Kontrolle ist gut. Vertrauen ist besser – Gastbeitrag vom Wirtschaftsmagazin enorm

In der globalisierten Wirtschaft wird Vertrauen immer wichtiger. Unternehmen, die die Wünsche der Menschen ernst nehmen, können profitieren. Aber auch die Kunden müssen etwas lernen: Gelassenheit

Kurzfassung

enorm_teaserJeden Dienstag erlebt Fuhlenhagen, ein beschauliches Dorf in Schleswig-Holstein, eine Invasion. In ihren Kombis und Vans kommen sie angefahren aus dem 40 Kilometer entfernten Hamburg und dessen Speckgürtel, aus Geesthacht, aus Glinde und Ratzeburg, alte und junge Menschen, allein, zu zweit oder mit den Kindern. An der Dorfstraße folgt ein Bauernhofgelände auf das nächste. Warum biegen die Autos ausgerechnet bei diesem, beim Buschberghof ab? Die roten Klinkerbauten, die grünen Scheunentore, der gepflasterte Vorplatz mit der grünen Wiese, so sehen die anderen Höfe auch aus. Kein Schild weist darauf hin, dass hier irgendetwas besonderes passiert. Doch dann, wenn man die Autotür öffnet, der Duft! Es riecht nach frischem Brot. Komplex und intensiv riecht es, erdig irgendwie, ein bisschen nach Moos, aber auch nach Butter und Rauch. Es ist, als hätte dieser Duft die Menschen in ihren Wagen die Autobahn und Landstraßen entlang hierher gezogen, und das stimmt auch, zum Teil zumindest. Denn da ist noch etwas anderes, etwas, das die Menschen noch stärker anzieht, was aber ähnlich schwer zu beschreiben ist, wie ein Duft, weil es ähnlich flüchtig und diffus ist. Ein Gefühl, für jeden anders, obwohl alle wissen, was damit gemeint ist: Vertrauen.

Vertrauen wird oft als Schmiermittel der Wirtschaft bezeichnet. Denn welches Produkt jemand kauft und welches nicht, ist eine Frage des Vertrauens. Vertraue ich darauf, dass die Ware meine Erwartungen befriedigt? Dass die Kunden diese Frage mit „Ja“ beantworten, ist für Firmen entscheidend. Deshalb werben Banken und Versicherungen, Industrieunternehmen und Dienstleister darum wie Freunde oder Liebespartner. Vertraue mir, sagen Anzeigen und Kampagnen, ich meine es gut mit dir, schließlich ist „Vertrauen der Anfang von allem“ (Deutsche Bank). Und habe keine Angst, die ganze Welt vertraut uns ja schon (Bayer), ja, wir schaffen sogar Vertrauen (Schufa).

Oft werben diejenigen am meisten darum, die unter Vertrauensverlust leiden. Denn tatsächlich sinkt das Vertrauen in die Wirtschaft und das Misstrauen steigt. Das ist das Ergebnis aller Studien zum Thema Verbrauchervertrauen und das gilt auch für die industrielle Lebensmittelproduktion. Auch deswegen machen sich jeden Dienstag so viele Menschen auf den Weg zum Buschberghof.

Dort gibt es nicht nur frisch gebackenes Brot, sondern auch Obst, Getreide, Milch und viele andere Produkte. Die Menschen können in Ruhe zusammensuchen, was sie brauchen. Die Schnäppchenjagd fällt aus, bezahlt ist nämlich schon. Jedes Jahr berechnen die Landwirte, die sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen haben, im Voraus, wie viel Geld sie für den Betrieb des Buschberghofes benötigen. Im Schnitt zahlen die Mitglieder der Wirtschaftsgemeinschaft etwa hundert Euro pro Person. Solidarische Landwirtschaft nennt sich das Ganze, und diese würde wie ein Luftschloss zusammenfallen, wenn nicht jeder in der Gruppe jedem vertrauen würde. Wie ein Luftschloss, in dem jemand den Stöpsel zieht. Es steht aber. Seit 1989.

Dass Vertrauen bei den Kunden gut ankommt, haben inzwischen auch Großunternehmen gemerkt. Durch Globalisierung und Krisen haben viele Konzerne ihre Glaubwürdigkeit verloren. Nun versuchen sie, mit regionalen Angeboten neues Vertrauen zu gewinnen. Ganz deutlich ist das bei Edeka zu sehen. Die Supermarktkette inszeniert sich in der Werbung nicht als der größte Verbund im deutschen Einzelhandel mit 328 000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 46 Milliarden Euro, sondern vielmehr als eine Art deutschlandweiter Tante-Emma-Laden. Und „am liebsten“, so heißt es in einem Fernsehspot, beziehe der seine Ware „nicht von ungefähr“, sondern „aus der Region“. Verbraucherschutzorganisationen wie Foodwatch kritisieren allerdings, dass der Begriff „regional“ nicht gesetzlich definiert ist. Was regionale Waren sind, definiert also jeder Anbieter selbst. Für den Verbraucher ist es oft schwer, nachzuvollziehen, was dahinter steckt.

In einer globalen Welt ist absolute Kontrolle nicht möglich. Gerade deshalb werde Vertrauen immer bedeutender, sagt Psychologe Martin Schweer. „Wenn wir die Möglichkeit haben, Verantwortung abzugeben, wird uns das Leben erleichtert. Dafür müssen wir uns aber besonders auf vorhandene Kompetenzen und Glaubwürdigkeit, auf Berechenbarkeit und Transparenz des anderen verlassen können.“ Das gilt nicht zuletzt für die Nahrungsmittelindustrie.

Den vollständigen Beitrag von enorm-Autor Constantin Wißmann lest ihr in enorm 03/2015.

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3 Antworten zu „Kontrolle ist gut. Vertrauen ist besser – Gastbeitrag vom Wirtschaftsmagazin enorm“

  1. Avatar von Patrick

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    Vertrauen ist in allen Bereichen des Lebens wichtig. Das Vertrauen in viele Institutionen ging leider in der letzten Zeit verloren. Dies muss aufhören. Ich denke, es ist jedoch nicht nur eine Bringschuld der Institutionen-, sondern auch eine Holschuld der Verbraucher.

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