gar die Wahrnehmung für ihre eigene Verantwortung im Umgang mit Geld. Dabei ist es die individuelle Anlage- oder Kreditentscheidung jedes Einzelnen, mit der sie das Finanzwesen mitgestalten und verändern können“, stellt Striebeck fest. „Für uns als GLS Bank gilt es hier, immer wieder kritisch den Sinn neuer Regeln zu hinterfragen und diese bestmöglich und vor allem verständlich für unsere Kundinnen und Kunden zu übersetzen. Mitunter können in neuen Regeln ja auch Chancen für Vereinfachungen liegen. Das zeigen die Möglichkeiten, ein Konto per Video und Beratungschat zu eröffnen.“

 

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2 Antworten zu „Regulatorik: Alles geregelt?“

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