GLS Mitarbeiterin Andrea Wollenweber und ihre Familie wagten ein Experiment.
Wie ist es, einen völlig fremden Jugendlichen ins Haus, an den Tisch, unter den Weihnachtsbaum einzuladen? Wie ist das, wenn da immer jemand ist, der eine andere Sprache spricht, der die Familiengepflogenheiten nicht kennt und der vielleicht Heimweh hat? Was ist, wenn man gar nicht zusammen passt und die „Chemie“ einfach nicht stimmt? Als Familie, die das erste Mal einen Schüler aus dem Ausland aufnimmt, beschäftigt man sich mit diesen und vielen anderen Fragen.
Es ist ein Experiment. Und wir haben es gewagt. Seit Anfang September haben wir vier Kinder – drei eigene und eines auf Zeit. Unser Gastsohn wird bis Juli unsere Familie komplettieren. „Dass ihr euch das antut“, „Das ist aber riskant, was, wenn ihr euch nicht versteht?“, so oder so ähnlich reagierte unser Umfeld. Aber auch: „Das ist ja toll!“, „Das würden wir auch gerne machen, wenn wir Platz hätten, Zeit hätten, mehr Geld hätten, unsere Kinder schon größer/noch nicht so groß wären.“
Natürlich kann ein Experiment schief gehen, natürlich gibt es immer Argumente, die dagegen sprechen,etwas Neues zu probieren. Aber es ist auch spannend, aufregend, fordernd.
Experiment e.V. ist die Plattform für unser Experiment und die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser gemeinnützigen, 1952 in Deutschland gegründeten Organisation aus Bonn haben uns mit einem wunderbaren jungen Mann aus Italien ein wenig von unserer vielfältigen Welt nach Hause gebracht. Wir durften erfahren, dass es möglich ist, jemanden, den man nie zuvor gesehen hat, nach einer Weile nicht nur am Esstisch sitzen zu haben, sondern wirklich ins Herz zu schließen. Mitzuerleben wie sich die deutsche Sprache entwickelt, Freundschaften geschlossen werden, wie sich der Tagesrhythmus an die neue Umgebung anpasst, wie kochen, feiern und diskutieren auf italienische Art geht – einfach meraviglioso (wunderbar).
Jeder kann Gast“familie“ sein, Familien mit oder ohne Kinder, Alleinstehende mit oder ohne Kinder, gleichgeschlechtliche Paare. Religion, Herkunft, sozialer Status spielen keine Rolle. Wichtig ist allein der Wunsch, das Herz zu öffnen und die Welt hinein zu lassen. Wer dieses persönliche Experiment wagen möchte, findet auf der Homepage von Experiment e.V. alle notwendigen Informationen. Gastfamilien für zwei Wochen bis zu elf Monaten werden immer sehr dringend gesucht. Manchmal muss man sich nur einen kleinen Ruck geben, um sich auf ein Experiment einzulassen.
Wir wünschen uns, dass unser italienisches Kind uns auch in Zukunft als SEINE zweite FAMILIE sieht, dass wir unsere Leben weiter begleiten – wenn auch aus der Ferne -, und dass beide Familien in Freundschaft verbunden bleiben. Für uns ist es bestimmt nicht das letzte Mal, dass wir einen Sohn oder eine Tochter aus dem Ausland bei uns aufnehmen. Es ist einfach eine Bereicherung – für beide Seiten.
Man kann sich wohl in einer Idee irren, man kann sich aber nicht mit dem Herzen irren.
F.M. Dostojewski
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