Menschen, die in eine kindergerechte Zukunft investieren wollen, bietet sich jetzt eine neue Möglichkeit: Die GLS Investments hat in Zusammenarbeit mit „SOS-Kinderdörfer weltweit“ den Kinder Perspektivenfonds aufgelegt. Der Fonds verfolgt das Ziel, einen Beitrag zur Stärkung von Kinderrechten zu leisten. Ich habe mit meinen Kolleg*innen Kevin Helm und Berenice Bruegel über den neuen Fonds gesprochen. Während Kevin den Auflageprozess des Fonds umgesetzt hat, feilte Berenice am Nachhaltigkeitskonzept.
Kevin, wie kam es zu der Zusammenarbeit zwischen „SOS-Kinderdörfer weltweit“ und der GLS Investments?
Kevin Helm: „SOS-Kinderdörfer weltweit“ hat im Prinzip das Potenzial des Kapitalmarkts erkannt: Der Markt kann eine nachhaltige und generationengerechtere Zukunft positiv beeinflussen. Die Idee, einen Investmentfonds mit dem Fokus Kinder zu entwickeln, hatte die Kinderhilfsorganisation schon länger. Ende 2020 hat sie sich dann für uns, die GLS Investments als Anlageberaterin des Fonds entschieden, vor allem wegen unserem hohen Nachhaltigkeitsanspruch.
Finanzwesen und Hilfsorganisation – wie passt das zusammen?
Kevin Helm: Uns eint die Vision, eine sozial gerechtere und ökologisch nachhaltigere Zukunft für alle zu gestalten. Seit jeher ist es Sinn und Zweck der Arbeit von SOS-Kinderdörfer, Kindern und Familien weltweit neue Perspektiven und Zukunftschancen zu bieten. Wir bei der GLS Investments haben uns zum Ziel gesetzt, Geld dorthin zu lenken, wo es am stärksten unter sozial-ökologischen Gesichtspunkten gebraucht wird. Das passt gut zueinander – das haben wir auch in der Zusammenarbeit und bei der Entwicklung des Konzeptes gemerkt.
Wer übernimmt welche Rolle beim Fonds?
Kevin Helm: „SOS-Kinderdörfer weltweit“ bringt Erfahrungen aus über 70 Jahren als internationale Kinderhilfsorganisation mit. Wir bringen unsere Expertise in der Entwicklung von Investmentfonds mit ein, die auf strengen sozial-ökologischen Kriterien im Auswahlprozess beruht. Was speziell die Stärkung von Kinderrechten betrifft, lohnt es sich allerdings noch genauer hinzuschauen und weitere Expertise zu nutzen. Deshalb beraten die Expert*innen der Kinderhilfsorganisation das GLS Nachhaltigkeitsresearch bei der fokussierten Ausrichtung des neuen Fonds auf Kinderrechte. Für die Beratung erhält SOS-Kinderdörfer übrigens eine laufende Vergütung, die sich nach dem Volumen des Fonds bemisst. Mit diesem Geld werden die Aktivitäten der Organisation unterstützt, es kommt also zusätzlich direkt dem Wohl von Kindern und Jugendlichen zugute.
Wie habt ihr es denn geschafft, Kinderrechte für Investitionsentscheidungen am Kapitalmarkt sinnvoll zu übersetzen?
Berenice Bruegel: Unser Ziel ist es, für das Anlageuniversum des Kinder Perspektivenfonds Unternehmen, Projekte und Staaten zu identifizieren, die sich durch ihre wirtschaftlichen Aktivitäten positiv auf die Rechte von Kindern und Jugendlichen auswirken und zugleich unsere strengen sozial-ökologischen Kriterien erfüllen.
Ausgangspunkt ist erst einmal unser GLS Anlageuniversum, das wir auf Basis unserer öffentlich zugänglichen Anlage- und Finanzierungsgrundsätze zusammenstellen. Im Anschluss durchleuchten wir dann die Unternehmen, um herauszufinden, welchen Beitrag sie zur Förderung von Kinderrechten leisten. Einlass ins Anlageuniversum des Perspektivenfonds finden nur die Unternehmen, die sich durch besondere Berücksichtigung von Kinderrechten in ihren unternehmerischen Tätigkeiten auszeichnen, entweder über die Unternehmensführung oder die Produkte und Dienstleistungen.
Um darüber hinaus sicherzustellen, dass Unternehmen im Kinder Perspektivenfonds stets ihren kinderrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommen, werden die Titel im Anlageuniversum dauerhaft und automatisch in Bezug auf Kinderrechtskontroversen überwacht. Falls beispielsweise in einem Unternehmen ein unzulängliches Management der Lieferketten auffällt, wird es konsequent aus dem Universum des Kinder Perspektivenfonds entfernt.
Warum liegt der Fokus des Perspektivenfonds auf Kinderrechten, Berenice?
Berenice Bruegel: In der gemeinsamen Diskussion mit „SOS Kinderdörfer weltweit“ haben wir herausgefunden, dass es bereits einen Rechtsrahmen für Kinderrechte gibt. So sind in der UN-Kinderrechtskonvention alle Rechte von Kindern niedergeschrieben, die es braucht, damit Kinder sich gesund entwickeln können. Das Dokument betont die eigenen Bedürfnisse und Interessen der Kinder und soll ein Instrument sein, das Staaten verpflichtet, sich aktiv für das Wohl von Kindern einzusetzen. Allerdings wissen wir nicht nur aus den Berichten von „SOS-Kinderdörfer weltweit“, sondern auch aus unseren detaillierten sozial-ökologischen Analysen von Unternehmen, dass Kinderrechte trotz weiträumiger Ratifizierungen der Konventionen häufig missachtet werden.
Besonders die Corona-Pandemie hat zu einem Anstieg von Kinderrechtsverletzungen geführt, wie zum Beispiel ausbeuterische und gesundheitsgefährdende Kinderarbeit und zunehmende Kinderarmut. Kinder brauchen besonderen Schutz und Fürsorge, um sich gesund entwickeln und entfalten zu können. Daher haben wir uns auf Basis der UN-Kinderrechtskonvention ein eigenes Konzept überlegt, um das Thema auf den Kapitalmarkt zu übertragen.
Woher bekommt ihr diese ganzen Informationen, die ihr zur Einschätzung benötigt?
Berenice Bruegel: Für alle unsere Investitionsentscheidungen ist viel Recherchearbeit notwendig. Für die genannten zusätzlichen Prüfschritte behelfen wir uns teilweise mit externen Daten, teilweise müssen wir in der Analyse andere Perspektiven einnehmen. Zum Beispiel nutzen wir auch die Benchmarks des Global Child Forums, um Unternehmen zu identifizieren, die sich beim Thema Kinderrechte auszeichnen. Wenn uns maßgebliche Informationen zur Bewertung fehlen, treten wir auch mit den Unternehmen direkt in den Kontakt. Das machen wir selbstverständlich auch, wenn Kontroversen auftreten.
In den Kontakt gehen: Für diesen Zweck leitet SOS-Kinderdörfer den sogenannten Engagement Council, ein Expert*innen-Gremium, das als Fürsprecher zur Einhaltung von Kinderrechten in der Wirtschaft agiert. Was macht dieses Gremium genau?
Berenice Bruegel: Der Engagement Council ist durch Expert*innen aus den verschiedensten Branchen besetzt. Egal ob aus der Wirtschaft, der Wissenschaft oder aus der Zivilgesellschaft, alle Mitglieder haben eine besondere Expertise in den Bereichen Kinder- und Menschenrechte und deren Umsetzung innerhalb von Unternehmen. Einerseits berät das Gremium das GLS Nachhaltigkeitsresearch bezüglich der speziell auf das Wohl von Kindern ausgerichteten Nachhaltigkeitskriterien. Andererseits tritt das Gremium im sogenannten „Engagement“ direkt in den Kontakt mit Unternehmen. Ziel ist es, die Sensibilisierung der Gesellschaft hinsichtlich der Bedeutung von Kinderrechten im wirtschaftlichen Kontext zu stärken und die Eigenverantwortung von Unternehmen diesbezüglich einzufordern.
Meine letzte Frage geht wieder an Kevin: Für wen eignet sich der Kinder Perspektivenfonds?
Kevin Helm: Der Fonds eignet sich für alle Menschen, denen strenge Nachhaltigkeit und die Berücksichtigung von Kinderrechten bei ihrer Geldanlage wichtig ist. Das können sowohl Privatanleger*innen als auch institutionelle Anleger*innen sein. Kinderrechte sind ein so wichtiges Thema. Wir freuen uns über jeden, der sich dafür interessiert und es durch die eigene Geldanlage auch auf dem Kapitalmarkt platziert.
Zum Weltkindertag am 20. September haben wir uns gefragt, wie es um die Rechte der Kinder in Deutschland steht. Hier könnt ihr unser Interview mit Milena Feingold vom Deutschen Kinderhilfswerk lesen.
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