Wer gemeinschaftlich lebt, lebt nachhaltig; nach dieser Formel funktionieren Kommunen wie der Lebensbogen nahe Kassel. Seine Bewohner*innen haben ihren Traum vom gemeinschaftlichen Leben verwirklicht.
Hätte man Judith von der Schirpkotterdellen vor sechs Jahren gesagt, dass Nordhessen ihr Zuhause wird, hätte sie ungläubig abgewinkt. Doch als sie mit den anderen Gründer*innen der Kommune Lebensbogen erstmals den einstigen Jugendhof auf dem Dörnberg bei Kassel besuchte, war die Entscheidung schnell gefallen. „Der Platz ist bezaubernd und einzigartig. Wir haben alle Ja gesagt, obwohl niemand von uns nach Kassel wollte“, sagt Schirpkotterdellen. „Unsere Idee, eine Gemeinschaft zu gründen, war schon sehr alt. Vor beinahe 20 Jahren hatten sich einige von uns vorgenommen zu leben, wie wir heute leben.“ Um den Traum Realität werden zu lassen, brauchte es Durchhaltevermögen.
Nachdem die Gründer*innen ihr Vorhaben zu Papier gebracht hatten, wurde die Suche nach der passenden Immobilie zur ersten großen Herausforderung. Fünf lange Jahre schaute sich die Kommune in Süddeutschland um, dort, wo die meisten zu Hause waren. Doch die Kluft zwischen den Anforderungen an ein Objekt und den benötigten Finanzmitteln war zu groß. Erst der Komplex auf dem Dörnberg war erschwinglich.
Wohnprojekte wie der Lebensbogen haben hohe ökologische und ethische Ansprüche. „Wer sich mit dem Thema gemeinschaftliches Wohnen befasst, beschäftigt sich automatisch mit Nachhaltigkeitsthemen“, sagt Benedikt Altrogge, Branchenkoordinator Wohnen der GLS Bank. „Wir arbeiten hier regelmäßig mit der Stiftung trias zusammen.“
Stiftung trias als Hüter der ideellen Ziele
Die Stiftung trias will Boden langfristig der Spekulation entziehen und stattdessen die gemeinschaftliche und ökologische Nutzung garantieren. So übernimmt sie seit ihrer Gründung 2002 Grundstücke in ihren Vermögensstock und berät Wohnprojektgruppen – wie auch den Lebensbogen. „Ohne die Unterstützung der Stiftung hätten wir es nicht geschafft — weder finanziell noch mental. Die Verhandlungen mit dem Verkäufer waren lang und schwierig. Trias stand uns eng zur Seite“, sagt Schirpkotterdellen. Letztlich kaufte die Genossenschaft Lebensbogen die Gebäude. Die Stiftung trias erwarb Grund und Boden. Sie übertrug diese mit einem langfristigen Erbbaurechtsvertrag an den Lebensbogen, der dafür entsprechende Zinsen zahlt. Im Vertrag sind die ideellen Ziele verankert, deren Einhaltung so auch bei einem Nutzerwechsel garantiert ist.
Nutzerwechsel kennt die Anlage auf dem Dörnberg: Sie wurde als Jugendhof in den 1960er-Jahren gegründet, zwischenzeitlich als Pflegeheim genutzt und zuletzt als Tagungszentrum betrieben. „Sie ist funktional mit einer idealen Aufteilung und bietet viel Raum für gemeinschaftliches Leben und Arbeiten. Trotz großer Tagungsgruppen können wir unseren persönlichen Rückzug finden“, so Schirpkotterdellen über das 42.000 Quadratmeter große Gelände. Die Lebensbogen eG betreibt ein Tagungshaus, ein Bildungszentrum, eine Auszeitwohnung und ein Ausflugscafé. Erstmal wurde auf dem Gelände Wohnraum für ca. 20 Bewohner*innen geschaffen. Perspektivisch sollen bis zu 50 Erwachsene mit ihren Kindern einziehen.
Positive Bilanz
Die sinnvolle Umnutzung der Bestandsgebäude schlägt sich positiv in der Energiebilanz von Lebensbogen nieder. „Doch diese besonderen Immobilien sind nicht einfach — auch nicht, wenn man sie als Gemeinschaft angeht. Die Gruppen starten zumeist bei null und erarbeiten sich ihr jeweiliges Konzept Schritt für Schritt“, so Hannes Thimm, Kundenbetreuer der GLS Bank.
Michael Holzmeier ist ein weiterer Lebensbogen-Gründer und betreut als Mitglied des Hausmeisterteams Instandhaltungs- und Umbaumaßnahmen. „Viele Maßnahmen waren bei einem alten Gebäude absehbar. Doch einiges kam als böse Überraschung“, erläutert Holzmeier, der mit seinem Team schon viel erreicht hat. Für den Tagungsbetrieb sind bis zu 80 Betten unterschiedlichen Standards und sieben Seminarräume hergerichtet. Fünf Brennwertthermen und rund 300 neue Heizungsventile haben den riesigen Heizkessel von einst ersetzt und erwärmen Wasser nun entsprechend des tatsächlichen Bedarfs. „Diese eine Maßnahme hat uns schon 30 Prozent Energieeinsparung ermöglicht“, so Holzmeier. Die ausgebaute Großküche ist mit den Besucherzahlen gewachsen und bietet seit diesem Jahr biozertifiziertes Essen. Die Investition von 48.000 Euro zahlt sich in wenigen Jahren aus.
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