Unser Vorstand Andreas Neukirch hat gestern Abend in Frankfurt ein Implusreferat zum Thema „Nachhaltigkeit und Rendite“ gehalten. Seine Anregungen wurden anschließend eifrig diskutiert. Was sagt Ihr dazu?
„Nachhaltigkeit und Rendite – Allein diese Formulierung hat mich einen Moment stutzig gemacht, dann sehr erfreut. Denn in der Regel wird uns die Frage in einer anderen Variation gestellt: Nachhaltig oder Rendite. Dass beide Themen in Einklang stehen können, ist für viele Menschen noch unvorstellbar.
Das Wörtchen oder suggeriert die prekäre Annahme, Nachhaltigkeit und Rendite würden sich kategorisch ausschließen. Das Wörtchen und hingegen verdeutlicht, dass beide verbunden werden können.
Viel gravierender ist die dahinterliegende Suggestion, dass wir einzig und allein durch Rendite angetrieben würden. Die Steigerung ist, dass uns vorgegeben wird, wir dürften nur handeln, wenn die wirtschaftliche Rendite stimme. Und hier müssten unsere Sorgenfalten tiefe Furchen bekommen: Denn mit dieser Einstellung wird der Eindruck erweckt, wir würden ausschließlich dann handeln, wenn wir wirtschaftlichen Erfolg erwarten können.
An dieser Stelle könnte ich eigentlich enden. Was in meinen Augen der kritische Punkt ist, wurde bereits deutlich. Nun möchte ich die Aufmerksamkeit auf Bereiche lenken, in denen wirtschaftliche Rendite keine Rolle spielt.
- Nehmen wir mal an, Ihr beobachtet den hiesigen Stadtmarathon und feuert gar die Läufer an.
- Nehmen wir mal an, Ihr seht Menschen, die an vielen spannenden Seminaren teilnehmen und Fortbildungen besuchen.
- Nehmen wir mal an, Ihr entdeckt einen Gärtner, der abends zufrieden seine Tagesmüh betrachtet.
Der Antrieb hier ist mit Sicherheit nicht Geld! Sondern die Früchte der Arbeit sind das gute Gefühl, etwas geschafft zu haben. Werfen wir nun einen Blick in die Finanzwelt und den dort im Moment noch vorherrschenden Rollen:
In vielen Banken erhalten die Mitarbeiter auch heute noch strenge Zielvorgaben. Zielvorgaben bezüglich der Anzahl der abzuschließenden Verträge, Zielvorgaben hinsichtlich der zu erreichenden Volumina. Das Wie erhält eine nachrangige Position. Durch diesen Umstand arbeiten diese Mitarbeiter unter einem kontinuierlichen Druck. Sie werden dazu verleitet persönliche Werte außer Acht zu lassen und ihr Vorgehen ausschließlich an finanziellen Parametern zu orientieren.
Die Vorgesetzten dieser Bankmitarbeiter unterliegen den gleichen Zielvorgaben. Sie selbst werden an eben diesen gemessen. Folgerichtig delegieren sie den Erfolgsdruck an ihre Mitarbeiter. Im Endeffekt bedeutet dies für den Kunden, dass ihm, Ihnen, bei der „sogenannten“ Beratung Produkte angeboten werden, die nicht Ihren Bedürfnissen entsprechen. Ob sie mit ihren persönlichen Lebenseinstellung im Einklang stehen, dass spielt hierbei absolut keine Rolle.
Diese Vorgehensweise dient der Erfüllung des Mantras, wir dürften nur bei Renditeaussichten handeln. Und das spricht selbstverständlich gegen Nachhaltigkeit.
Möchten wir Geld anlegen, ist die gesellschaftlich akzeptierte Annahme – heute –, dass wir uns zwischen drei Fragestellungen entscheiden sollen: Risiko, Liquidität und Rendite. Diese drei Eckpunkte markieren das sogenannte Magische Dreieck der Beratung im Finanzwesen. An dieser Stelle möchte ich ein Beispiel nennen, das verdeutlich wie stark Menschen die Relation zwischen Risiko, Rendite und Liquidität verloren haben:
Unmittelbar vor der Finanzkrise versuchte die EZB mit hohem Zins die Inflation abzufangen. Dies wirkte sich ebenfalls auf Tagesgeldkonten aus. Also Konten, die praktisch über kein Risiko verfügen und sehr liquide sind. Dem Dreieck zufolge müssten die Zinsen dadurch eigentlich niedriger liegen. Das war nicht der Fall. Welche Lehren ziehen die Menschen daraus? Rendite geht auch ohne Risiko! Niemand darf sich wundern, dass Bankkunden riskante von sicheren Anlagen kaum mehr unterscheiden können oder nicht verstehen, wie sich Zinsen eigentlich zusammensetzen.
Nachhaltigkeit – in anderen Worten der Sinn der Geldanlage – spielt in diesen Überlegungen kaum eine Rolle. Wenn, dann erst im Nachgang. Aber ist eine nachhaltige Ausrichtung nicht erst Recht ein Erfolg? Ein Erfolg, durch die Übereinstimmung mit unseren persönlichen Werten überhaupt erst entstehden kann? Lassen wir unser Geld gedankenlos auf irgendeinem Tagesgeldkonto liegen, finanziert es vielleicht die Rüstungsindustrie oder fließt in Kredite in Unternehmen, die Menschenrechte missachten. Ist dieses Denken heute noch zeitgemäß? Wie können wir dieser Spirale entrinnen? In dem wir unsere Entscheidungen im ersten Schritt am Sinn messen!
Bisher interessiert es scheinbar nicht, wo die Bank unser Geld einsetzt. Doch empören wir uns über die Zustände der Kleidungsindustrie in Bangladesch und die Spekulationen mit Nahrungsmitteln. Oder verurteilen den Einsatz von Streubomben. Mit diesen Widersprüchen im Hinterkopf stellen sich mehr und mehr Menschen die Frage: Was passiert mit meinem Geld?
Bei der GLS Bank nennen wir dieses Umdenken den bewussten Umgang mit Geld. Vor den drei Aspekten Rendite, Risiko und Liquidität erhält eine vierte Dimension Einzug in die Entscheidung für oder gegen eine Geldanlage: Der Nachhaltigkeitsaspekt – der Sinn, wofür ich das Geld einsetzen will.
Wir und auch unsere Kunden nehmen es nicht einfach hin, dass uns niemand verraten möchte, wo das Geld schlussendlich seinen Einsatz findet. Stattdessen setzen wir uns mit der Verwendung des Geldes auseinander. Wir veröffentlichen die neuvergebenen Kredite und erfahren aus den Rückmeldungen unserer Kunden immer wieder, mit welch großem Interesse die Kreditlisten gelesen werden.
Dieser offenen Umgang, diese bewusste Beschäftigung ermöglicht endlich wieder, dass wir die für nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung notwendigen, originären Motive – nämlich wie wir leben wollen – zur Geltung bringen.
Nachhaltigkeit und Rendite – kein Widerspruch, sondern eine vorausschauende Idee!“
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