Über Geld spricht man nicht? Wir schon, denn Geld ist ein gesellschaftliches Gestaltungsmittel und sollte kein Tabu sein. Deshalb fragen wir in dieser Rubrik regelmäßig Menschen danach, was sie über Geld denken und wie sie es ausgeben. Hier antwortet Katja Diehl.
1. Family, Friends, Gott und die Welt: Mit wem sprichst Du über Geld?
Mittlerweile mit immer mehr Menschen, weil meine Tätigkeit von zu vielen nicht als „Lohnarbeit“ mit Geld, sondern eher mit Ruhm entlohnt wird 🙂 Im Ernst: Zu viele wissen einfach nicht, was es in unserem Land bedeutet, soloselbstständig zu sein. Das Statistische Bundesamt schreibt: „Solo-Selbstständige müssen nicht nur die Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung eigenverantwortlich finanzieren, sie tragen auch im Vergleich zu Selbstständigen mit Mitarbeitern in der Regel ein erhöhtes unternehmerisches Risiko. Diese Form der Selbstständigkeit ist oft durch Instabilität und Unsicherheit gekennzeichnet, da Arbeitsausfälle nicht kompensiert werden können.“ So ist es. Umso wichtiger ist es auch für mich, darüber zu sprechen, dass meine Arbeit für die Gesellschaft ein „geldwerter Vorteil“ ist.
2. Was bedeutet Dir Geld?
Ab einem gewissen Grundrauschen nicht viel, das ist bei mir aber noch nicht in der Stabilität aufgebaut, die ich aufgrund persönlicher und familiärer Rahmenbedingungen benötige. Aber ich bin da innerlich ganz ruhig, dass 2025 mein Jahr sein wird, in dem ich mir keine Gedanken mehr um Geld machen muss.
3. Sparen oder ausgeben?
Das Ausmaß, in dem ich sparen kann, ist übersichtlich. Eher stecke ich in gewisse Vorsorge- und Zusatzversicherungen mein Geld, das ist ja irgendwie auch Sparen für eine lebenswerte Zukunft. Denn das mit der sicheren Rente glaubt wohl keine*r mehr.
4. Bar oder mit Karte?
Immer beides dabei. Ich habe große Sorge, dass wir bei „digital first“ Menschen abhängen, die keinen Zugang zu digitalen Bezahlsystemen haben, diesen misstrauen oder sie nicht verstehen. Aus meinem Themengebiet weiß ich zudem, dass es viele Menschen gibt, die gerne an den Schalter gehen, um ihr Monatsticket zu kaufen. Manchmal einfach, um mal mit jemandem sprechen zu können.
5. Wofür gibst Du gerne Geld aus?
Für Unternehmen, deren Nachhaltigkeitskonzepte mich überzeugen. Für Initiativen, die Marginalisierten helfen. Für Weltverbesserung.
6. Was ist für Dich unbezahlbar?
Gesundheit, weil ich diese noch nie zu 100 % hatte und dementsprechend sehr gern das erhalten möchte, was ich habe.
7. Geld hat eine Wirkung – immer. Was denkst Du darüber und was folgt für Dich daraus?
Es macht mich betroffen, dass aktuell die Menschen, die superreich sind, von vielen im wahrsten Sinne vergöttert werden – obwohl bei allen Superreichen der Geldreichtum auf Ausbeutung basiert. Mich schockiert es zunehmend, dass „in Zeiten wie diesen“ solche Menschen noch Idole sind. Aber das ist nunmal die neoliberale Falle, in der wir sitzen.
8. Wie viel Geld ist genug/zu viel?
Dass ein CEO in den USA laut einer Harvard-Studie 354 Mal so viel verdient wie die im Unternehmen Angestellten, ist absurd und menschenverachtend. Befragte gaben an, dass sie das Siebenfache als gerecht empfinden würden. Das finde ich einen guten Vorschlag. Auch bei der DB gab es satte Boni, obwohl wir Fahrgäste nicht das Gefühl hatten, Premium befördert zu werden.
9. Was sollten wir als Gesellschaft tun, damit alle genug haben?
Ein bedingungsloses Grundeinkommen und eine bedingungslose Mindestrente würde viel Stress aus einem System werden, in dem noch die Lüge gilt, dass, wer fleißig ist, irgendwann auch viel Geld verdient. Das System ist im Ungleichgewicht, das zeigen die vorherigen Antworten. Aber jenen zu geben, die es nötig haben, ist scheinbar weniger tabu als die Superreichen massiv zu besteuern.
10. Stell dir vor: Du darfst eine Million für ein(e) gemeinwohlorientierte(s) Initiative/Projekt deiner Wahl ausgeben. Was tust du?
- 100.000 GoBanyo aus Hamburg
- 100.000 OllInklusiv aus Hamburg
- 100.000 Wald statt Asphalt
- 100.000 das Tierheim, aus dem der Kater für meine Eltern stammt
- 100.000 HateAid
- 250.000 Antonio Amadeu Stiftung
- 250.000 Solidarische Vernetzung Sachsen
Katja Diehl ist Mobilitätsexpertin, Autorin, Beraterin, Speakerin, Moderatorin und Aktivistin. Unter dem Motto She Drives Mobility inspiriert sie für eine ökologische und sozial gerechte Verkehrswende. Bekannt geworden ist sie unter anderem mit ihren Bestsellern „Raus aus der Autokratie“ und „Autokorrektur“ sowie mit ihrem Podcast. Katja Diehl ist GLS Kundin.
Auf ihrer Website kannst Du mehr über Katja Diehl und ihre Arbeit erfahren: https://katja-diehl.de/
Interessiert, was andere Menschen antworten? Wir haben auch Journalistin und Publizistin Ulrike Herrmann gefragt.
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