Der Frühling ist da und mit ihm meine Lust auf frische, bunte Schnittblumen! Doch seit einiger Zeit mache ich mir mehr und mehr Gedanken über die Herkunft der Blumenpracht, die mir im Supermarkt, Blumenladen und auf dem Wochenmarkt geboten wird.
Denn die meisten der in Deutschland verkauften Schnittblumen werden alles andere als nachhaltig oder fair angebaut. Giftige Pestizide, Ausbeutung und eine verheerende Klimabilanz sind Teil der Bedingungen des konventionellen Blumenanbaus. Dass es auch anders geht, zeigt die Slowflower-Bewegung – und auch wir selbst können einige Tipps berücksichtigen!
Vielleicht liegt es daran, dass Blumen an sich eine so natürliche und positive Wirkung haben, dass wir die negativen Aspekte vielfach ausblenden: Denn während ich und viele andere bei Lebensmitteln, Kosmetik oder Kleidung schon lange sehr bewusst auf Nachhaltigkeit, Zertifizierungen und faire Arbeitsbedingen achten, sind uns die Hintergründe des Blumenanbaus oft noch unbekannt – oder egal. Dabei gehen vom konventionellen Blumenanbau eine Reihe negativer Folgen für Klima, Umwelt und Gesundheit aus.
Giftige Rosen und unfaire Nelken
Mehr als 80 Prozent der Blumen, die in Deutschland verkauft werden, sind aus dem Ausland importiert. Ein Großteil davon kommt aus den Niederlanden, aber auch Kenia, Ecuador, Äthiopien oder Kolumbien beliefern Deutschland jährlich mit vielen Tonnen Rosen, Nelken, Lilien und mehr. Um den Ertrag zu steigern und die Pflanzen vor Schädlingen oder Krankheiten zu schützen, kommen beim Anbau starke Pestizide, Herbizide und Düngemittel zum Einsatz. Dabei sind die Arbeiter*innen auf den Farmen den giftigen Stoffen oft ohne ausreichende Sachkenntnis, Schutzkleidung oder Arbeitsrechte ausgesetzt.
Beim Anbau der Blumen werden große Mengen Wasser benötigt: Eine Rosenfarm in Kenia, der Herkunft von rund 40 Prozent der in Europa verkauften Rosen, verbraucht durchschnittlich 20.000 Kubikmeter Frischwasser pro Tag – Wasser, auf das die Bevölkerung angesichts von Wasserknappheit und sinkenden Grundwasserspiegeln dringend angewiesen ist. Abwässer und damit auch Rückstände der eingesetzten Chemikalien landen meist ungefiltert wieder in den Seen und Flüssen der Umgebung. Als Ökotest 2017 aus Kenia stammende Rosensträuße testete, fanden sie in jedem Bund bis zu 20 verschiedene Pestizide sowie Rückstände mehrerer besonders bedenklicher Stoffe.
Auf ihrem Weg nach Europa werden die Blumen gekühlt und bewässert, in klimatisierten Hallen zwischengelagert und mit dem Flugzeug und in Lkws weite Strecken transportiert. Dass dabei große Mengen CO2 ausgestoßen werden, liegt auf der Hand. Doch auch der Anbau in Europa ist problematisch: Weil Gewächshäuser hier zusätzlich beheizt und mit künstlichem Licht ausgestattet werden müssen, ist die Klimabilanz der hier angebauten, konventionellen Schnittblumen sogar oft noch schlechter, als die der Blumen aus Afrika und Südamerika.
Die Alternative bei Schnittblumen: Slowflower-Bewegung
Aber es geht auch anders! Die Slowflower-Bewegung zeigt, dass es Ideen und Ansätze gibt, Blumen auch hierzulande nachhaltig anzubauen und zu verarbeiten. Der Zusammenschluss von Blumenfarmer*innen, Gärtner*innen, Florist*innen und anderen blumenverbundenen Menschen ist seit 2019 aktiv und umfasst mittlerweile mehr als 70 Mitglieder in Deutschland sowie vereinzelt in der Schweiz und Österreich.
Das Netzwerk arbeitet nach strengen Richtlinien: Die Mitglieder nutzen keine Pestizide oder genmanipulierte Pflanzen und verwenden ausschließlich nachhaltiges Saatgut. Sie verwenden nur organische Dünger und verzichten auf Einweg-Plastik. Auch der in der Floristik vielfach genutzte Steckschaum kommt nicht zum Einsatz. Alle Produzent*innen sind klein, unabhängig und regional tätig, sie wirtschaften in der Regel auf kleinen Anbauflächen. Saisonalität, Regionalität, Nachhaltigkeit: Das sind die Grundsätze der Bewegung. “Wir wirtschaften eigenverantwortlich, autonom und mit einer Menge Idealismus”, heißt es in den Slowflower-Leitlinien.
Vom nachhaltigen Brautstrauß über Blumen-Abos mit regelmäßigen Lieferungen nach Hause bis zu Tipps für den eigenen Blumenanbau: Die Mitglieder des Slowflower-Netzwerkes sind vielfältig und sehr engagiert dabei, ihre Ideen für nachhaltige Schnittblumen bekannter zu machen. Sie geben Tipps zur Umstellung von konventionellem zu nachhaltigem Anbau, liefern Inspiration für Blumenschmuck und Deko und klären weiter über Anbaubedingungen auf.
Vier Tipps, was wir selbst besser machen können
Mich motiviert das Wissen um die Bedingungen und Folgen des konventionellen Geschäfts, bei Schnittblumen auf Nachhaltigkeit zu achten: Die Haltung der Slowflower-Bewegung bringt mich dazu, künftig die gleichen Maßstäbe wie bei Lebensmitteln oder Kleidung anzusetzen. Deshalb kommen hier vier Tipps, worauf wir selbst achten können, um nachhaltigen Blumenanbau zu fördern.
1. Bei regionalen und nachhaltigen Anbieter*innen kaufen
Auch wenn man vielleicht länger suchen muss: Nachhaltige und regionale Anbieter gibt es. Die Slowflower-Bewegung bietet eine Karte, mit der sich Anbieter*innen in der Umgebung finden lassen. Aber auch regionale (Bio-)Bauern oder Gartenbaubetriebe bieten oft eine kleine Auswahl oder sogar Felder zum selbst ernten an. Sprecht sie an!
2. Schnittblumen saisonal kaufen
Saisonkalender für Obst und Gemüse kennen wir – aber auch für Schnittblumen lohnt es sich darauf zu achten, was überhaupt gerade im Freiland oder in unbeheizten Gewächshäusern gedeihen kann. Auch hier ist eigene Recherche gefragt, starten könnt ihr beispielsweise mit dieser Übersicht der Stadt Bielefeld (pdf).
3. Weitere Alternativen nutzen
Zugegeben, in den Wintermonaten ist es schwierig, frische Blumen nachhaltig zu kaufen. Aber auch hier gibt es Alternativen: Trockenblumen sind seit einigen Jahren sehr beliebt und oft sind sogar einzelne Blüten aus verwelkten Sträußen dafür geeignet. (Blühende) Zweige sind eine andere Möglichkeit. Sogar Totholz kann äußerst attraktiv sein – seid kreativ!
4. Blumen selbst anbauen
Die vielleicht naheliegendste Lösung lautet: selbst Schnittblumen anbauen. Ob im eigenen Garten, auf dem Balkon oder im Gemeinschaftsgarten: Fast überall gedeihen Blumen. Slowflower-Mitglied Katharina Funk bietet auf ihrem Blog https://aus-dem-garten.de/ viele Tipps rund um dieses Thema.
Während ich mir lange Zeit nicht im Klaren darüber war, wie schädlich die schönen Schnittblumen aus konventionellem Anbau tatsächlich sind, desto bewusster genieße ich heute meine Slowflowers. Ob nachhaltig gekauft oder selbst angebaut: Blumen, die unter fairen Bedingungen produziert wurden und natürlich wachsen konnten, sind meine neuen Lieblingsblumen!
Was denkt ihr? Habt ihr Lust, euch mit dem Thema zu beschäftigen und nach neuen Blumenanbietern in eurer Nähe zu suchen? Oder macht ihr das längst und könnt weitere Tipps geben? Schreibt uns gerne in die Kommentare!
Bildzeile zu unserem Aufmacher-Foto: Es müssen nicht immer Rosen sein. Heimische Schnittblumen sind vielfältig! © http://aus-dem-garten.de / Katharina Funk
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