Heute werde ich persönlich. Denn das Folgende ist mir wichtig und ein Herzensanliegen.
Vor nunmehr zwanzig Jahren steckte ich mitten in meiner Ausbildung zum Bankkaufmann. Ich lernte bei einer regionalen Privatbank, trug Motivkrawatten und Pepita-Sackos und Nachhaltigkeit war für mich noch ein Begriff ohne echten Inhalt. Abenteuerlust war nicht so meins und mein persönlicher Horizont erstreckte sich von Südschweden bis Norditalien, von der holländischen Nordseeküste bis nach Prag. Doch dann erhielt ich eine Einladung, die mein Leben und meine Haltung zu den Menschen und Dingen fundamental verändern sollte.
Ich wurde gefragt, ob ich nicht Lust hätte, eine Reise nach Bangladesch zu machen. Für jemanden, der bis zu seinem zwanzigsten Geburtstag lediglich einmal mit einem Segelflieger über die Maare der Eifel geflogen war, allein wegen des aufregend langen Fluges schon ein verlockendes Angebot. Ich ahnte nicht im geringsten, was mich vor Ort erwarten würde. Das, was ich dort zu sehen bekam, veränderte mich fundamental. Ich sah blanke Armut, nackte Not und Elend in ungeahntem Ausmaß. Nach nur zehn Tagen Bangladesch kam ich als anderer Mensch zurück. Ich konnte mir auf einmal nicht mehr vorstellen, je wieder in einer Bank zu arbeiten.
Und heute? Heute arbeite ich doch wieder bei einer Bank, der GLS Bank. Und das sogar von Herzen gern. Heute arbeite ich jeden Tag mit Leidenschaft daran, Menschen davon zu überzeugen, Kundin, Kunde oder gar Mitglied bei dieser Bank zu werden. Eine Entwicklung vom Saulus zum Paulus und wieder zurück? Mitnichten. Denn die GLS Bank ist eine andere Bank. Eine Bank, bei der wir bewusst darauf schauen, wie und wo und durch wen die angelegten Gelder wirken und Sinn stiften. Eine Bank, die offenlegt, wo und wie die angelegten Gelder ihrer Kundinnen und Kunden wirken. Eine Bank, die klar definiert, was sie will und was sie nicht will. Eine Bank, von der ich denke, sie müsste außer mir noch so viele andere Menschen begeistern. Schließlich steht der Sinn und nicht der Gewinn im Mittelpunkt.
Wenn ich mit Menschen persönlich spreche, merke ich, wie meine Begeisterung über diesen Ansatz ansteckt. Ich spüre, wie Bewusstsein entsteht. Bewusstsein dafür, wie wichtig es ist, die Frage danach zu stellen, was Banken tatsächlich mit den angelegten Geldern tun. Und ich frage mich dann immer wieder, warum wir uns diese Fragen nicht ohne diesen Impuls eines Gesprächs oder konkreten Erlebnisses stellen? Warum beziehen wir den Sinn und die Frage nach den Konsequenzen unseres Handelns so selten in unsere Entscheidungen ein?
Klassisch treffen wir unsere Geldanlage-Entscheidungen nach drei Kriterien: Zins, Verfügbarkeit, Risiko. Man spricht vom so genannten „magischen Dreieck“.
Derzeit haben wir eine Situation, in der sich der Zins als Entscheidungskriterium zusehends marginalisiert, denn für normale Termin- oder Sparanlagen gibt es nur noch eine geringe Verzinsung. Da diese zudem durch eine Einlagensicherung gedeckt sind, minimiert sich hier auch das Risiko und spielt als Kriterium kaum noch eine Rolle. Doch wonach entscheiden wir dann? Gibt es da nicht noch mehr?
Ja: Die Frage nach der Wirkung des Geldes. Die Frage, was die Bank mit dem angelegten Geld macht, wie sie es einsetzt. Es geht um nichts weniger als um die Erweiterung des “magischen Dreiecks” hin zu einem “magischen Tetraeder”, das eine wichtige weitere Dimension enthält: Die Dimension der Mittelverwendung, die Dimension der sozialen und ökologischen Rendite.
Bis jetzt stellen noch relativ wenige Menschen die Frage danach, was ihre Bank mit ihrem Geld macht. Noch ist das Kriterium der Mittelverwendung, der Wirkung des Geldes, nicht fest in den Entscheidungen verankert. Warum ist unser Entscheidungssystem immer noch von diesen rein ökonomischen Größen geprägt? Ökostrom, Bionahrung und Naturtextilien sind uns wichtig, hier ändern wir unser Konsumverhalten. Warum ist noch so selten im Bewusstsein, dass es auch bei Geldanlagen Sinn stiftende und sozial-ökologische Alternativen gibt? Und das in einer Situation, wo sich gleich mehrere ökonomische Entscheidungsgrößen zunehmend marginalisieren?
Wir freuen uns auf Antworten und Anregungen zu diesem Thema. Wie können wir es schaffen, dass mehr Menschen ein Bewusstsein für dieses vierte, so wichtige Kriterium entwickeln?
Johannes Korten, Mitarbeiter im GLS Marketing und Online-Redakteur
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