Sie war damals mit ihrem Mann auf der Suche nach einem Bett. „Nach Wald“ sollte es riechen und individuell gestaltet sein. So kam Veronika Hackl, heutige Geschäftsführerin von „Franz, der Bettenbauer“, an Raphael Lempert. In seinem Schreinerbetrieb wurde ihr Auftrag gerne ausgeführt. Damals suchte Raphael Lempert nach einem Lehrling, der zuvor als Geflüchteter nach Deutschland gekommen war. Und da Frau Hackl bei der Unternehmensberatung ICUnet im interkulturellen Bereich tätig war, sprach er sie an. Ob sie nicht jemanden kenne, der zu ihm passen könnte? Drei Tage später war die Idee des „Franz“ geboren und in einem fertigen Businessplan beschrieben.
„Franz“: Das ist nicht einer, sondern ein ganzes Team
„Franz, der Bettenbauer“ ist nicht nach einem Mitarbeiter benannt. Die Referenz zu einem bayrischen Franz mit ähnlichem Nachnamen ist zwar kein Zufall, aber vor allem lustig gemeint. Zum Startup aus Passau gehören Geschäftsführerin Veronika Hackl, Schreinermeister Raphael Lempert und noch vier weitere Mitarbeiter*innen. Ein kleines Team, das bereits Großes bewirkt hat.
Die bahnbrechende Idee von Veronika Hackl war es, ihre Liebe für nachhaltige, hochwertige Möbel mit der Integration von Geflüchteten zu verbinden. So können Schreiner, die selbst auch einen Geflüchteten einstellen und die Modelle fertigen können, für „Franz, der Bettenbauer“ Möbel bauen. Allein in Bayern blieben letztes Jahr 5500 Lehrstellen unbesetzt, weshalb dieser Ansatz einen produktiven Nutzen für die Wirtschaft umsetzt. Das Unternehmen will noch weiter wachsen. Die Franz-Zentrale übernimmt die Öffentlichkeitsarbeit, die Suche nach Geflüchteten sowie die Bearbeitung der Aufträge, die aus ganz Deutschland kommen können.
Grenzen müssen überwunden werden
Schnelles Wachstum ist jedoch nicht am wichtigsten. Veronika Hackl will Produkte und Integration, die beide langlebig sind. Die Menschen sollen in Deutschland Wurzeln schlagen. „Wurzel“ und „Holz“, wie wunderbar passend. Das Konzept kann nicht aufgehen, wenn Quantität vor Qualität steht. Also nimmt sich Veronika Hackl Zeit und arbeitet nebenbei auch weiterhin als Beraterin. „Bäume brauchen Zeit zum Wachsen“, sagt sie.
Wenn Aufträge aus anderen Ländern abgewickelt wurden, konnte Efrem bis Januar 2017 nicht mitkommen, weil sein Status lange Zeit offen war. Das Team von „Franz, der Bettenbauer“ wünscht sich von der Politik, solche Hürden zu überwinden. Viele geflüchtete junge Menschen kommen voller Elan nach Deutschland. Efrem fiel in seiner Flüchtlingsunterkunft besonders deshalb auf, weil er auch in seiner Freizeit herumwerkelte. „Strukturelle Integrationshürden müssen einfach genommen werden, dann geht das mit der Sprache und der Kultur auch viel einfacher“, findet das „Franz“-Team.
„Boarische“ Originale im Online-Tagebuch begleiten
Bei „Franz“ können die Kundinnen und Kunden sich einiges aussuchen. Das Design, die Holzart, die Maße und anderes mehr. Außerdem werden zukünftig auch andere Möbelstücke produziert. Eine Bank gibt es schon, ein Babybett demnächst. Einzelstücke und Sonderanfertigungen sind immer möglich – immerhin arbeitet man mit echten Handwerkern. Decken und Kissen aus Alpaka-Wolle gibt es auch im Sortiment. Charmant ist dabei die Individualität, auch bei der Ansprache. Wer möchte, kann sich die Angebote auch auf „Boarisch“ (und Englisch) anzeigen lassen. Zudem findet sich dort ein Holzlexikon vor, was die Seite umso liebevoller wirken lässt.
In dem Blog-Tagebuch beschreibt „Franz“ Efrems Ausbildungsalltag. Was er lernt – und andere auch. „Man sieht erstmal, wie viele Prozesse sich so eingeschleift haben und man denkt gar nicht mehr nach, wie schwierig das am Anfang für einen selbst war“, sagt Raphael Lempert. Handwerkliche Anwendungen und Sprachgebrauch müssen erst erlernt werden. Beides geht Hand in Hand. Das bedeutet auch, dass Efrem außerhalb der Arbeitszeiten vom restlichen Team unterstützt und begleitet wird. Er macht zusätzlich einen Deutschkurs.
Bettenbauer „Franz“ schon bundesweit bekannt
In Zukunft soll „Franz“ weitere Früchte tragen, so dass Geflüchtete eine Arbeitsstelle mit Perspektive finden. Kleine Unternehmen können eine Integration in den Arbeitsmarkt gut leisten, sagt Veronika Hackl. Und sie profitieren nicht nur von der motivierten Arbeitskraft, sondern auch von der Teilnahme am Projekt. Denn „Franz, der Bettenbauer“ ist eine Marke, die für Qualität, Nachhaltigkeit und soziales Engagement steht. In den Medien war „Franz“ bereits beim BR, in der Tagesschau, im Handelsblatt und in dem Wirtschaftsmagazin enorm vertreten und konnte so auf sich aufmerksam machen. Selbst Joachim Gauck hat Efrem schon die Hand geschüttelt und betont, bei der Integration müsse noch mehr passieren. „Franz“ bringe da bereits einen „großen Holzball ins Rollen“.
Fotos: Franz, der Bettenbauer
Schreibe einen Kommentar