Wie der Name schon andeutet, steckt dahinter eine Imkerei. Ihre 110 Bienenvölker produzieren das heißbegehrte glänzende Gold direkt in Stuttgart – nach Demeterkriterien. Für den einen oder anderen Naturfreund mag das eher ungewöhnlich scheinen, dennoch hat dieses Vorgehen seine Berechtigung, wie Tobias Miltenberger erklärt: „Vielen Verbrauchern ist nicht bewusst, dass deutsche Städte inzwischen eine weitaus größere Blumen- und Pflanzenvielfalt aufweisen als die ländlichen Regionen. Auf dem Land wird derzeit leider viel Monokultur angebaut und es werden viele Pestizide eingesetzt. In den Städten hingegen sind die Pflanzen und Blumen weitestgehend unbehandelt.“ Stuttgart ist nach Angaben der beiden Summtgart-Gründer eine besonders vielfältige Blumen- und Pflanzenstadt.
Wesensgemäß
Gegründet wurde die etwas andere Imkerei im Januar 2015 von Gartenbaulehrer und Imkermeister David Gerstmeier (25) und Agraringenieur Tobias Miltenberger (38). Sie lernten sich bei einem Urban Gardening Projekt in Stuttgart kennen und stellten ihre gemeinsame Faszination für Bienenvölker fest. Aus Überzeugung haben sie sich für eine wesensgemäße Imkerei entschieden und produzieren den Honig gemäß den strengen Demeter Richtlinien. Der Unterschied zwischen einer konventionellen und einer Demeter Imkerei zeigt sich zum einen in der Art der Bienenhaltung, zum anderen in der Qualität des Honigs.
Organismus Bien
In der bio-dynamischen Landwirtschaft bestimmt die Grundannahme, dass das Bienenvolk im Gesamten einen Organismus darstellt und die einzelne Biene eine ausdifferenzierte Zelle ist, den Umgang mit den Tieren. Wie bei allen Organismen entwickelt sich auch der Bien, so der Name des Organismus, am besten, wenn möglichst wenig in seine Entwicklung eingegriffen wird. Daraus folgt, dass die Bienen ihre Waben, die der Anthroposoph Rudolf Steiner als das Skelett des Organismus bezeichnet, selbst bauen, und dass alle Bienen, auch die Königin, absoluten Bewegungsfreiraum in der Wabe und in der Natur bekommen. Der in den Waben produzierte Honig wird von den Imkern nicht komplett entnommen. In der Honigproduktion nach anthroposophischen Grundsätzen wird stets darauf geachtet, dass für die Nahrung des Bienenvolkes selbst genug Honig bleibt.
Selbstbestimmt
Auch in die Wahl der Königin greifen Demeter-Imker nicht ein. Das Bienenvolk entscheidet selbst, wann die Zeit für eine neue Königin gekommen ist und welche Larven als zukünftige Königinnen großgezogen werden. An Orten in Stuttgart, wo es den Imkern möglich ist, die ausgeschwärmten Bienen wieder einzufangen, bleibt auch die natürliche Vermehrung, das sogenannte Bienenschwärmen, unangetastet, d.h. das Bienenvolk bestimmt, welche Bienen in der Schwarmzeit mit der alten Königen und einem kleinen Teil des Proviants den Bienenstaat verlassen.
Basisdemokratisch
Wenn die natürliche Vermehrung nicht möglich ist, entnehmen die Imker, kurz bevor die neue Königin bereit ist ihren „Thron“ einzunehmen, die alte Königin mit einem Teil ihres Volkes und bringen sie an einen neuen Platz in Stuttgart. „Nach der Teilung des Bienenvolkes, ob durch das Bienenschwärmen oder den Schwarmtrieb, kommt eine Eigenschaft der Bienenwelt zutage, von der sich die Menschen eine Scheibe abscheiden können“, meint Tobias Miltenberger. „Wo sich das neue Bienenvolk letztendlich niederlässt, ist eine basisdemokratische Entscheidung, die eine rund 70-prozentige Zustimmung benötigt und bei der alle das gleiche Stimmrecht haben.“ Die beiden Imker stimmen darüber überein, dass ein Bienenvolk ein hochkomplexes System darstellt, von dem die Menschen noch längst nicht alles wissen, von dem wir aber viel lernen können. „Die Arbeit als Imker erfordert, dass wir unser Handeln immer wieder an unsere neuen Erkenntnisse anpassen, um den Bedürfnissen der Bienen gerecht zu werden“, beschreibt David Gerstmeier die Arbeit als Imker.
Von Bienen lernen
Die Faszination am Organismus „Bienenvolk“ wächst in der deutschen Bevölkerung. Wer sich mit einem Bienenvolk auseinandersetzt, lernt viel über die Eigenschaften der einzelnen Biene, über die ausdifferenzierte Zusammenarbeit des Bienenvolkes und über gemeinsame Entscheidungsfindung. Die Arbeit der Summtgart Imker ist deshalb keinesfalls nur auf die Pflege der Bienenvölker und die Produktion von Honig beschränkt. Schulen und Firmen sind sehr an Kooperationen und Vorträgen interessiert und wollen das Wissen der Imker in ihre eigenen Organisationsstrukturen integrieren.
Autorin: Mirja Helene Lehleuter, Praktikantin im Marketing
Stand: Dezember 2015
Fotos: Imkerei Summtgart GbR / Michael Anfang on Unsplash
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