Von Alma Spribille
Gründerin und Geschäftsführerin der WEtell GmbH
Im Juni 2022 haben meine Mitgründer Andreas Schmucker, Nico Tucher und ich unser Unternehmen WEtell in Verantwortungseigentum überführt. Anderthalb Jahre später kann ich sagen: Es hat sich absolut gelohnt. Wir sichern unser gemeinwohlorientiertes Arbeiten, schützen unser Unternehmen und stärken die Beziehungen im Team und mit unseren Kund*innen.
Als meine Mitgründer und ich beschlossen, einen nachhaltigen Mobilfunkanbieter zu gründen, ging es uns dabei vor allem um eins: ein konsequent öko-sozial nachhaltiges Unternehmen erfolgreich zu machen. Und damit unseren Beitrag zum nachhaltigen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft zu leisten. Der Gedanke, WEtell in Verantwortungseigentum zu überführen, kam uns daher recht früh. Schließlich erlaubt uns diese Eigentumsstruktur, dauerhaft unsere unternehmensinternen Werte zu sichern. Wir alle kennen die Beispiele von nachhaltigen Unternehmen, die idealistisch gestartet sind, um dann irgendwann von einem Konzern aufgekauft zu werden. Dies wollten wir auf jeden Fall verhindern.
Wir haben über unseren Kunden WEtell bereits auf dem Blog berichtet. Hier liest du, was hinter WEtell steckt und wie du mit Mobilfunk das Klima und deine Daten schützen kannst.
Im Juni 2022 haben wir WEtell mit Unterstützung der Purpose-Stiftung in Verantwortungseigentum überführt. Dadurch kann es nicht mehr verkauft werden – weder als Ganzes noch in Anteilen. Alle Gewinne sind zweckgebunden, bleiben also entweder im Unternehmen und fördern damit fairen und regenerativen Mobilfunk oder werden für Klimaschutz und andere zentrale Werte von WEtell ausgegeben. Wenn niemand private Gewinne aus unserem Unternehmen ziehen kann, besteht auch nicht die Gefahr, dass unsere Werte zugunsten von Profitsteigerung korrumpiert werden. Zudem dürfen Entscheidungen über WEtell nur von Menschen getroffen werden, die im Unternehmen arbeiten und seine Werte vertreten.
Ein großer Gewinn für Team und Kund*innen
Besonders schön für mich war und ist es immer noch, zu erleben, was das Verantwortungseigentum für unser Teamgefühl bewirkt. Vor der Überführung haben wir das gesamte Team in einem Termin zu dem Thema abgeholt und gemeinsam Fragen geklärt. Was eigentlich als Informationsveranstaltung gedacht war, wurde tatsächlich zu einem sehr berührenden Erlebnis. Die durchweg begeisterten, wertschätzenden und auch sehr emotionalen Rückmeldungen haben uns gezeigt, dass dieser Schritt wirklich etwas mit den Mitarbeitenden macht. Jetzt können auch sie sicher sein, dass wir es mit unserer Gemeinwohlorientierung ernst meinen. Sie wissen, dass sie ihre Zeit und Energie nicht dafür einsetzen, uns als Unternehmer*innen reich zu machen. Stattdessen setzen wir uns alle gemeinsam für mehr soziale und ökologische Nachhaltigkeit ein. Das bringt sehr viel Motivation und Freude in den Arbeitsalltag.
Und nicht nur das Team – auch gegenüber unsere Kund*innen und Kooperationspartner*innen ist unsere Glaubwürdigkeit gefestigt. Gemeinsam mit unserer Gemeinwohl-Bilanz, in der wir Zahlen, Daten, Prozesse und Strukturen offenlegen, haben sie nun den Beweis, dass es uns wirklich um Nachhaltigkeit geht und nicht um das große Geschäft. Und das auch langfristig, denn wir können das Verantwortungseigentum nicht mehr rückgängig machen.
Wirkmächtig statt entmachtet
Ein Journalist betitelte seinen Artikel über uns einmal mit „Warum sich diese Gründer selbst entmachtet haben“. Da dachte ich mir: Ich fühle mich aber gar nicht entmachtet. Im Gegenteil: Ich fühle mich nach diesem Schritt viel wirkmächtiger als vorher. Jetzt ist gesichert, dass all die Arbeit und Mühe, die ich in den Aufbau von WEtell gesteckt habe, wirklich der Allgemeinheit zugutekommt. Und das auch auf lange Sicht. Vor allem schützen wir unser Unternehmen damit. Für mich wäre es schrecklich, mit ansehen zu müssen, dass WEtell zu einem Spekulationsobjekt wird, aus dem so viel Gewinn wie möglich herausgeschlagen wird, um es dann abzuwickeln.
Solange ich weiterhin in der Geschäftsführung von WEtell bleibe, verliere ich keine meiner Einflussmöglichkeiten und kann weiterhin aktiv mitgestalten, wo die Reise des Unternehmens hingehen soll. Und sollte ich doch mal aussteigen, habe ich die Gewissheit, dass jemand an meine Stelle treten wird, der die Werte von WEtell weiterverfolgt. Dass ich meinen Einfluss verliere, sobald ich das Unternehmen verlasse, finde ich dabei völlig in Ordnung. Die Steuerung eines Schiffs überlässt man ja auch lieber dem Kapitän und der Crew an Bord, statt den Reeder von Land aus fernsteuern zu lassen.
Verantwortungseigentum muss keinen Verzicht bedeuten
Ich werde auch immer mal wieder gefragt, warum ich denn freiwillig auf die Gewinne verzichte, die ich zukünftig aus WEtell erwirtschaften könnte. Wenn ich mir die Mühe mache, ein Unternehmen zu gründen, sollte ich dann nicht auch eine Belohnung dafür bekommen? Ich frage in diesem Fall gerne zurück: Muss eine Belohnung wirklich nur über Geld passieren? Mir persönlich ist es viel wichtiger, zu wissen, dass ich meinen Beitrag zum Gemeinwohl leiste. Dass ich meinen Neffen sagen kann: Ich habe alles gegeben, damit ihr eine lebenswerte Zukunft habt.
Klar, ganz ohne finanzielle Kompensation geht es auch nicht. Schließlich steckt man als Gründer*in viel unbezahlte Arbeitszeit und Geld in das Unternehmen und trägt dabei auch noch das Risiko, dass es schiefgehen könnte. Da ist es nur fair, eine gewisse Entlohnung zu bekommen. Deswegen haben wir bei der Überführung von WEtell in Verantwortungseigentum auch eine Gründungskompensation für meine Mitgründer und mich festgelegt.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Unternehmen ist diese aber gedeckelt und prozentual so an den Jahresgewinn gekoppelt, dass immer genug im Unternehmen bleibt. Ich erwähne das hier explizit, um andere Unternehmer*innen zu ermutigen: Verantwortungseigentum bedeutet nicht, dass ihr euch selbst ausbeuten müsst! Gründen ist eine so wichtige, mutige und arbeitsintensive Sache – das sollte auch entsprechend belohnt werden.
Fazit
Für meine Mitgründer, unser Team und mich war das Verantwortungseigentum auf jeden Fall der richtige Schritt. Damit sind wir Teil einer Wirtschaftsströmung, in der das Gemeinwohl mehr zählt als der Profit einzelner. Und ich hoffe sehr, dass sich ihr noch viele andere Unternehmen anschließen werden.
In folgenden Beiträgen erfährst du mehr über die Rechtsform Verantwortungseigentum
Mit Verantwortungseigentum Unternehmenswerte erhalten
Gewinn, Wachstum, Nachhaltigkeit oder Verantwortung für Mensch und Umwelt – was bei einem Unternehmen an erster Stelle steht, hängt stark davon ab, wem es gehört.
Verantwortungseigentum – Unternehmen ohne Gewinnmaximierung?
Das Verantwortungseigentum ist aktuell in vieler Munde. Wenn ein Unternehmen sich von der maximalen Gewinnerzielung abkoppeln und gesellschaftlichem Mehrwert bieten möchte, kann die Wahl einer anderen Rechtsform von entscheidender Bedeutung sein.
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