Wer sind die Pioniere 3.0?

Der Generationenwechsel in der Biobranche

@vollcornerMit Spaß an der Sache, Überzeugungskraft und Unternehmergeist – das ist das Ideal des jungen Pioniers von heute. Nicht leicht hat er oder sie es, sich neben und unter all den Erfahrenen einen Platz zu erarbeiten. Denn der Markt ist groß, reif und gesättigt.

Der jetzt nach 30 Jahren anstehende Generationenwechsel in Landwirtschaft und Biohandel war Thema einer von der GLS Bank initiierten Podiumsdiskussion auf der diesjährigen BioFach Messe in Nürnberg. Mit dabei für die GLS Bank waren Uwe Greff, GLS Bank und BioBodenGesellschaft, und Cornelia Roeckl, Branchenkoordinatorin Ernährung. Stefan Voelkel (Voelkel Juice GmbH), berichtete aus der Perspektive des „loslassenden Pioniers“. Sven Weißenbach, Knollmannshof GbR, teilte als „junger Pionier“ seine Erfahrung der Übernahme des elterlichen Landwirtschaftbetriebs. Klaus Braun sprach aus der Sicht des langjährigen Begleiters und Beraters des Naturkosteinzelhandels.

Die Müsliecke ist verlassen

Im Zeitalter der Naturkostsupermärkte, des breiten Sortiments an Bioprodukten im klassischen Lebensmitteleinzelhandel und einer kritischen Verbraucherwahrnehmung („Was ist noch bio?“), steht ein tiefgreifender Wandel an. Er wird große Veränderungen in der gesamten Wertschöpfungskette vom Landwirt bis zum Händler mit sich bringen. Viele Akteure sind darauf nicht ausreichend vorbereitet.
Dabei trifft „Alt“ auf „Jung“. Unendlich viele Start-Ups sprießen derzeit aus dem Boden. „Warum gründen so viele Neues, wenn doch schon so vieles da ist?“, fragt Uwe Greff. „Von Anfang an etwas selbst gestalten von A bis Z, und vor allem maßgeschneidert auf die eigene Persönlichkeit“, so charakterisiert Cornelia Roeckl den neuen, jungen Gründer Typus. Im Vergleich zu den „alten“ Pionieren startet die heutige Generation durchschnittlich eine Generation jünger; Herausforderungen und Möglichkeiten des digitalen Zeitalters führten bei den jungen Menschen zu einer anderen Motivation und zu anderen Chancen, beschreibt Klaus Braun zwei wesentliche Unterscheidungsmerkmale.

Weiterentwickeln mit Phantasie

„Was ist mit dem vorhandenen wertvollen Gedankengut der Eltern, Großeltern, Urgroßelter…?“, fragt Stefan Voelkel. Seine vier Söhne leiten gemeinsam mit dem Vater das von Margret und Karl Voelkel gegründete Unternehmen. Entgegen der Anregung des Vaters entschieden sich die vier dagegen, „in die weite Welt“ hinauszugehen und dafür in das Familienunternehmen einzusteigen. “Nun entwickeln sie mit ihren jugendlichen „crazy“ Ideen das Unternehmen ähnlich einem „Start-Up“ weiter, so Stefan Voelkel. Ergebnis dieses Ansatzes ist beispielsweise die Limonadenserie BioZisch. Langfristig planen die vier Jungunternehmer mit ihrem Vater die Weiterwentwicklung ihres Unternehmens – und auch ihres Geldes. Dafür gründeten sie eine Stiftung, die zu 90% Familien- und zu 10% gemeinnützige Stiftung ist. Für die Söhne ist nicht der eigene Profit Ansporn für die Weiterentwicklung des Unternehmens, sondern der Spaß an der Sache.

Neue Besen kehren gut

Auch bei Familie Weißenbach haben zwei der drei Söhne, Sven und Jens Weißenbach, den Demeter-Betrieb des Vaters übernommen. Die Übergabe haben sie nun erfolgreich abgeschlossen, begleitet von einigen Diskussionen. „Die nachfolgende Generation hat oftmals neue Ideen, die für den Gründer nicht immer gleich nachvollziehbar sind“, berichtet Sven Weißenbach aus eigener Erfahrung. Für manche Situation brauche man dann auch einen Vertrag. „Beginnt man rechtzeitig und offen miteinander zu diskutieren und den Rat von Außenstehenden hinzuzuziehen, ist der Weg für einen guten Übergabeprozess geebnet.“ „Spätestens im alter von vierzig Jahren muss man sich Gedanken um die Nachfolge machen“, ergänzt Cornelia Roeckl.

Kreativ mitgestalten

Damit die Branche den Generationswechsel gut übersteht, braucht es auf der einen Seite also Vorreiter wie Stefan Voelkel, die – mit den Worten von Klaus Braun – ihr „Baby loslassen“ können und rechtzeitig den Prozess vorbereiten. „Vor allem braucht es jedoch die junge Generation, die bereit ist, aus einem inneren Impuls heraus eine Idee weiterzuentwickeln und keine Angst vor „großen Zahlen“ hat, erklärt Sven Weißenbach.

Das Geld steht dabei nicht an erster Stelle. Denn egal ob Finanzierung einer neuen Idee oder einer Nachfolgeregelung, laut Cornelia Roeckl gibt es bei der GLS Bank für jede Herausforderung auch einen finanzielle Lösung. Allerdings dürfe sich ein Startkredit, egal in welcher Höhe, für den Jungunternehmer nicht wie ein „Hemmschuh“ anfühlen. „Worauf es ankommt, sind kompetente Persönlichkeiten, die aus Überzeugung ihre Vorstellungen in die richtigen Bahnen leiten können, die gut beraten sind und mit vollem Tatendrang an die Sache herantreten.“

 

Mehr Infos

Die GLS Bank finanziert seit ihrer Gründung ökologische Landwirtschaft und Biohandel. Beispiele findet ihr unter www.gls.de/ernährung

Foto: Copyright VollCorner Biomärkte

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