Züchtung mit vereinten Gärten: Salat im Widerstand

Ein Gemeinschaftsprojekt der ökologischen Züchtung sucht für Salate neue Lösungen im Kampf gegen den Mehltau, Widerstandsfähigkeit statt Resistenz ist die Devise.

Wochenlang ging im Salatbeet von Biogärtnerin Ulrike Elliger alles gut. Ihre Batavia- und Kopfsalatsetzlinge gediehen prächtig. Dann Anfang September der Schock. Die Blätter machten schlapp, waren mit einem weißlichen Pelz und bräunlichen Flecken bedeckt. Der gefürchtete falsche Mehltau hatte zugeschlagen. Wieder einmal.

Mehltau bedroht Bio-Gemüse

Salat steht im Bio-Frischgemüseanbau in der Schweiz an 6. Stelle. 1.335 Tonnen Bio-Kopfsalat werden jährlich produziert. Dabei ist der Erreger des Mehltaus Bremia Lactucae die bedrohlichste Krankheit. Gegen sie hilft im Bio-Anbau bisher nur die Verwendung von resistenten Sorten. Im konventionellen Anbau sind Spritzmittel gegen den Erreger erlaubt. Allerdings gibt es bereits Stämme des Mehltaus, die gegen die Wirkstoffe resistent sind (Schettini et al.). Doch der Mehltau bildet nicht nur Resistenzen gegen die Spritzmittel. Jedes Jahr entwickeln sich neue Erregerstämme mit neuen Resistenzen. Das hat zur Folge, dass in der Züchtung durchschnittlich nach zwei Jahren eine neue Resistenz integriert werden muss. Ein Teufelskreis, denn so breiten sich die Mehltaustämme aus, die besonders anpassungsfähig und besonders aggressiv sind.

Robuste Salatsorten züchten

Bio-Gärtner*innen gehen seit 2019 mit dem Citizen Scienceprojekt „Mit vereinten Gärten“ einen neuen Weg. Das wissenschaftliche Projekt wurde vom Schweizer Biosaatgutproduzenten Sativa und der Stiftung ProSpecieRara ins Leben gerufen. Es setzt nicht auf Resistenzen, sondern auf widerstandsfähige Sorten, die trotz des Befalls durch Mehltau vermarktungsfähig bleiben. Vor allem alte Salatsorten weisen noch eine natürliche Widerstandsfähigkeit auf. Auf dieser Basis möchte das Züchtungsprojekt neue Salatsorten entwickeln, die den Ansprüchen des modernen nachhaltigen Bio-Salatanbaus entsprechen. Die neuen Sorten sollen frei von Patenten bleiben und zu einer neuen Vielfalt an robusten Salatsorten beitragen.

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Züchtung mit vereinten Gärten: Salatsichtung

Mit vereinten Gärten

Aufgrund der Vielfältigkeit und Wandelbarkeit des Mehltauerregers müssen die Zuchtlinien an möglichst vielen verschiedenen Orten in Mitteleuropa getestet werden, um die Linien zu finden, die an allen Standorten tolerant sind. Experimentierfreudige Erwerbs- und Hausgärtner*innen aus ganz Mitteleuropa bauen deshalb die neuen Salatsorten auf ihren Freilandflächen an und beobachten, wie sie unter unterschiedlichsten Bedingungen auf die regionalen Stämme des Mehltaus reagieren. Allein 2019 waren es 750 Teilnehmer*innen aus der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Österreich, Belgien und den Niederlanden.

„Unser Projekt ist die Chance, gemeinschaftlich ein Problem anzugehen, das man alleine kaum lösen kann. Umweltverträgliche Lebensmittelerzeugung betrifft uns alle.“
Amadeus Zschunke, Geschäftsführer Sativa Rheinau AG

Mitzüchten

Bis 19. Mai können sich Gartenfreund*innen und Profianbauer*innen für die diesjährige Saison anmelden.  Sie benötigen eine unbedeckte Beetfläche von etwa 5 bis 15 Quadratmetern für 40 bis 140 Pflanzen. Anbau ist von Ende Juni bis Mitte Oktober. Die Teilnehmenden können 2, 4 oder 7 Testlinien wählen. In einem Handbuch finden sie detaillierte Tipps zu Aussaat, Pflege und vor allem zur Beurteilung eventuellen Mehltaubefalls. Die Beobachtungsergebnisse erfassen die Gärtner*innen online, danach können sie den Salat essen.

Vereinte Gärten Salatblüte Kreuzung
Züchtung mit vereinten Gärten: Salatblüte Kreuzung

Reif für den Markt

Bisherige Teilnehmer*innen an dem wissenschaftlichen Experiment sind begeistert. „Ich interessiere mich für Sorten und bin gespannt, welche der von mir angebauten es auf den Markt schaffen“, sagt zum Beispiel Markus Reichel von der Gärtnerei Schnabel in Töpen.

Wenn ihr auch Teil dieses Citizen Science Experiments werden möchtet, macht mit. Ulrike Elliger ist auf jeden Fall wieder dabei. Auch die  Zukunftsstiftung Landwirtschaft unterstützt das Projekt.
Mitmachen

Fotos: Mit vereinten Gärten

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