Mehr als 400 Besucherinnen und Besucher auf dem zweiten Geldgipfel der GLS Bank Stiftung zeigen: Viele Menschen in unserer Gesellschaft haben genug von einem Wirtschaftssystem, das die Natur ausbeutet, Ressourcen verschwendet und viele Teile der Weltbevölkerung vom Wohlstand ausschließt.
Sie wollen sich einmischen und einen positiven Einfluss auf unseren Lebensraum und auf die globale Verteilung von Gütern und Ressourcen nehmen – sie wollen durch ihr Handeln nicht nur einen Fußabdruck, sondern einen positiven Handabdruck hinterlassen.
Die Vielseitigkeit der Themen des vergangenen Wochenendes an der Universität Witten Herdecke zeigte, dass viele Menschen mit unterschiedlichen Ideen, Initiativen und Projekten zu einer Transformation des Wirtschaftssystems und zu mehr sozialer Gerechtigkeit beitragen. Außerdem verdeutlichten die Vorträge die Widersprüche unseres aktuellen Handelns.
Ausstieg aus der Kohle
Der Vortrag von Silvia Kreibiehl, Leiterin der Frankfurt School – UNEP Collaborating Centre for Climate and Sustainable Energy Finance, und die Diskussion um Divestment demonstrierten, dass sich viele kleine und große Investoren in Deutschland immer mehr aus dem Kohlegeschäft zurückziehen. Die Deutschen zeigen sich gewillt, das Klimaziel von Paris – die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad – zu erreichen. Gleichzeitig exportieren deutsche Firmen Kohlekraftwerke nach Asien und Afrika, hier boomt das Geschäft nach wie vor.
Kritik am Freihandelsabkommen EPA
Die freue Journalistin Nora Bauer und Dr. Boniface Mabanza, Koordinator der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika, gingen auf Freihandelsabkommen ein, die bislang öffentlich kaum diskutiert wurden: Die Economic Partnership Agreements (EPA) zwischen der EU und vor allem afrikanischen Staaten. Europäische und deutsche Unterhändler versuchen dabei, wirtschaftliche Interessen unter dem Denkmantel der Humanität durchzusetzen. Das macht deutlich, dass eine Veränderung der globalen Wirtschaftsbeziehungen eine Veränderung des zwischenmenschlichen Umgangs voraussetzt.
Weitere Kernaussagen dieses Workshops lauteten:
1. Durch die EPAs werden die bereits bestehenden Machtverhältnisse im internationalen System aufrechterhalten.
2. Um den Wohlstand global gerechter zu verteilen und unseren Planeten zu erhalten ist Verzicht unvermeidbar. Es bleibt die Frage: Wie kann gesellschaftliche Akzeptanz für ein neues Konsumverhalten geschaffen werden?
Demokratie braucht guten Journalismus
Der Workshop „Qualitätsjournalismus“ überzeugte mit der Botschaft: Ohne qualitativen Journalismus keine Demokratie! Im Zuge des digitalen Zeitalters können viele Menschen ihr Wissen und ihre Meinungen einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, das macht gut recherchierte Fakten und qualitativen Journalismus aber nicht überflüssig, sondern notwendig wie eh und je. Für die Zukunft müssen neue Finanzierungsquellen für einen unabhängigen und gut recherchierten Journalismus gefunden werden. Zu dieser Thematik und zu verschiedenen Anforderungen an den Journalismus sprachen David Schraven von Correctiv, ein Portal für Investigativen Journalismus und Dr. Maren Ulmer von Perspective Daily, ein Online-Medium für Konstruktiven Journalismus.
Plurale Ökonomik
Passend zu den Räumlichkeiten diskutierte der Workshop Plurale Ökonomik mit den Experten Prof. Dr. Dr. Helge Peukert, Professor für Finanzwirtschaft und Finanzsoziologie an der Universität Erfurt, Svenja Flechtner von der Europa Universität und Christoph Gran vom Vorstand Plurale Ökonomik, darüber, wie Ökonomie gelehrt wird und wie das Thema gelehrt werden sollte. Ihr Fazit lautete: Der Pluralismus beinhaltet zwar auch den Mainstream. Um wirklich plural zu sein muss aber eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Perspektiven stattfinden.
Wie weiter?
Lukas Beckmann, Vorstand der GLS Bank Stiftung, brachte die beiden spannenden Tage mit der richtigen Frage zum Abschluss: „Wie kann es nach so einem Wochenende nun weitergehen? Wiw schaffen wir es, uns so zu organisieren und zu vernetzen, dass wir gemeinsam eine Veränderung bewirken?“ Er plädierte vor allem dafür, dass „wir als Bürgerinnen und Bürger, die im Sinne des „Homo civilis et oeconomicus“ wirken, öffentlich sichtbar werden müssen, um eine gemeinsame Wirkungsgeschichte zu erzeugen, eine Orientierung anbieten und den öffentlichen Raum nicht einfach anderen überlassen.“
In Arbeit: Die Geldgipfel-Dokumentation
Dies ist nur eine kleine Auswahl von Themen und Fragen, die auf dem Geldgipfel 2016 besprochen wurden. Freut Euch auf eine umfassende Dokumentation der Vorträge und Workshops bis Ende Juni 2016.
Fotos: GLS Bank Stiftung, Fahnen: Lena Korte-Riepe, andere: Stephan Münnich
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