„Für so einen Slogan fahre ich natürlich auch mal nach Münster!!“, meint Tine vom Foodblog Pott.Lecker.
Vor ein paar Monaten wurde ich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, im Rahmen der Blog-Kooperation der GLS-Bank, über den Laden „Natürlich unverpackt“ in Münster einen Artikel zu schreiben. Nun liegt Münster nicht im Ruhrgebiet. Ist schon richtig. Naja und eigentlich schreibe ich ja nur über Dinge, die im Ruhrgebiet passieren.
ABER – nachdem ich mir die Internetseite angeschaut und die Philosophie hinter dem ersten verpackungsfreien Lebensmittel- und Gebrauchsmittel-Markt in Münster durchgelesen hatte, war ich Feuer und Flamme.
Das Thema Verpackung ist schon seit längerem etwas, was mich teilweise wirklich auf die Palme bringt. Ich lebe in einem 2 Personen Haushalt und was wir an Müll produzieren, lässt mich manchmal wirklich fassungslos, mit dem Kopf schüttelnd, an der Mülltonne stehen. Besonders das Thema Plastik spielt hier eine übergeordnete Rolle. Wer einmal den Film „Plastic Planet“ gesehen hat, weiß, dass wir so nicht mit unserem Plastikverbrauch weitermachen können. Ich habe damals völlig überstürzt das Experiment ins Leben gerufen: „Ich kauf keine Plastik mehr!“. Tja, ich musste relativ schnell feststellen, wie dumm und naiv ich eigentlich an dieses Thema rangegangen bin. Statistiken sagen, dass wir in Deutschland jährlich pro Kopf ca. 110-120 kg an Plastikverpackungen „verbrauchen“. Mal eben darauf verzichten, ist hier also nicht so einfach umzusetzen.
Ich habe mich dem ganzen Thema dann schrittweise genähert.
Schritt 1: Kompletter Verzicht auf Plastiktüten beim Einkaufen! Und was soll ich sagen? Schwer ist das nun wirklich nicht.
Weiterhin versuche ich, bewusster einzukaufen. Ich muss aber leider sagen, dass die gängigen Supermärkte es einem hierbei nicht immer einfach machen und verstehe nicht, warum man Produkte, die schon von Natur aus eine ideale Verpackung mitbringen, zum Beispiel Bananen, nochmals in Plastik verpacken muss. Das versteh ich nicht und auch mit den besten Argumenten der Verpackungsindustrie werde ich dies nicht verstehen.
Da kommt die Idee von einem „etwas anderen Lebensmittelmarkt doch gerade recht! Denn der Markt „Natürlich unverpackt“ versucht komplett auf Verpackungsmüll zu verzichten und gibt dem Kunden die Möglichkeit, Lebens- und Verbrauchsmittel in eigenen Behältern abzufüllen und davon auch nur, so viel man möchte. Die 1 kg große Mehltüte gibt es hier also nicht zu kaufen.
Eröffnung wurde am 05. November 2015 gefeiert. Ist also alles noch ganz frisch.
Verabredet bin ich mit der Inhaberin, Anja Minhorst. Anja ist Diätassistentin und Diplom-Biologin. Ihre Diplomarbeit drehte sich um das Thema „Meeresschutz“. Mit einem kleinen Grinsen sagt sie im Gespräch, dass sie jetzt ja auch eine Art von Meeresschutz betreibt. Im Meer schwimmt schließlich 6mal mehr Plastik als Plankton, sagt sie.
Inspiriert wurde sie von einem Laden in Berlin, der ein ähnliches Konzept verfolgt und die Idee eines verpackungsfreien Lebensmittelladens ließ sie nicht mehr los. Nach ersten Recherchen zu diesem Thema, stieß sie auf einen gleichgesinnten Laden in Kiel, der gerade bei den vielen Gründungsfragen eine Unterstützung für Anja Minhorst war. „Man kennt sich untereinander in dieser Branche“, sagt sie und wir unterstützen uns gegenseitig.
Das Startkapital wurde über eine Crowdfunding Kampagne vorfinanziert. Die endgültige Finanzierung lief dann aber über die GLS Bank. Und hier schließt sich wieder der Kreis. Im Rahmen der erwähnten Blog-Kooperation der GLS Bank schreiben Blogger und Bloggerinnen über Projekte und Gründungen, die durch die GLS Bank (mit-)finanziert wurden. Und ich darf euch heute mit nach Münster nehmen!
Mein erster Gedanke beim Betreten des Ladens war, wie hell und aufgeräumt es dort ist. Die Regale sind allesamt aus Holz gebaut, was den Laden sehr gemütlich wirken lässt.
Ich wusste am Anfang gar nicht, wo ich anfangen sollte zu stöbern. Es hat mich aber direkt in die Hygieneabteilung verschlagen. Vor ein paar Jahren habe ich mal eine Dokumentation über eine Familie gesehen, die versuchte, komplett ohne Plastik zu leben. So in etwa wie mein erstes Experiment, nur etwas durchdachter 😉 An einem Punkt ist das „Experiment“ aber fast gescheitert. Und zwar an der Zahnbürste. Die Familie hatte große Probleme eine Zahnbürste ohne Plastikgriff zu finden. Hier in Münster werde ich aber fündig. Und nicht nur das. Es gibt passend dazu auch noch die Zahnputztabletten. Ich wusste bis dato gar nicht, was das ist. Benutzt wird es aber ähnlich wie die Zahnpasta, nur dass diese vorher aufgeschäumt werden müssen.
Neben dem Zahnputzequipment gibt es aber auch noch Seifen zur Abfüllung, Duschgel, Shampoo und was mich besonders begeistert hat, war das Deo zum selberabfüllen. Ich hab natürlich überall meine Nase reingesteckt und Lotionen ausprobiert und ich kann nur sagen, dass sich alle Produkte gut angefühlt und einen schönen Duft hinterlassen haben.
SO! Nach meinem ersten Rundgang durch den Laden wollte ich nun aber aktiv werden und unbedingt mal was selber abfüllen und steuerte geradewegs auf die Cerealien zu. Hier gibt es eine große Auswahl, von Haferflocken über Quinoa, Reis, Weizenkörner, Dinkelkörner, Bulgur, Couscous, Müslisorten, gemahlener Weizen und und und.
Nach kurzem Überlegen, habe ich mich dann für Couscous entschieden. Couscous ist nämlich ein Produkt, das nicht so oft bei uns zu Hause auf den Teller kommt. Und im Supermarkt steh ich dann meistens vor einer ganzen Packung Couscous und lass sie meistens stehen, weil es mir einfach zu viel ist und die Verpackung dann wieder 2 Jahre im Schrank vergammelt. Hier bekomme ich aber genauso viel wie ich gerne möchte.
Als ich dann vor dem Couscous stehe, sehe ich die Infotafel, die mich freundlich darauf hinweist, meine mitgebrachten Gläser zu wiegen. Mitgebrachte Gläser? Ja, da war was und genau in dem Moment fällt mir ein, dass ich meine Mitbringboxen zu Hause vergessen habe. Die stehen schön auf dem Küchentisch.
Ich schein aber nicht die Einzige zu sein, der sowas passiert und für all diejenigen, die keine eigenen Behälter dabei haben, ist vorgesorgt. Man kann gegen einen kleinen Aufpreis Weckgläser in allen Größen und Arten erwerben oder man füllt sich den Reis einfach in eine Papiertüte ab.
Ich hab mich für die Weckglas-Variante entschieden. Neben dem Couscous habe ich mir noch Gemüsebrühe mitgenommen. Und von allem nur so viel, wie ich wirklich benötige. „Gerade Singlehaushalte nehmen diese Art des Einkaufens stark an“, sagt Anja. Ansonsten ist das Publikum aber durch die Bank gemischt. Vom Hausmann bis zur Geschäftsfrau. Ältere Kunden vergleichen ihren Laden gerne auch mal mit dem klassischen Tante Emma Laden von früher. Obwohl dieser Laden hier noch viel viel mehr ist!
Das Abfüllen in die Gläser ist dann kinderleicht und macht mir persönlich einfach mehr Spaß, als „nur“ ins Regal zu greifen.
Bei allen Frische-Produkten wird darauf geachtet, dass sie von örtlichen Bauern aus der Region kommen. Immer ist das natürlich nicht möglich. Ansonsten wäre die Gemüse- und Obstecke im Winter nur dünn besetzt. Aber auch bei den Lebensmitteln, die von weiter weg kommen, wird darauf geachtet, dass sie aus einem ökologischen Landbau bezogen werden. Ich finde, das sieht und schmeckt man auch.
Gerade beim Grünkohl finde ich, ist es ein großer Unterschied, ob dieser frisch am Strunk verkauft wird oder schon ein paar Tage im Plastiksack im Supermarkt gelegen hat.
Obst, Gemüse und Brot, welches nicht mehr an den Kunden verkauft werden kann, wird übrigens gespendet. Auch hier ist der Aspekt der Nachhaltigkeit groß geschrieben. Denn es bedeutet nicht nur so wenig Verpackung wie möglich zu erzeugen, sondern auch so wenig wie möglich von den Lebensmitteln wegzuwerfen.
So kommt 3 mal die Woche der „Gute Hirte“ vorbei und holt diese Lebensmittel ab. Der „Gute Hirte“ ist eine Einrichtung aus Münster, welche Kita, Kloster und soziale Einrichtung in einem ist.
Ich bin übrigens mehrmals durch den Laden gelaufen und bei jedem Rundgang ist mir was Neues ins Auge gestochen, was mir beim Rundgang davor gar nicht aufgefallen war.
So gibt es zum Beispiel eine tolle Auswahl an Nüssen und Biersorten und sogar Wein wird verkauft. Und das sogar in der Mehrwegpfandflasche und vegan ist der Wein auch noch.
Und noch ein kleiner Tipp an Rande. Der Laden eignet sich nicht nur wunderbar zum selber einkaufen, sondern man kann auch ganz tolle Geschenke dort zusammenstellen. Gerade in der Weihnachtszeit war der Bereich mit den verschiedenen Öl- und Essigsorten sehr beliebt. Oder man stellt verschiedene Pasta Sorten zusammen. Der Geschenkekreativität sind hier keine Grenzen gesetzt.
Und nach dem Einkauf kann man sich noch auf einen Kaffee in die gemütliche Sitzlandschaft fletzen. Neben Kaffee gibt es aber auch von Montag bis Freitag einen Mittagstisch und am Samstag gibt es verschiedene Frühstücksangebote.
Als Mittagstisch gibt es eine täglich wechselnde Tagessuppe für 4,80€. Finde ich übrigens preislich sehr fair, denn ein Nachschlag ist beim Preis schon mit eingerechnet. Anja kocht übrigens jeden Tag selber und natürlich mit den Produkten aus ihrem Laden. Alles also super frisch und von Bioqualität. Als ich zu Besuch war, gab es eine Mangoldsuppe mit Kichererbsen. Lecker!!!
Es war ein richtig schöner Nachmittag bei Anja Minhorst und ich hätte wirklich noch Stunden sitzenbleiben können. [Der Kaffee dort ist übrigens auch eine ganz große Empfehlung!] Und auch wenn Münster nicht zum Ruhrgebiet gehört, war es doch bestimmt nicht das letzte Mal, dass ich ihrem Laden einen Besuch abgestattet habe. Das nächste Mal aber dann mit den eigenen Mitbringboxen!
Ein zweiter oder dritter Besuch lohnt sich aber vor allem, weil das Sortiment immer weiter aufgestockt wird und ich bin gespannt, welche Produkte noch ihren Weg in das „Natürlich unverpackt“ finden.
FAZIT 1: Pro Kopf werden in Deutschland in einem Jahr 76 Plastiktüten benutzt und nur 6,6% werden davon recycelt. Wenn nur die Hälfte der Leute, die diesen Artikel lesen, einfach mal versuchen auf Plastiktüten beim Einkaufen zu verzichten, würde mich das schon sehr glücklich machen.
FAZIT 2: Ich hoffe, dass diese Art von verpackungsfreien Lebensmittelmärkten keine Einzelfälle in Münster, Berlin oder Kiel bleiben.
POTT.Lecker
ist das Blog von Kristina Grasmann. sie ist ein absolutes „Ruhrpottmädchen“. In ihrem Blog geht´s um leckeres Essen aus dem Ruhrgebiet. Das heisst, sie schreibt über tolle Restaurants, Kneipen, Pommesbuden, aber auch über selbst Gebackenes und selbst Gekochtes. Allet watt eben lecker is!
Fotos: Copyright Pott.lecker
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