Archivbeitrag

Neue Grundlage für unsere Leistungen

GLS Vorstandssprecher Thomas Jorberg zum geplanten GLS Beitrag der GLS Bank

GLS Kernleistungen

Die Leistungen der GLS Bank bestanden seit ihrer Gründung stets aus weit mehr als Geld und Zinsen. Die Kernleistung der GLS Bank ist, gesellschaftliche Entwicklungen in den Bereichen Kultur, Bildung, Soziales und Ökologie wahrzunehmen, zu begleiten, zu kommunizieren sowie mit verschiedenen Instrumenten zu finanzieren. Also das Geld unserer Kundinnen und Kunden dorthin zu geben, wo es unter ganzheitlich-menschlichen Bedingungen gebraucht wird. Den Auftrag dazu haben wir von allen Kundinnen und Kunden. Sowohl von den Einlegern, die ihr Geld sinnvoll verwendet wissen wollen, als auch von den Kreditnehmern, die das Geld für ökologische und soziale Projekte einsetzen.

Die GLS Bank ist dabei das größte Instrument. Aber unsere Gesamtleistung besteht aus der Kombination von Einlagen und Krediten der GLS Bank mit Beteiligungen der GLS Beteiligungs AG sowie Stiftungen und Schenkungen durch die GLS Treuhand.  Mit diesen Instrumenten und unseren gesellschaftlichen Aktivitäten haben wir viele Entwicklungen überhaupt erst möglich gemacht, wie zum Beispiel eine vielfältige Schul- und Kindergartenlandschaft, heilpädagogische Einrichtungen, die Energiewende, den ökologischen Landbau sowie Bioläden.

Gut vernetzt

Dies können wir nur leisten, weil wir umfassend mit nachhaltigen Branchen vernetzt sind und uns dort mit Zeit und Ideen einbringen; weil wir ein Höchstmaß an Transparenz pflegen und unsere Arbeit gegenüber unseren Kundinnen und Kunden über Onlinemedien, unseren Bankspiegel, bei Veranstaltungen und in der Beratung offenlegen; weil wir immer wieder neue Finanzierungsformen entwickeln, um für gesellschaftliche Probleme einen Lösungsbeitrag zu leisten.

Nur durch diese enge, aktive Einbindung in gesellschaftliche Entwicklungen ist die GLS Bank in der Lage, die Alternative zu sein: als eine ausschließlich am Wohl der Menschen orientierte Bank. Dies macht die Attraktivität unserer Angebote aus, egal ob Girokonto, Anlage, Kredit, Beteiligung oder Stiftung. Diese Grundleistungen der GLS Bank, die andere Banken so nicht bieten, konnten wir bis heute immer aus unseren marktüblichen Zinsen und Gebühren finanzieren.

Veränderte Bedingungen

Der extreme Rückgang der Zinserträge und die erhebliche Zunahme der Kosten durch die Bankenregulierung, verbunden mit der Digitalisierung, stellt heute alle Banken in Deutschland vor existenzielle Fragen über eine Veränderung ihres Geschäftsmodells. Die um die Hälfte fallenden Zinserträge und die bestehenden Gebühren und Provisionen werden nicht mehr reichen, um die Kosten einer Bank zu decken. Da mögen viele mit Verweis auf die unmenschlichen und gesellschaftsgefährdenden Verhaltensweisen vieler Banken denken: „Na endlich geht es denen auch mal an den Kragen — die Banken haben ohnehin zu viel Geld verdient.“ So richtig das auch sein mag, eine Lösung ist das nicht, denn die Reaktionen sind in der Bankenlandschaft bereits erfahrbar: eine drastische Automatisierung aller Geschäfte ohne Beratung und Filialen mit Massenentlassungen auf der einen Seite; offene oder versteckte Gebührenerhöhungen und vor allem ein noch stärker auf Provisionen ausgerichtetes Geschäftsgebaren auf der anderen Seite. Hinzu kommt dann möglicherweise ein Minuszins auch für Privatanlegerinnen und -anleger.

Jede Bank wird in dieser historisch einzigartigen Situation ihren eigenen neuen Weg finden müssen. Wir kommunizieren die Frage der Bankfinanzierung und die Entwicklung einer konzeptionellen Lösung seit über einem Jahr als offenen Prozess im Bankspiegel, bei Mitgliederveranstaltungen und auch in der Presse.

Der aktuelle Stand

Unser derzeitiger Stand der Entwicklung sieht Folgendes vor:

  • Wir unternehmen derzeit alle Anstrengungen, um trotz zunehmender regulatorischer Anforderungen und dem weiterhinsehr erfreulichen Wachstum unsere Prozesse, Strukturen und Arbeitsweisen zu vereinfachen, um bis Ende 2017 eine Effizienzsteigerung von 25 Prozent zu erreichen. Seit April 2015 brauchten wir dafür außer Auszubildenden und Trainees keine neuen Mitarbeitenden einzustellen. Obwohl wir zuversichtlich sind, dieses Ziel zu erreichen, wird es nicht ausreichen, um die absehbaren Ertragseinbußen auszugleichen.
  • Um unseren Kundinnen und Kunden unsere Grundleistung weiterhin mit einer guten Beratung und transparenter Kommunikation bieten zu können, planen wir einen monatlichen Beitrag. Er soll für jede Kundin und jeden Kunden finanziell tragbar sein und aufgrund der Anzahl der Beitragszahler gleichwohl in der Gesamtsumme die rückläufigen Zinserträge teilweise kompensieren. Nur dann können wir unseren Kundinnen und Kunden die oben beschriebene Grundleistung und Werteorientierung weiterhin bieten. Denn diese sind unvereinbar mit versteckten Gebührenerhöhungen und einem provisionsgetriebenen
    Geschäftsgebaren. Sie sind auch nicht mit einer weitgehend automatisierten, beratungs- und filiallosen Bank möglich.
  • Außerdem stärken wir durch neue Entwicklungen, wie sie in diesem Bankspiegel beschrieben sind, die GLS Gemeinschaft, wobei diese deutlich über Bankdienstleistungen hinausgehen.

Zukunft sichern

Wer das liest, mag sich fragen: „Ist die GLS Bank in Not? Muss ich mir Sorgen um die GLS Bank machen?“ Wer hingegen unsere Jahresabschlusszahlen liest, mag sich fragen: „Die GLS Bank steht doch blendend da und macht Gewinne. Wo liegt das Problem?“ Unseren Kundinnen, Kunden und Mitgliedern sind wir es schuldig, Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und aus einer stabilen Situation heraus so zu handeln, dass eine Not auch in Zukunft nicht eintreten wird. Es geht dabei nicht um die Frage, dass wir durch einen Beitrag insgesamt immer höhere Einnahmen generieren, sondern vielmehr darum, einen transparenten Beitrag für zurückgehende Einnahmen zu erzielen.

Einen monatlichen Beitrag dafür, dass eine Bank ihren Geschäftsbetrieb, die Infrastruktur, ihre Fähigkeiten, ihr Netzwerk und ihre Kommunikation bereitstellt und insofern jederzeit für Kundinnen und Kunden leistungsfähig ist, hat es bei einer Bank noch nie gegeben, es erscheint zunächst einmal undenkbar und damit undurchführbar.

Es gibt aber durchaus Beispiele, wo genau so eine Form der Unternehmensfinanzierung seit Jahrzehnten üblich ist, wie zum Beispiel die monatliche Rundfunkgebühr von 17,50 Euro, der monatliche Beitrag für Automobilclubs oder der monatliche Grundpreis für die Stromversorgung in Höhe von ca. acht Euro, den 19 Millionen Bundesbürgerinnen und -bürger regelmäßig zahlen.

Auch zukünftig wollen wir unsere Leistungen nach sozialen, ökologischen und am ganzheitlichen Menschen ausgerichteten Kriterien erbringen und uns nicht am höchsten Erlös orientieren, den wir
durch ein Einzelgeschäft mit dem Kunden machen. Dies war bisher möglich, weil die Kosten durch die Zinsmarge gedeckt waren. Durch die Halbierung der Zinsmarge innerhalb von voraussichtlich vier Jahren ab 2014 wird dies nicht mehr möglich sein.

Fragen und Antworten

Zum Beitrag erreichen uns zahlreiche Fragen. Auf unserer Internetseite haben wir die häufigsten Fragen beantwortet.

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388 Antworten zu „Neue Grundlage für unsere Leistungen“

  1. Avatar von Adrian
    Adrian

    Hallo Herr Mertens,

    noch einmal kurz zu Ihrer Antwort an mich vom 28.10.: ist das nicht gerade der Knackpunkt: einerseits ein weites Ausdehnen der Tätigkeitsfelder über das „klassische“ Bankgeschäft hinaus, andererseits bittet man eben nicht nur die Mitglieder, die diesen Kurs ja mittragen, sondern auch die Kunden und Mitarbeiter zur Kasse.
    Durch die Blumen sagen Sie ja, dass das klassische Bankgeschäft verschwindet oder zumindest unrentabel ist.. Das geht von der Prämisse aus, dass die Politik des zinslosen Geldes ewig so weitergeht, also praktisch das „Ende der Geschichte“ im Finanzbereich. Ist das wirklich so? Und selbst wenn: sollte sich dann die GLS nicht lieber aus dem Bankgeschäft zurückziehen und als gemeinnützige Stiftung oder karitative Einrichtung weitermachen? Organisationen wie Ärzt ohne Grenzen oder andere leisten sich kein teures Bankgeschäft (z.B. ein für die Bank ruinöses Girokonto, wie Sie eindrucksvoll in Ihrem Blog darstellen), schaden Sie sich am Ende nicht selbst damit?

    1. Avatar von Julian Mertens
      Julian Mertens

      Hallo Adrian,
      sorry für die späte Antwort. Viel ist in Bewegung und wird sich in den nächsten Jahren verändern. Nicht nur im Finanzsektor. Die Bundesbank hat heute betont, dass die Branche ihre Geschäftsmodelle überdenken müsse: http://bit.ly/2ggST6X. Die Zinsen werden auf jeden Fall noch länger niedrig bleiben. Der GLS Beitrag macht uns unabhängiger davon. Wir wirken als sozial-ökologische Bank, das ist unsere Haupttätigkeit. Die wir aber auf einzigartige Weise umsetzen, z.B. Beispiel indem wir Geschäfte ausschließen. Ein Donald Trump würde bei uns keinen Kredit erhalten. Wir wollen Vorbild im Bankensektor sein und haben das gerade auch durch den „Fair Finance Guide“ und als „Bank des Jahres 2016“ bescheinigt bekommen. Denn so groß die Umwälzungen auch sind: Es ist nicht so, dass es zu viele nachhaltige Banken in Deutschland gäbe, oder? 🙂 Der Blog ist Teil unserer Transparenz und zeigt auch, wie sich der Alltag nachhaltig gestalten lässt.
      Herzliche Grüße,
      Julian Mertens

  2. Avatar von W.B.
    W.B.

    Sehr geehrtes GLS-Team,
    ich habe meine 90-järige Mutter dazu führen können, dass sie ihr Sparguthaben als Termingeld bei der GLS- Bank anlegt.
    Wenn es jetzt eine Grundgebühr für jeden Kunden gibt, werde ich dieses Termingeld kündigen müssen, denn dann zahlt meine Mutter ja drauf. Das kann ich ihr nicht vermitteln, dass das sinvoll ist.
    Ich selber habe ein Girokonto. Eine Erhöhung meiner Giro-Gebühren kann ich mittragen. Ich habe auch meine Genossenschaftsanteile erhöht, damit die GLS Bank es ohne Gebühren für jeden Kunden schafft.
    Ich bin sehr enttäuscht, wenn die Gebühren für Jedermann kommen.

    1. Avatar von Bettina Schmoll
      Bettina Schmoll

      Guten Tag W.B.,
      danke, dass Sie das sozial-ökologische Bankgeschäft mit Ihren Geschäftsanteilen unterstützen und für die GLS Bank geworben haben. Es ist uns bewusst, dass der GLS Beitrag unterschiedlich gesehen wird. Wer bislang beispielsweise ausschließlich ein Tagesgeld von 2.000 Euro hat, nimmt den GLS Beitrag vielleicht zum Anlass, darüber nachzudenken, mehr mit der GLS Bank zu machen. Mit dem GLS Beitrag hat man dann Zugang zu einer Vielzahl von Leistungen. Uns ist aber auch bewusst, dass wir im Extremfall damit rechnen müssen, dass Kundinnen und Kunden auf unsere Leistungen verzichten und ihre Einlage abziehen.
      Deutlich ist aber auch, dass die GLS Bank mehr leistet als andere Banken (alles, was mit sinnvollem Bankgeschäft zusammenhängt) und unsere Kundinnen und Kunden sicher sein können, dass wir ihnen nicht bestimmte „Produkte verkaufen“, um unseren Ertrag zu erhöhen. Wir wollen das sozial-ökologische Bankgeschäft beibehalten und weiterentwickelen. Dafür brauchen wir in der Niedrigzinsphase eine neue finanzielle Grundlage. Der GLS Beitrag ist neben Zinsen und Gebühren ein Element davon, ein anderes ist die von uns angestrebte Effizienzsteigerung um 25 % bis 2017. Seit 2015 arbeiten wir verstärkt daran, Prozesse, Arbeitsabläufe und Angebote zu entschlacken.
      Viele Grüße
      Bettina Schmoll

  3. Avatar von Mitglied mit 20 Anteilen
    Mitglied mit 20 Anteilen

    Herzlichen Dank an „RTG“ für seinen Beitrag zu den Äußerungen des Herrn Jorberg und zu dessen Gehalt! Euro 250.000 sind ca. das Achtfache des deutschen Durchschnittseinkommens. Das will und werde ich nicht mehr mitfinanzieren, auch wenn andere Banker noch viel gieriger sind, womit die nächste, unweigerliche Finanzkrise hoffentlich gründlich aufräumen wird. Das alte Lied: Den anderen Wasser predigen und selber Wein trinken. Bei GLS-Zwangsbeitrag mache ich mit meinen 20 Anteilen Minus, und das bei ewig langen Kündigungsfristen sowie Verlustrisiko einschl. Nachschusspflicht, wenn es hart auf hart kommt. Nee, schönen Dank auch. Da hoffe ich inzwischen sogar, dass der Zwangsbeitrag kommt, um dann sofort kündigen zu können. Es gibt Alternativen, z.B. Umweltbank, oder ich gönne mir nach Auszahlung ausnahmsweise mal was richtig Schönes …

    1. Avatar von Bettina Schmoll
      Bettina Schmoll

      Wie in jeder Genossenschaft macht der von den Mitgliedern gewählte Aufsichtsrat die Verträge mit dem Vorstand. Zur GLS Bank gehört es, dass wir bereits seit langem und regelmäßig die Vorstandsgehälter und auch die Spanne zu den geringsten Gehaltsgruppen offen legen. Fragen zu dieser Thematik gab es in den letzten Jahren auf jeder unserer Jahresversammlungen. Es gibt hier also eine Reihe von Regulativen und Fragen dazu haben regelmäßig Raum in der GLS Bank. Wer bei der Wahl seiner Bank ein besonderes Augenmerk auf moderate Vorstandsgehälter legt, wird auf jeden Fall auf die GLS Bank stoßen.
      Wie die Vergütungen der GLS Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aussehen, stellen wir in unserem Nachhaltigkeitsbericht dar (S.29). Bewusst verzichten wir beim Gehalt auf die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihrer Leistung bzw. dem Erfolg der GLS Bank.Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht provisionsabhängig bezahlt. Das höchste Jahresgehalt (250.000 Euro für den Vorstandssprecher) ist um den Faktor 7,3 höher als das niedrigste Gehalt (34.202 Euro). Das ist eine Spreizung, die wir als fair empfinden und die im Vergleich zu anderen Unternehmen und Branchen gering ist.
      Viele Grüße
      Bettina Schmoll

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