Unser Vorstandssprecher Thomas Jorberg bezog in unserer Kundenzeitschrift Bankspiegel (Ausgabe 1, 2012) Position zum Modell der Genossenschaften.
„Was ein Einzelner nicht vermag, das vermögen Viele.“ Das war das Motto von Friedrich Wilhelm Raiffeisen bei der Gründung einer der ersten Genossenschaften. Die Rechtsform der Genossenschaft ist ein Zusammenschluss von Menschen, die gemeinsam eine Lösung für ein gesellschaftliches Problem schaffen wollen. Ihre Basis ist die Gegenseitigkeit — das heißt, jeder unterstützt durch die Mitgliedschaft den anderen und dadurch haben alle einen Mehrwert.
Während bei der Aktiengesellschaft die reine Orientierung auf die Mehrung des Aktienkapitals sogar einklagbar geworden ist, steht bei der Genossenschaft der Mensch im Vordergrund. Deshalb ist die Genossenschaft für die GLS Bank auch die geeignetste Rechtsform, in der ihre Geschäftspolitik zum Ausdruck kommen kann, bei der Geld für die Menschen da ist und nicht umgekehrt.
Die Mitglieder der GLS Bank bilden eine Gemeinschaft, die als Eigentümer aktiv Verantwortung für eine menschliche, zukunftsweisende und ökonomische Ausrichtung der Bankarbeit übernimmt. Dabei verstehen wir die Gegenseitigkeit in einem gesellschaftlichen Kontext. Das heißt, bei der Geldanlage, der Kreditvergabe usw. berücksichtigt der Einzelne über die Gemeinschaft der GLS Bank die Auswirkungen seines Handelns auf andere Menschen: Wird etwa mit der eigenen Geldanlage soziales Unheil angerichtet, die Umwelt zerstört oder Sinnvolles getan?
Auf Basis der Genossenschaft können die Geldanleger, die Kreditnehmer und die Mitglieder ihre jeweils unterschiedlichen — vielleicht gegensätzlich scheinenden — Interessen zum Ausgleich bringen. Der Einleger möchte einen Zins und Sicherheit, der Kreditnehmer braucht nicht zu teures Geld, welches begrenztes Risiko mitträgt. Das Ziel der Genossenschaft ist nicht der maximale Gewinn für den Einzelnen (ob Einleger, Kreditnehmer oder Mitglied), sondern der optimale Ausgleich unterschiedlicher Interessenlagen im Hinblick auf den bestmöglichen Gemeinwohlnutzen aller Mitglieder und Kunden. Zinskonditionen (im Einlagenwie im Kreditbereich) sind dabei so festzulegen, dass dieser Ausgleich tatsächlich stattfinden kann. Die Einlagenkonditionen können nur so hoch sein, dass diese ebenso wie die Bankkosten noch von den Kreditnehmern über den Kreditzins tragbar sind. Eine Dividende für die Mitglieder für ihr zur Verfügung gestelltes Kapital kann dann gezahlt werden, wenn dieser inhaltlich ausgerichtete Ausgleich ökonomisch optimal umgesetzt wurde.
Eine sinnvolle und leistungsfähige Wirtschaft ist so organisiert, dass Menschen durch ihre Arbeit anderen Menschen in der Befriedigung ihrer ganzheitlichen Bedürfnisse dienen. Diese schließen kulturelle, soziale und ökologische Fragen mit ein. Die Ökonomie ist dabei die Arbeitsweise, das Instrument, aber eben nicht das Ziel dieser wirtschaftlichen Tätigkeit. Insofern ist auch der Gewinn ein Ergebnis, das in der Ökonomie sowohl betriebswirtschaftlich als auch volkswirtschaftlich notwendig ist, aber niemals ein sinnstiftendes Ziel sein kann.
Die Form der Genossenschaft ist prädestiniert, die derzeit auf dem Kopf stehenden ökonomischen Verhältnisse wieder auf die Füße zu stellen. Ihr Wesen entspricht dem Prinzip, dass jede wirtschaftliche Tätigkeit allein den Menschen dient. Zukünftig gilt es, das Genossenschaftswesen so weiterzuentwickeln, dass der Einzelne in Gemeinschaft mit anderen sein eigenes Handeln in Einklang mit seinen Vorstellungen über eine soziale Gesellschaft und natürliche Lebensgrundlagen bringen kann. Dann entsteht ein dreifacher Gewinn: menschlich, ökologisch und ökonomisch.
Bild: Thomas Jorberg ist Diplom-Ökonom. Seit 1986 ist er Mitarbeiter der GLS Bank, seit 1993 im Vorstand. Zudem ist er seit 2009 Steering-Committee- Mitglied der Global Alliance for Banking Values (GABV), einem internationalen Bündnis sozial-ökologisch orientierter Banken.
Schreibe einen Kommentar