Welche Schokolade ihr zu Ostern nicht verschenken solltet

Neun Kilogramm Schokolade isst jede*r Einzelne von uns in Deutschland pro Jahr – statistisch gesehen. Das entspricht 90 Tafeln. Jetzt vor Ostern führt im Lebensmittelgeschäft kein Weg an Schoko-Osterhasen und -Ostereiern vorbei, zumal wir sie auch gerne verschenken. Aber ist das gut?

Kakao mit bitterem Beigeschmack

Die süße Leckerei hat einen bitteren Beigeschmack. In Schokolade stecken neben Kakao, Zucker und Milch Kinderarbeit, Hungerlöhne, gefährliche Arbeitsbedingungen, Pestizide, Klimaerhitzung und Ungerechtigkeit. Zumindest in fast allen Fällen. Keine Panik! Es gibt auch faire Bio-Schokolade. Sogar solche, die im Anbauland hergestellt ist und deren Lieferkette von A bis Z bekannt ist.

Schokolade wirft Fragen auf

Wenn ihr also Schokolade verschenken wollt, lohnt sich ein genauer Blick. Wo und wie wurde der Kakao angebaut? Wo wurde die Schokolade hergestellt? Wer verdient daran? Wie sieht die Klimabilanz aus? – Der Reihe nach.

70 Prozent des Kakaos kommt aus westafrikanischen Ländern nahe dem Äquator. An der Spitze liegen die Anbauländer Elfenbeinküste (rund 45 %) und Ghana (rund 17 %). Weitere sind Nigeria, Kamerun und einige mittelamerikanische Staaten. Die Kakaopflanze ist anspruchsvoll. Sie mag es warm, braucht viel Wasser und ist anfällig für Pilze und Schädlinge. Von tausenden Blüten werden weniger als 5 % bestäubt und von diesen reifen nur ein Viertel richtig.

Exportschlager Kakao

Die Arbeit auf dem Kakaofeld ist anstrengend. Auf vielen Flächen versprühen die Arbeiter*innen – eher weniger als mehr geschützt – Pestizide. Die Schoten werden das ganze Jahr über mit der Hand geerntet, danach mit der Machete geöffnet. Die Bohnen gären einige Tage an der Luft, trocknen anschließend und werden dann in Säcke verpackt. Fast der gesamte Rohkakao landet über mehrere Zwischenstufen bei einigen wenigen großen Schokoladenherstellern und Kakao-Unternehmen in Industrieländern. Nur 1 % der Schokolade wird auch im Anbauland hergestellt.

Schokolade ist Arbeit

5,5 Millionen Kleinbäuer*innen erzeugen rund 95 % des weltweiten Kakaos, meist auf kleinen Feldern unter 5 Hektar. Weitere 14 Millionen Arbeiter*innen und ihre Familien leben ebenfalls vom Kakao. Auf den Plantagen in Ghana und der Elfenbeinküste arbeiten rund 1,5 Millionen Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen. Rund 10.000 Kinder leisten Zwangsarbeit oder sind versklavt, einige kommen aus noch ärmeren Nachbarländern. Ein Teufelskreis: Arme Bäuer*innen können keine Arbeitskräfte bezahlen, deshalb arbeiten alle aus der Familie mit. Oft fehlt außerdem das Geld für notwendige Investitionen.

Kinder verrichten im Kakaoanbau gefährliche Arbeiten
© INKOTA, Make Chocolate Fair!

Hungerpreise

Die harte Arbeit der Kakao-Erzeuger*innen ist schlecht bezahlt: 6 – 7 Cent von 100 Cent vom Verkaufspreis für eine Tafel Schokolade. In Ghana verdient ein Mitglied einer „Kakao-Familie“ zwischen 0,48 und 0,96 Cent am Tag. Je nach Größe des Kakaofeldes verdient eine sechsköpfige Familie im Jahr zwischen 1.000 Euro bei 2 Hektar und etwas über 2.200 Euro bei 4 Hektar.

Für eine sichere Unterkunft, eine ausreichende Ernährung, den Schulbesuch und die notwendigste Gesundheitsversorgung bräuchten die Kakao-Bäuer*innen in Ghana und in der Elfenbeinküste das Zwei- bis Dreifache ihres Einkommens. Höhere Preise sind aber nicht in Sicht. Zwischen 2015 und 2017 ist der Preis von Rohkakao um 40 % gesunken. Überhaupt schwanken die Preise stark wegen guten oder schlechten Ernten, unterschiedlicher Nachfrage, Rohstoffspekulationen und politischen Umständen. Durch die Corona-Pandemie sind zudem die Lebenshaltungskosten auch in den Anbauländern enorm gestiegen.

Wer verdient an Schokolade?
© INKOTA, Make Chocolate Fair!

Gute Schokolade, schlechte Schokolade?

Also besser keine Schokolade essen? Das ist auch keine Lösung. Schließlich ist Kakao eine wichtige Einkunftsquelle und ein Devisenbringer. Außerdem gibt es faire Schokolade und ökologischen Kakaoanbau. Manchmal geht auch beides zusammen. Gepa, Fairafric und Tony’s Chocolonely  zeigen, dass es anders geht. Aber sowohl beim Einkommen für die Kakaobäuer*innen als auch beim umweltverträglichen Anbau und bei fairen Arbeitsbedingungen ist noch viel Luft nach oben.

Siegel helfen bei der guten Wahl. Es gibt gleich mehrere, denn fair ist nicht gleich bio ist nicht gleich nachhaltig. Die genannten Unternehmen bezahlen den Erzeuger*innen beispielsweise eine Prämie, um die Lücke zwischen Verkaufspreis und existenzsicherndem Einkommen zu verringern. Darüber hinaus sind Zutaten wenn möglich aus zertifiziertem Bioanbau. Mit dem Kauf solch nachhaltiger Schokolade wäre zumindest einmal unserem möglicherweise schlechten Gewissen geholfen.

Das Ziel: nachhaltiger Strukturwandel

Damit es den Kakao-Bäuer*innen und der Wirtschaft in den Ländern des globalen Südens dauerhaft besser geht, braucht es einen grundsätzlichen Wandel. Andere Einnahmequellen zum Beispiel durch den Anbau anderer Früchte, ökologische Anbaumethoden, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Denn schon heute leiden afrikanische Länder unter den Folgen des Klimawandels mit unberechenbaren Regen- und Trockenzeiten. Mit mehr Weiterverarbeitung des Kakaos vor Ort bliebe ein größerer Teil des Gewinns im Land.  Auch Politiker*innen, die sich um das Wohlergehen ihrer ganzen Bevölkerung kümmern sowie gesetzliche Vorgaben, die eingehalten werden, sind notwendig.

Verbraucher*innen wiederum sollten nicht nur auf den Preis in Euro und Cent schauen, sondern auf Inhaltsstoffe und Verpackung. Industriestaaten könnten bei fairen Handelsbeziehungen nachbessern. Ein Lieferkettengesetz wie das kürzlich in Deutschland verabschiedete, rückt seither die Einhaltung von Menschenrechten in den Blick. Unternehmen und Staaten müssen sich fragen, ob sie unter diesen Vorgaben noch liefern – und Gewinn erzielen – können. Wir müssen also noch viel ändern, in einer Welt, in der zusätzlich zu neoliberalen Wirtschaftssystemen die Klimakatastrophe, Corona und der Ukrainekrieg für Kakaoanbauländer negative Folgen haben.

Gute Schokolade ist ein Gemeinschaftsprojekt, das auf Fairness und Verantwortung basiert, gegenüber den Menschen und gegenüber der Natur. Solche Schokolade hat ihren Preis – und sie ist ihn wert.

Was tun? Handeln!

Hier ein paar Tipps:

  1. Verschenkt keine Billig-Schokolade!
  2. Informiert euch, was ihr kauft und esst – einiges steht direkt auf der Verpackung. Hier ein Vergleich der Siegel.
  3. Mach den Schoko-Check, Make Chokolate fair (von 2021)
  4. Make Chocolate fair – eine Kampagne von Inkota und vielen anderen
  5. Testet auch einmal vegane Schokolade und solche ohne Palmöl
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5 Antworten zu „Welche Schokolade ihr zu Ostern nicht verschenken solltet“

  1. Avatar von Hans-Jörg Hosch
    Hans-Jörg Hosch

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    In Bern gibt es auch dieFirma Choba-Choba. Inzwischen ist diese Schokolade auch in Deutschland erhältlich (Online-Shop). Ist eine sehr leckere Schokolade!

  2. Avatar von Michael
    Michael

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    Der Link zu Inkota
    https://webshop.inkota.de/node/1641
    läuft ins Leere. 🙁
    Liebe Grüße
    Michael

    1. Avatar von Bettina Schmoll
      Bettina Schmoll

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      Hallo Michael,
      danke für den Hinweis. Der Schoko-Check ist wohl „umgezogen“. Der Link ist aktualisiert.
      Viele Grüße
      Bettina Schmoll

  3. Avatar von Gisela Rughase-Block
    Gisela Rughase-Block

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    Danke für diese EMail. Ich kaufe immer GEPA Schokolade.

  4. Avatar von Tina
    Tina

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    Vielen Dank für diesen Artikel und dabei auch für den Hinweis, „einmal vegane Schokolade zu probieren“. Für mich gibt’s seit mehr als elf Jahren nur vegane Schokolade – je dunkler, desto besser – und das stets in Bioqualität, stets ohne Palmöl, in den allermeisten Fällen mit Fairtrade-Zertifikat oder zumindest mit dem Hersteller-Hinweis, dass die Zutaten fair gehandelt worden sind. Oft wird dabei auch auf eine möglichst nachhaltige Verpackung geachtet. Und wo in der Milchschokolade das Leid der Tiere miteinge(s)p(r)eist aber normalerweise nie mitgedacht wird, lässt einen bei der veganen Schokolade das Fehlen von tierlichen Zutaten die süße Versuchung auch in dieser Hinsicht mit gutem Gewissen genießen. Und als Genussmittel verstanden, leiste ich mir den angemessenen Preis gerne.

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