Der Crash des Finanzsystems hat gezeigt, wie marode es ist. Zu echten Reformen war die Politik nicht fähig – deswegen arbeiten jetzt engagierte Bürger an der Geldwende. Kurzfassung
Wenn es ums Geld geht, sind die Menschen hellhörig geworden. Der Crash 2008 und die Staatskrise waren zu gewaltig, als dass sie als Betriebsunfälle durchgehen könnten. Die Politik handelte. Banken müssen mittlerweile mehr eigenes Kapital für ihre Geschäfte nachweisen. Und statt nationaler Behörden überwacht nun die Europäische Zentralbank die größten Banken der Eurozone.
Grundlegende Änderungen erreichten die Politiker aber nicht. Und so verdient ein Großteil der Akteure längst wieder mit riskanten Methoden Geld und arbeitet an einer noch mächtigeren Finanzwelt von morgen. Das stört viele. Der offene Protest mag abgeflaut sein, die Occupy-Bewegung Geschichte sein. Aber das Interesse der Bürger ist wach. Zum ersten sogenannten Geldgipfel Anfang Mai 2014 in der Universität Witten/Herdecke , initiiert von Lukas Beckmann, einem Mitgründer der Grünen und heutigen Vorstand der GLS Treuhand, kamen 400 Besucher, meist Laien. Es war eine bemerkenswerte Runde. Noch vor wenigen Jahren hat sich kaum jemand außerhalb der kleinen Zirkel von Notenbankern, Finanzpolitikern und Geldtheoretikern mit den komplexen Fragen des Geldsystems beschäftigt. Nun eignen sich Bürger sperriges Wissen an. Und arbeiten beharrlich an Reformen.
Philipp Bernet zum Beispiel steht regelmäßig in seiner Freizeit in St. Gallen in der Fußgängerzone und sammelt Unterschriften, um eine kleine Revolution mit anzuzetteln. Bernet kämpft für die Einführung des sogenannten Vollgeldes: Das Konzept sieht vor, dass Banken Kredite nur in der Höhe vergeben dürfen, wie sie Bargeldreserven vorweisen und nicht wie im Moment vier Fünftel des Geldes durch Kreditvergabe erzeugen. Die Vorteile lägen auf der Hand, sagt Bernet: Die Banken würden gebändigt und zu normalen Unternehmen werden. „Änderungen des Geldsystems gab es immer wieder“, gibt Philipp Bernet den Leuten zum Abschied mit auf den Weg. Er will sie ermutigen, sich nicht wehrlos zu ergeben. Sondern aktiv zu werden. So wie er selbst.
Für diesen Weg hat sich auch Mara Liebal entschieden. Liebal, 28, freundlich resolut mit langen braunen Haaren gehört zur zweiten Generation von Aktivisten, die sich an den Staatsschulden abarbeiten. In ihrem Wirtschaftsstudium in Marburg hat sie sich mit Entwicklungsprozessen beschäftigt und praktische Erfahrung über die Not der Welt gesammelt. Sie war bei der Kindernothilfe, dem Fairen Handel und der NGO Christliche Initiative Romero. Geld, Zinsen und Schulden spielten oft eine wichtige Rolle. „Schulden machen gehört zum Kapitalismus, und deswegen wird es auch immer wieder Schuldenkrisen geben“, sagt Liebal. Für diese Fälle müsse ein staatliches Insolvenzverfahren her, wie es für Unternehmen und Privatpersonen längst Alltag sei. Dafür kämpft sie mit anderen Aktivisten unter Erlassjahr.de.
Hans Scharpf arbeitet als Rechtsanwalt und Immobilienexperte. Auch er ist mit dem bestehenden Banksystem unzufrieden. Deswegen schreibt er regelmäßig Beschwerdebriefe an die Finanzdienstleister, hakt dort nach, wo es weh tut. Mit Musterprozessen will er erreichen, dass Banken nicht mehr so schnell wie bisher zwangsvollstrecken dürfen, wenn ein Immobilienbesitzer zahlungsunfähig sein sollte. Christian Felber dagegen hat aus Protest gleich eine neue Bank gegründet – eine Bank, die am Gemeinwohl orientiert ist und nicht an der Gewinnmaximierung zulasten der Kunden, die Kredite nach sozialen und ökologischen Kriterien vergibt – und die Unternehmen mit einem umweltschädlichen Geschäftsmodell nicht finanziert.
Den vollständigen Bericht von Caspar Dohmen lest ihr in der enorm 01/2015.
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