Archivbeitrag

Mikrofinanz – Was ist das?

Die Vergabe von Mikrokrediten ist in Deutschland noch eine junge Branche. Nichtsdestotrotz zeigt sie sich von der Wirtschaftskrise unbeeindruckt. Was verbirgt sich hinter dem Begriff Mikrofinanz?

Die Idee

Unter den Begriff Mikrofinanz fallen die finanziellen Grundleistungen einer Bank, wie zum Beispiel Kleinkredite oder Versicherungen. Gerade die Mikrokredite sind spätestens seit dem Nobelpreis für Muhammad Yunus in der Öffentlichkeit ein Thema. Yunus begann 1976 damit eigenes Geld zu verleihen. Aus diesem Projekt wurde 1983 die „Grameen Bank“, die bis heute in Bangladesch Mikrokredite vergibt. Für die Vergabe von Krediten an Arme und die damit verbundene Förderung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung erhielt er 2006 den Friedensnobelpreis.

Ziel dieser Kleinkredite ist es, Menschen aus der Armut zu helfen, indem ihnen die Selbstständigkeit mit einem eigenen, kleinen Gewerbe ermöglicht wird. Die Lebensumstände der Kreditnehmer können auf diese Weise dauerhaft verbessert werden. Ein klassisches Beispiel dafür ist ein Kleinkredit für eine Nähmaschine, die die Inbetriebnahme einer Schneiderei ermöglicht.

Entscheidend für die Kreditwürdigkeit ist nicht ausschließlich die Bonität oder ein regelmäßiges Einkommen der Kreditnehmer – das in den meisten Fällen (noch) nicht vorgewiesen werden kann –, sondern vielmehr die Geschäftsidee, ein überzeugendes Konzept und die Persönlichkeit des Kreditnehmers.

Praxis in Deutschland

Doch nicht nur in Entwicklungsländern werden Mikrokredite vergeben, auch in Deutschland und anderen Industrienationen besteht Bedarf an diesen Krediten. Diese werden zumeist an Existenzgründer oder an Unternehmer in der Nachgründungsphase vergeben. In Deutschland geht es dabei im Durchschnitt um Beträge von ca. 5.000 Euro. In wenigen Fällen kann durch Staffelung mehrerer kleiner Kredite auch eine Kreditsumme von maximal 20.000 Euro erreicht werden. Die Kreditlaufzeit variiert von drei bis 36 Monate.

Aufgrund der geringen Höhe der Kredite und dem verhältnismäßig großen Beratungsaufwand ist die Mikrofinanzierung für den klassischen Bankbetrieb nicht wirtschaftlich genug. Aus diesem Grund ist die Mikrokreditvergabe in Deutschland durch die Kooperation verschiedener Organisationen geregelt.

Dies sind zum einen die Mikrofinanzierer, regionale Organisationen, die den Kreditnehmern vor Ort beratend und betreuend zur Seite stehen. Sie sind die ausschließlichen Ansprechpartner für Kreditnehmer und –suchende. Eine Bank bietet den rechtlichen Rahmen und steuert die Kreditmittel bei. Der Mikrofinanzfonds stellt das Risikokapital zur Kreditvergabe zur Verfügung. Und das Deutsche Mikrofinanz Institut (DMI) ist für die Kooperation der genannten Parteien zuständig, zudem prüft und akkreditiert es zum Beispiel die Mikrofinanzierer.

Der Vorteil dieser Kooperation besteht darin, dass durch die Mikrofinanzierer die zeitaufwändige und sehr persönliche Beratung an „Spezialisten“ ausgegliedert wird. Für die Bank ist die Kreditvergabe durch die standardisierten Verträge somit nur noch mit geringem Aufwand verbunden.

Aus dieser Struktur ergeben sich die einzelnen Schritte, vom ausgearbeiteten Konzept bis hin zur Kreditvergabe:

Zunächst wendet sich der Kreditnehmer mit seinem Kreditantrag an den Mikrofinanzierer. Dieser analysiert den Antrag und das Geschäftskonzept und gibt bei positiver Analyse eine Kreditempfehlung an die Bank. Die Bank schließt einen Kreditvertrag ab und zahlt den Kredit an den Kreditnehmer aus. Während dieser Phase und während der gesamten Kreditlaufzeit betreut der Mikrofinanzierer den Kreditnehmer und kann so rechtzeitig beratend eingreifen, falls der Kredit auszufallen droht.

Mikrokredite und die GLS Bank

Die GLS Bank ist Initiator des ersten deutschen Mikrofinanzfonds. Dieser wurde 2004 mit einem Volumen von 500.000 Euro begonnen. Zwei Jahre später wurde in Kooperation mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der KfW Bankengruppe das Volumen auf ca. 2 Mio. Euro erhöht. Heute sind es knapp 3,2 Mio.

Darüber hinaus übernimmt die GLS Bank in der oben genannten Kooperation unter dem Schirm des DMI die Aufgabe der Kreditvergabe und arbeitet so eng mit den Mikrofinanzierern und den Kreditnehmern zusammen.

Die GLS Bank ist die erste private Bank in Deutschland, die im Bereich der Mikrofinanzierung tätig ist.

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8 Antworten zu „Mikrofinanz – Was ist das?“

  1. Avatar von Steffen- kreditanbieter Dortmund
    Steffen- kreditanbieter Dortmund

    Als Unternehmen einen Investitionskredit zu bekommen, ist in der heutigen Zeit leider sehr schwer geworden, obwohl das meiner Meinung nach der sinnvollste Kreditgrund überhaupt ist. Viel eher werden Verbraucherkredite vergeben die meiner Einschätzung her wenig Sinn machen.

  2. Avatar von Moni Weber
    Moni Weber

    Hallo Leute, was ist denn aus eurem Mikrofinanzsystem geworden?

    1. Avatar von Bettina Schmoll
      Bettina Schmoll

      Hallo Moni,
      das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beauftragte Anfang 2010 die GLS Bank mit dem Aufbau eines Mikrofinanzangebotes in Deutschland. Dabei kooperierte die GLS Bank mit bundesweit 61 Mikrofinanzinstituten (MFI). Während der Laufzeit des Programms wurden von der GLS Bank über 12.000 Mikrokredite vergeben und damit die Erwartungen deutlich übertroffen. Bei der Entwicklung des Mikrofinanzangebotes haben das BMAS, die GLS Bank und die Mikrofinanzinstitute hervorragende Arbeit geleistet. Allerdings zeigte das Gesamtsystem auch Schwachstellen. So konnte die GLS Bank nicht verhindern, dass einzelne Mikrofinanzinstitute gegen die Grundsätze der Zusammenarbeit und den Produktrahmen verstoßen haben. Das BMAS Programm lief Ende 2013 aus. Heute bieten wir zum Thema Mikrofinanz vor allem Beteiligungsmöglichkeiten an Mikrofinanzfonds an.
      Viele Grüße
      Bettina Schmoll
      Online Team

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