Dieser Beitrag erschien im Rahmen einer Serie „Herausfoderungen für Banken“ im Bankspiegel „Banken im Wandel“, der im Oktober 2015 von der GLS Bank veröffentlicht wurde.
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In einem Märchen der Gebrüder Grimm kocht ein Zaubertopf süßen Hirsebrei für eine Frau. Er kocht und kocht und kocht, bis die ganze Stadt unter Brei begraben ist. Die Frau hatte vergessen, wie man den Topf stoppen kann.
So ähnlich verhält es sich mit dem Geld. Es ist zu viel davon in der Welt. Und zwar schon seit Jahren, lange bevor die Krise begonnen hat. Dieses Geld ist völlig losgelöst von der Realwirtschaft, so wie der Brei sinnlos durch die Straßen der Stadt wabert. Das Kapital fließt ungebremst in die Aktien- und Anleihemärkte, in Immobilien und Rohstoffe. Längst drohen wieder neue Blasen, die Stabilität des gesamten Systems ist gefährdet. Allein am Devisenmarkt werden an einem Tag rund 5.300 Milliarden Dollar gehandelt. In der Realwirtschaft kommt das Geld dagegen nicht an. Die Europäische Zentralbank z. B. hält die Zinsen niedrig und gibt Milliarden für Wertpapiere aus. Trotzdem haben in Südeuropa 40 Prozent der Jugendlichen keine Arbeit.
Eigentlich sind die Notenbanken dafür verantwortlich, die Geldmenge und die Zinsen zu steuern. Doch selbst ihr Einfluss ist gering angesichts der Unmengen an Kapital. Es wird ihnen nicht gelingen, die Zinsen langfristig wieder nach oben zu treiben. Den Regierungen sind die niedrigen Zinsen willkommen, sie können dadurch ihre Schulden senken und günstig Schulden machen.
Für die Privatkundinnen und -kunden sind die niedrigen Zinsen Fluch und Segen zugleich. Kredite sind überaus billig. Wer etwa eine Immobilie kaufen will, kann sie günstig finanzieren. Für Sparer ist die Situation dagegen brenzlig, etwa in der Altersvorsorge. Ohne Erträge sinken die Ausschüttungen bei der Rente. „Die Menschen müssten also mehr zurücklegen“, sagt Prof. Stephan Paul, renommierter Bankenspezialist von der Ruhr-Universität Bochum. „Doch das ist natürlich gerade bei Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen keine realistische Lösung. Am Ende müssen wir uns mit dem Gedanken anfreunden, im Alter auf einen Teil unseres Wohlstands zu verzichten.“
Auch für die Banken sind die Herausforderungen groß. Die Differenz zwischen dem, was sie ihren Kundinnen und Kunden für eine Anlage zahlen, und dem, was sie durch einen Kredit einnehmen, wird immer kleiner. „Sie haben einerseits hohe Kosten für Infrastruktur, Regulatorik und Personal und sind auf der anderen Seite mit immer kleiner werdenden Margen konfrontiert“, erklärt Prof. Paul.
Doch der Forscher will auch Hoffnung machen: „Das Thema Werte wird für die Menschen bei der Wahl ihrer Bank und ihrer Geldanlagen immer wichtiger. Das zeigen aktuelle Studien.“ Gerade jüngere Menschen stellen verstärkt die Fragen nach dem Sinn und der Wirkung ihrer Geldanlagen. Neue digitale Anbieter von Finanzdienstleistungen seien nicht zuletzt deswegen so erfolgreich, weil die Menschen hier nachvollziehen könnten, was mit ihrem Geld passiere. Hinzu komme, so Paul, dass Anlagen in nachhaltige Investments in puncto Rendite und Sicherheit mitunter attraktiver seien als konventionelle Angebote. Es zahle sich also durchaus auch ökonomisch aus, bei der Geldanlageentscheidung soziale und ökologische Werte zu berücksichtigen.
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