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Tesla und Elon Musk: Ein Kommentar zu aktuellen Vorwürfen

Von Autopiloten verursachte Unfälle, Rassismus, schlechte Arbeitsbedingungen, Sieben-Tage-Woche: alles Vorwürfe, denen US-Elektroautobauer Tesla in der Öffentlichkeit ausgesetzt ist. Meist meldet sich Elon Musk lediglich via Twitter zu Wort und streitet ab. Oder er nimmt die geäußerten Bedenken nicht ernst. Schauen wir uns doch einmal genauer an, was da in Sachen Software & Co. nicht gut läuft.

Richten wir unseren Blick zunächst auf die “Full Self-Driving”-Software des amerikanischen Autobauers. Elf Vorfälle durch Autopiloten gab es von 2018 bis 2021 mit Tesla-Fahrzeugen und 17 Verletzte durch Unfälle, bei denen Menschen in haltende Notfallfahrzeuge, Ampeln etc. gefahren sind. Musk korrigierte zwar die zeitliche Planung der Einführung des Self-Driving-Systems, weicht allerdings nicht grundsätzlich von seinem Vorhaben zurück. „Der Autopilot ist lediglich ein Assistenzsystem. Unfälle entstehen dann, wenn Fahrer*innen sich, entgegen der Empfehlung, vollständig auf die Technologie verlassen.“

Im April 2021 verunglückten zwei Männer in einem Tesla Model S tödlich, wobei der mutmaßlich stark alkoholisierte Fahrer während der Fahrt auf der Rückbank Platz nahm und die Steuerung vollständig der Software überließ. Diese ist laut Musk für ein Umfeld ohne Straßenmarkierungen – wie es am Unfallort der Fall gewesen war – nicht aktivierbar. Zudem warnt das Auto mit haptischen und hörbaren Signalen, wenn die Hände zu lange vom Lenkrad entfernt werden.

Die Gigafactory in Grünheide

Wofür wird Tesla in Deutschland noch wahrgenommen? Selbstverständlich für seine „Gigafactory“ in Berlin-Brandenburg, die einige Unsicherheiten bezüglich der Wasserversorgung in der Region aufwirft. Während seines Deutschland-Aufenthalts antwortete Musk auf die Frage einer Journalistin zu der Wasser-Problematik im Trinkwasserschutzgebiet Grünheide, auf dem die Gigafactory entstehen soll: „Das ist vollkommen falsch. Es gibt hier überall Wasser. Sieht das hier für Sie aus wie eine Wüste?“ Der lokale Wasserverband bewertet die Wasserbestände vor Ort als zu knapp für Bau und Betrieb der Fabrik.

Die Gigafactory in Grünheide sorgt anhaltend für Diskussionen in Deutschland. Seit Frühjahr 2020 baut Tesla diesen ersten Produktionsstandort in Europa. Eine endgültige Zusage für das Bauvorhaben gibt es jedoch immer noch nicht. Mehr als 800 Bürger*innen sowie Umweltverbände positionieren sich politisch wirksam gegen den Bau des Werks, fordern eine Neuauslegung der Tesla-Bauunterlagen und die Wiederholung eines Online-Erörterungstermins.

[grey_box]Ergänzend dazu empfehlen wir euch unbedingt das neueste “Wahn & Sinn”-Video von unserem Johannes auf YouTube: Er erklärt euch, warum Tesla trotz Auslieferungsrekorden vom Verkauf von Verbrennern enorm profitiert.

https://youtu.be/IdaQ9T0LYMs [/grey_box]

Seit 2020 werden im Naturschutzgebiet Wälder gerodet – alles unter Vorabgenehmigung. 92 Hektar fielen dem Bauvorhaben innerhalb weniger Wochen zum Opfer. Weitere Forderungen drangen an die Öffentlichkeit: Die Verantwortlichen für den Bau der Factory forderten von der Brandenburgischen Landesregierung die Verlegung des Bahnhofes „Fangschleuse“ um zwei Kilometer auf das Gebiet der Gigafactory. 50 Millionen Euro, die vollständig die Landesregierung übernimmt. Die EU-Kommission bewertet diese Investition als meldepflichtige Beihilfe. So helfe die Maßnahme nicht der „breiten Allgemeinheit“, sondern lediglich Tesla und sei damit eindeutig eine Subvention.

5,8 Milliarden Euro für die Autofabrik

Hinter dem insgesamt 5,8 Milliarden Euro schweren Investitionsvorhaben scheinen nicht nur moralische, sondern auch ökologische Bedenken zurückzutreten. 40.000 Arbeitsplätze sollen entstehen. Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erhofft sich Zugriff sowohl auf den deutschen als auch den westpolnischen Arbeitsmarkt. Die brandenburgische Landesregierung erfährt durch die Diskussion um die Factory eine Debatte über Prestige und Neid. Es wirkt fast so, als ob sich die Politiker durch den Kontakt zu Musk profilieren wollen.

Ende November 2021 berichten die Medien, u. a. auch die Süddeutsche, dass Elon Musk auf die staatliche Förderung in Milliardenhöhe für das Werk verzichtet. Auf Twitter begründet Musk diesen Verzicht mit den „belastenden Bedingungen“ des Zuschusses, die den Wert des Geldes überstiegen. Es könnte aber auch sein, dass Tesla schlicht die Förderbedingungen nicht erfüllt.

Elon Musk, reichster Mann der Welt

Wer ist Elon Musk überhaupt? Wer verbirgt sich hinter dem – laut Liste des Forbes-Magazins – reichsten Mann der Welt, dessen Handlungsmaxime durch Innovation und weniger durch Ethik geprägt zu sein scheinen?

Der im Juni 1971 geborene Südafrikaner Elon Musk verfügt über ein geschätztes Vermögen von knapp 244 Milliarden Dollar und lebt in einem 35 qm großen Tinyhouse in Texas. Schon mit zwölf Jahren programmierte er das erste Computerspiel, weitere zwölf Jahre später gründete er sein erstes Start-Up. Paypal und SpaceX sind neben Tesla die wohl bekanntesten Projekte Musks. Tesla jedoch erlebte große Antrittsschwierigkeiten und schrieb erstmalig 2016 schwarze Zahlen. Allerdings läutete Musk mit Tesla wohl die Revolution in der Elektromobilität ein, gleiches erhofft er sich für die Weltraumfahrt mit „SpaceX“.

Dass Musk Kritik ausweicht oder belächelt, zieht sich sowohl durch seine Vita als auch seine Projekte. In Bezug auf SpaceX steht das große Ziel, die Raumfahrt auf den Mars auszuweiten – über sämtliche Bedenken hinweg, die es zu Magnetfeldern und der Strahlung auf dem Mars gibt.

(Ehemalige) Beschäftigte werfen Musk vor, die persönlichen Belange der Mitarbeitenden zu übergehen – vielmehr empfände er diese als „Behinderung der Forschung“. So hinterfragte er wohl die Prioritätensetzung eines Mitarbeiters, der aufgrund der Geburt seines Kindes abwesend war. Dass eben dieser Musk eine Sieben-Tage-Woche für gerechtfertigt und notwendig hält, ist selbsterklärend.

Die Marke Tesla

Die Marke Tesla erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Im Jahr 2021 verkaufte der Elektroautobauer mehr als 900.000 Autos. Schon im 2. Quartal 2021 verdoppelte sich der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr auf 12 Milliarden Dollar. Diese Zahlen sind auf dem Markt nahezu konkurrenzlos, da ähnlich große Automobilhersteller nur einen kleinen Anteil voll-elektrischer Fahrzeuge vertreiben. Die deutsche Automobilindustrie stellt nun die Weichen und investiert bis Ende 2025 etwa 150 Milliarden Euro in den Ausbau von E-Mobilität.

Innovation und Investition

Innovation und Fortschritt sind in der Automobilindustrie ein ebenso wichtiger Teil der Mobilitätswende wie eine Verhaltensänderung bei uns Menschen. Viele von uns sind auf ein Auto angewiesen, in diesen Fällen sollte Elektromobilität eine Alternative mit möglichst geringen Eintrittsbarrieren sein. Tesla geht hier als Pionier voran, setzt Anreize und belebt den Markt durch neue Maßstäbe. Technologische und infrastrukturelle Fortschritte dürfen selbstverständlich nicht auf Kosten der Arbeitnehmer*innen und auf Kosten des Planeten gehen.

Wer sich für einen Tesla interessiert, muss sich eventuell vom umstrittenen Konzernchef abgrenzen. Die Anschaffung muss nicht zwangsläufig als Entscheidung pro Musk und Tesla gesehen werden – vielleicht eher als Investition in Fortschritt oder Ladeinfrastruktur oder klimafreundlichere Fahrzeuge.

Was denkt ihr über Tesla und Elon Musk? Schreibt uns gerne – eure Ansichten, Einschätzungen und Gedanken in die Kommentare!

[green_box]Mehr zur GLS Mobilität und unserer Vision einer enkeltauglichen und verträglichen Mobilität findet Ihr unter: https://gls-mobilitaet.de. Spannende Blogbeiträge zur Mobilitätswende.[/green_box]

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26 Antworten zu „Tesla und Elon Musk: Ein Kommentar zu aktuellen Vorwürfen“

  1. Avatar von Simone
    Simone

    Ich halte diese ganze E-Mobilität nur für einen bequemen Vorwand, damit wir unser Verhalten nicht ändern müssen. Wie bisher kaufen wir einfach ein Produkt, sind plötzlich nachhaltig und können alles so weiter machen, wie vorher auch…

    Bei Tesla kommt aber noch hinzu, dass das ja nicht nur ein Auto ist, sondern auch eine Überwachungsanlage. Ein Tesla im Standard-Modus filmt während der Fahrt und während des Parkens kontinuierlich seine Umgebung (bis zu 250 Meter!) und sendet diese Daten laufend an Server, die auch z.B. in den USA stehen. Dabei werden also massenhaft personenbezogene Daten erfasst und verarbeitet. Da es keine Einwilligung der vielen Betroffenen gibt, sind sowohl Datenerhebung als als Datenübermittlung ein Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und damit illegal. Ein Tesla darf also in der gesamten EU überhaupt nicht betrieben werden. Wenn man es doch tut, macht man sich bußgeldpflichtig. Wenn ich Tesla-Fahrerin wäre, würde mir das Sorgen bereiten.

    Aus demselben Grund kann ein Tesla Auto auch nicht nachhaltig sein. Denn bei der Nachhaltigkeit geht es ja nicht nur um Ökologie, sondern auch um Soziales – also um die Frage, wie wir alle miteinander umgehen sollten. Wer jeden Tag mit seinem Auto unzählige Menschen gegen ihren Willen filmt und deren personenbezogene Daten in andere Länder sendet, damit diese dort zu einem Zweck ausgewertet werden, den wir alle nicht kennen, der verhält sich meiner Meinung nach alles andere als nachhaltig.

    1. Avatar von Niko
      Niko

      Hallo Simone,

      Ja sie haben teilweise recht. Aber viele Details stimmen so nicht.
      Ja ein Elektroauto ist natürlich ein Gegenstand der versucht die Individualmobilität weiter zu rechtfertigen.
      Aktuelle neue Elektroautos werden in ihrem Lebenszyklus etwa 70% weniger CO2 ausstoßen als ein vergleichbarer Verbrenner. Somit ist hiermit schon etwas gewonnen. Das Potenzial ist auch noch groß dies weiter zu senken.
      https://ecomento.de/wp-content/uploads/2021/07/ICCT-Analyse-Elektroauto-Emissionen.png

      Ja Tesla hat Kameras, die aber nicht automatisch und ungefragt aufzeichnen.
      Sowohl die „Dashcam“ als auch den „Wächter-Modus“ muss manuell angeschaltet werden, dabei wird man mehrmals mit großen Hinweisen und Warnmeldungen darauf hingewiesen das man sich informieren muss ob dies erlaubt ist. Also darf man selbst entscheiden.

      Auch werden nur bei Unfällen ein(!) 30 Sek. Video an Tesla geschickt. Ansonsten verlässt das Auto kein Video.
      Ebenfalls kann man auch die gesamte Kommunikation mit Tesla unterbinden und alle Daten bei Tesla löschen lassen. Das führt natürlich zu Nachteilen in der Bedienung (Kein Fernzugriff mehr), aber es geht.
      Hier muss der Gesetzgeber klarer werden und technischen Fortschritt nicht aufhalten aber ihm auch beim Thema Datenschutz klare(!) vorgaben machen. Heute ist es nur ein Wirrwarr an Regeln aus dem letzten Jahrtausend die Niemanden helfen.

      Grüße
      Niko

    2. Avatar von Elena Kornettka
      Elena Kornettka

      Liebe Simone,

      Dass E-Mobilität nicht „die Lösung“, oder per se nachhaltig ist, sehen wir in der GLS Mobilität ganz genau so. Sie sollte lediglich eine Alternative darstellen, für die (in einem perfektem Zukunftsszenario) letzten, wenigen Autos in den Straßen. Vielmehr sehen wir eine ganzheitliche Verkehrswende als überfällig – Parks anstatt Parkflächen, grün statt grau.
      Lesen Sie mehr zu unserem Zukunftsbild gerne hier! Ich freue mich auch, mit jeder*m interessierten*m über kommunikation@gls-mobilitaet.de in den Austausch zu kommen.
      LG Elena Kornettka

  2. Avatar von Bernd
    Bernd

    Ja, diese GigaFactory in Grünheide… Ich kann von hier aus gar nicht beurteilen, ob Baumfällungen oder Wasserentnahme in diesem Naturschutzgebiet problematisch sind. Mir fällt aber der Giga-Widerspruch auf, dass man einem Unternehmen „vorab“ genehmigt, dort einen solch riesigen Kasten zu bauen, wenn man sich noch gar nicht sicher ist, ob man das alles genehmigen kann. Die Behörden haben sich selbst in eine Lage gebracht, in der es doch völlig undenkbar ist, dass man Tesla die abschließende Genehmigung NICHT erteilt.
    Politik und Verwaltung haben in diesem Fall geltendes Recht schlichtweg ignoriert. Und damit man Ihnen das Offensichtliche nicht vorwerfen kann, heißt es immer, es sei ja noch gar nichts entschieden, man prüfe ja noch. Das ist aber ebenso offensichtlich nur eine dreiste Schmierenkomödie – und seien wir doch mal ehrlich: Wir alle wissen es!
    Am Ende wird Tesla selbstverständlich eine umfassende Genehmigung erhalten. Viele Bürger und Umweltverbände werden wieder Anlass haben, Gerechtigkeit bzw. Rechtsstaatlichkeit in Zweifel zu ziehen. Ministerpräsidenten werden wieder die Politikverdrossenheit und (vor allem in den neuen Bundesländern) das allgemeine Mißtrauen der Bevölkerung gegenüber staatlichen Stellen beklagen. Und so wird diese GigaFactory insbesondere auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit unsere Demokratie weiter schädigen.

  3. Avatar von Niko
    Niko

    Hallo liebe GLS Bank,
    Bin schon bald 10 Jahre Kunde.
    Dieser Blogartikel ist mir leider zu kurz gedacht.
    Die LEAG hat in den letzten Jahren 240 Millionen m³ Grundwasser illegal abgepumpt. Das reicht für 170 Jahre Betrieb der Gigafactory, das wäre gut um eine Relation des Tatsächlichen Wasserbedarfs zu erkennen.
    Auch Förster Tesla dreimal so viel Mischwald wieder auf, wie gefällt wurde. Der Wald war auch eine Monokultur Nutzwald und kein Naturschutz Biotop oder gar Urwald und der Schaden ist somit weniger groß als man denkt.

    Ohne Tesla würde es keine guten, beliebten und kommerziell erfolgreichen Elektroautos geben.
    Auch Batteriespeicher, Solar und Co. macht Tesla einfach gut und interessant für die Masse.

    Zum Autopilot Assistenten muss man sagen das Teslas pro 1 Millionen gefahrenen Kilometer extrem sicher und besser als dee Menschen alleine sind. Die Systeme retten aktiv Leben von Verkehrsteilnehmern, warum wird das nicht anerkannt? Klar sind weiterhin Unfälle unvermeidlich und auch Fehler in der Software vorhanden, aber in Summe ist das ist ja nichts negatives sondern das Gegenteil! Muss es erst 100x besser als Mensch werden?! Reichen nicht 2-3x zu Beginn? Verbesserungen sind natürlich trotzdem noch unbedingt notwendig und auch die Kommunikation zwischen Tesla und der Öffentlichkeit muss besser werden.

    Sowas gehört auch in solch ein Artikel.
    Sonst ist es einfach nicht neutral und fair berichtet.
    Schade eigentlich ?
    Grüße
    Niko

    1. Avatar von Elena Kornettka
      Elena Kornettka

      Lieber Niko,

      Danke für die Hinweise. Ich stimme Ihnen in vielen Punkten zu. Informationen zu unterschlagen war keinesfalls meine Absicht, sondern vielmehr der Tatsache geschuldet, dass dies ein Kommentar mit dem Versuch einer Einordnung ist.
      Sämtliche Argumente und Sichtweisen abzudecken ist offensichtlich schwierig, somit bin ich für jeden Kommentar und jede weiterführende Quelle in diesem Bereich dankbar.

      Ich würde mich über weiteren Austausch unter kommunikation@gls-mobilitaet.de freuen!
      LG Elena Kornettka

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