Zukunft steuern: Impulse für die neue Bundesregierung

Angesichts der großen gesellschaftlichen Herausforderungen hatte die GLS Bank zur Bundestagswahl vier Forderungen formuliert: Eine stärkere Kapitalbesteuerung, ein bedingungsloses Grundeinkommen, eine CO2-Abgabe sowie Abgaben auf Spritz- und Düngemittel (Alle Forderungen hier). Dazu luden wir Ende Oktober Gäste aus Politik und Wissenschaft zur Diskussion in unsere Berliner Filiale ein.

Von Oskar von Homeyer

Jamaika mit CO2-Abgabe sowie Abgaben auf Spritz- und Düngemittel fordert GLS Vorstandssprecher Thomas Jorberg
CO2-Abgabe & Abgaben auf Spritz- und Düngemittel fordert GLS Vorstandssprecher Thomas Jorberg

Kontroverse Debatte

Über die Probleme waren sich die Diskutant*innen schnell einig. Die soziale Ungleichheit wächst, ebenso die weltweiten Treibhausgas-Emissionen und der Einsatz von Dünger und Pestiziden. Welche Lösungen richtig sind, darüber entbrannte eine kontroverser Diskussion.

Renate Künast (ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin) geht eine Abgabe auf Spritz- und Düngemittel nicht weit genug, sie plädiert für klare Verbote, etwa bei Totalherbiziden.

Professor Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), legte einen Fokus auf die in Deutschland herrschende und im europäischen Vergleich extrem ausgeprägte Ungleichverteilung von Vermögen und Einkommen. Ein Grundeinkommen lehnt er allerdings ab. Er bevorzugt die Idee eines Chancenkredits: Jeder Mensch soll mit Volljährigkeit einmalig einen hohen Geldbetrag bekommt, der dann nicht für Konsum sondern insbesondere für Bildung investiert werden soll.

Dr. Norbert Walter-Borjans (ehemaliger NRW-Finanzminister) stellte klar, dass gerade große Unternehmen in Sachen Steuern eine große Verantwortung gegenüber der Gesellschaft haben. Er kritisierte, dass internationale Konzerne regelmäßig viel zu wenig Steuern an den Fiskus abführten.

Der richtige Rahmen

Die Diskussion zeigte, dass es nicht leicht ist, gewohnte Denkweisen für einen Moment hinter sich zu lassen. Die Bedenken und Argumente der Gäste waren alle fachlich gut begründet.  Die von Thomas Jorberg vorgetragenen Vorschläge der GLS Bank folgen indes dem Ansatz: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“ (Albert Einstein).

Es geht um eine Systemänderung. Die Vorschläge der GLS Bank dazu sind Ergebnis nüchterner, wirtschaftlicher Überlegungen. Es ist schlicht notwendig, ein Grundeinkommen zu entwickeln, das den Umständen der modernen Wirtschaft mit ihrem massiven Strukturwandel vor dem Hintergrund des Megatrends Digitalisierung Rechnung trägt. Ebenso notwendig ist es, mittels Abgaben Preissignale zu setzen, die den Markt in Richtung Umweltverträglichkeit – z. B. weniger CO2, weniger Grundwasserverschmutzung – lenken. Und darauf kommt es an: Wir brauchen den richtigen Rahmen. Kleinteilige, aber häufig uneffektive Vorschriften sollten wir uns sparen.

Konsens für Jamaika?

Neben allen Unterschieden im Blick auf die Themen, bestand in einem Punkt klarer Konsens: Eine Finanztransaktionssteuer – also eine Besteuerung des Kapitalumsatzes – sollte in jedem Fall kommen, das sei ein Muss für die neue Bundesregierung.

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Foto: (CC BY-SA 2.0) von dé.wé. / Industrielandschaft

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3 Antworten zu „Zukunft steuern: Impulse für die neue Bundesregierung“

  1. […] der Bundestagswahl 2017 setzte die GLS Bank einen deutlichen politischen Akzent und forderte Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung. Dazu zählen eine Kapitalbesteuerung, ein Grundeinkommen, eine CO2-Abgabe und eine […]

  2. Avatar von Dr. Norbert Held

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    Ich halte die Forderungen nach Abgaben oder die Auferlegung von Steuern, wie z. B. Herr Oettinger sie für Plastik fordert, methodisch und politisch für überholt.
    Generell gilt es den Umgang mit Ressourcen und der Umwelt nachhaltig zu gestalten. Daher plädiere ich seit zwei
    Jahren für die Einführungen eines persönlichen Ressourcen-Kontos (PRK) für alle Bundesbürger. Dieses hätte neben einer Steuerung von Umweltbelastung und Ressourcen-Verbrauch den Zusatzeffekt einen Umverteilung der Vermögensverhältnisse und das ohne irgendwelche Steuern und ohne auch nur einen Euro jemandem zu nehmen.

    Sehr kurz gefasst die Idee: Ein unabhängiges Gremium ermittelt Ressourcen und Umweltschadstoffe, die zu schützen oder zu vermeiden sind. Es ermittelt auch den Durchschnittsverbrauch der Stoffe/Ressourcen und verteilt
    auf persönlichen Punkte- Konten entsprechend allgemeine Zugriffs- bzw. Verbrauchsrechte.

    Zukauf von und Handel mit Punkten ist mit Einschränkung erlaubt. Z.B. darf eine Einzelperson nie mehr als die dreifache Menge des Durchschnittes für sich in Anspruch nehmen. Punkte können für die Zukunft gespart werden. Die jährliche Ausschüttung neuer Punkte richtet sich nach dem vorjährlichen Durchschnittsverbrauch.
    Werden Punkte nicht gebrauch, sondern gespart verringert das die Ausgabemenge im folgenden Jahr. Ohne große
    parlamentshürden und unabhängig von der jeweiligen Regierung kann das unabhängige aus Experten bestehende
    Gremium flexibel und schnell Ressourcen bzw. Schadstoffe mit Punkten belegen.

    Soziale Umverteilung: Menschen, die obdachlos sind und sonst wenig Einkommen haben (gleich aus welchem Grund) und Kinder weisen eine sehr gute Ökobilanz auf. Mit dem PRK bekämen Sie gleichberechtigt Zugriffsrechte
    und könnten durch (eingeschränkten) Verkauf Geld erhalten. Obdachlose könnten in kommunalen Unterkünften
    mit ihren Ressourcen-Punkten bezahlen. Geldreiche Menschen könnten nicht mehr mit ihrem Geld einfach so
    nach Lust und Laune viele Ressourcen verbrauchen.

    Das Konzept ist von mir bereits weiter ausgearbeitet, als hier dargestellt. Ich würde mich freuen, wenn man die Idee aufgreift und reifen lässt. Es wäre das erste Konzept, dass tatsächlich ein Umverteilung der Vermögensverhältnisse in Deutschland angeht. Es ist innerhalb seiner Rahmenbedingungen (wie bei jedem Wirtschaftsrahmen) : liberal, ökologisch und sozial.

    Norbert Held, Mönchengladbach

  3. Avatar von Bernd Greschke
    Bernd Greschke

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    Die Punkte „Arbeit entlasten, Kapital belasten“, „ausnahmslose Abgabe auf CO2-Ausstoß“ und „konsequente Abgabe auf Spritz- und Düngemittel“ wären mit der Forderung „schrittweiser Umbau des Steuersystems von Einkommen- und Mehrwertsteuer auf Ressourcenverbrauchs- und Emissionssteuer“ abgedeckt. Diese Forderung würde darüber hinaus dem Abbau einfacher Arbeitsplätze, der ressourcen- und energieintensiven Automatisierung und der Mechanisierung der Landwirtschaft und damit Verlust von Arbeitsplätzen in ländlichen Gebieten entgegenwirken. Damit würden die Preise endlich die vollen Kosten enthalten.
    Wäre eine Strategie für die Zeit nach der Veröffentlichung des Papiers im Fokus gewesen, würde auch die Demokratisierung der Gesellschaft einen wesentlichen Punkt der Forderungen ausmachen: Bundesweite Volksentscheide, die den Souverän wirklich souverän machen, eine Begrenzung von steuerlich absetzbaren Gehältern sowie eine neue „Wirtschaftsverfassung“ (Christian Felber), denn die maßlose Anhäufung von Geld ist ein Demokratieproblem.

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