Die Smart Genossenschaft bietet Soloselbstständigen einen verlässlichen Rahmen. Die Diversität der Mitglieder erhöht die Stabilität der Gemeinschaft. Gerade in Krisenzeiten erweist sich hier Vielfalt als Stärke.
von UIrike Wronski
Die meisten Soloselbstständigen lieben ihre Freiheit. Gleichzeitig fehlt ihnen oftmals eine gute Absicherung – gegen Risiken wie unregelmäßige Einnahmen, bürokratische Hürden und Altersarmut. Um diese Lücke zu schließen, gründeten Magdalena Ziomek und Alicja Möltner gemeinsam mit anderen Überzeugten vor gut zehn Jahren die Smart Genossenschaft. Von ihrem Büro in Berlin aus bieten sie den Mitgliedern die Möglichkeit, ihre selbstbestimmte Arbeitsweise mit der klassischen Anstellung zu kombinieren.

Du bist gefragt
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Magdalena Ziomek: „Vor der Gründung der Genossenschaft haben Alicja und ich 400 Soloselbstständige im Jahr beraten. Das hat uns gezeigt: Was die Leute eigentlich brauchen, ist eine solidarische Struktur, die ihnen Sicherheit gibt.“
Knapp vier Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten als Soloselbstständige. Dieser Gruppe fehlt es an politischer Rückendeckung, dabei sind die Berufe, mit denen Menschen soloselbstständig sind, so vielfältig wie relevant:
Musikerinnen und IT-Fachleute zählen ebenso dazu wie Fliesenlegerinnen oder Tagesmütter und -väter.
Alicja Möltner: „Selbstständige sind in Deutschland im Vergleich zu Angestellten in vielerlei Hinsicht strukturell benachteiligt. Sie bekommen schwerer Mietverträge und Kredite und im Falle einer Schwangerschaft auch kein Mutterschaftsgeld.“
Mit der Anstellung in der Genossenschaft verschwinden solche Hürden. Möglich ist das für all jene, die freiberufliche oder gewerbliche Dienstleistungen erbringen, ohne dass sie eine Zulassung benötigen. Als Arbeitnehmerinnen der Smart eG sind sie sozialversichert und bekommen ein Gehalt, das sich an ihrer Auftragslage orientiert. Die Akquise von Aufträgen liegt weiter in der Verantwortung der Mitglieder. Sie verhandeln auch die Verträge mit ihren Kundinnen. Was administrativ aber entlastet: Das Verwaltungsteam der Genossenschaft schreibt Rechnungen – auch ins Ausland –, mahnt säumige Kund*innen und führt Steuern und Sozialabgaben ab. Für Leistungen wie diese behält die Genossenschaft 9 Prozent der Nettoeinnahmen jedes Mitglieds ein. Beim Eintritt kaufen die Mitglieder für 50 Euro einen Anteil an der Genossenschaft. Sämtliche Gewinne verwendet die Gemeinschaft für die Erweiterung ihrer Angebote. So ermöglicht sie, was sich ihre Mitglieder als Einzelne nicht ohne Weiteres leisten könnten. Wekas Gaba ist seit sieben Jahren dabei. Er unterrichtet Deutsch als Fremdsprache, baut Webseiten, bezeichnet sich als Universalisten.
Wekas Gaba: „Für Menschen wie mich, die kreativ sind und Projektarbeit machen, ist das hier eine super Sache. Ich brauche mich nicht um die Rechnungsstellung und Steuervorauszahlungen kümmern. So bleibt mein Kopf frei für das Wesentliche.“
Anfang des Jahres hat Gaba dank dieses Freiraums die Sprachschule „Genau Genau“ gegründet. Mit seiner Arbeit für andere Sprachschulen erwirtschaftete er bei Smart ein Budget. Er ließ sich weniger Gehalt auszahlen und legte einen Teil zurück. So kann er es sich jetzt erlauben, einen eigenen Kundenstamm mit Privatschülerinnen aufzubauen und eine Zeit lang weniger einzunehmen.
Wekas Gaba: „Die Schule soll unter dem Dach von Smart bleiben, auch später als wirtschaftlicher Selbstläufer. Die Genossenschaft ist meine Heimat geworden und ich kann hier selbstbestimmt arbeiten. Bei Bedarf kann ich mit anderen Lehrerinnen kooperieren, ich brauche keine eigenen Mitarbeiter*innen.“
Raum für Vielfalt

Eine artenreiche Natur, eine diverse Gesellschaft und eine vielseitige Wirtschaft bilden unverzichtbare Lebensgrundlagen. Dennoch steht all das unter Druck Die GLS Bank schafft Raum für Vielfalt – nicht erst jetzt, aber jetzt erst recht. Unser Schwerpunkt zeigt, wo es schon gelingt und wo Herausforderungen liegen.

Magdalena Ziomek: „Wir haben deutschlandweit 1.200 Mitglieder. Viele von ihnen sind dauerhaft bei uns angestellt, andere arbeiten projektbezogen. Jeden Monat sind im Durchschnitt 350 Mitglieder angestellt.“
Die Mitgliederstruktur ist vielfältig: Menschen aus 50 Nationen und 30 Berufsgruppen, von der Studentin bis zum Rentner gehören dazu. Sie arbeiten überwiegend in der Unternehmensberatung, Softwareentwicklung, in der Öffentlichkeitsarbeit und im Kreativbereich. Auch Reinigungskräfte, Stadtführer*innen und nichtmedizinische Geburtshelferinnen zählen zu den Mitgliedern.
Alicja Möltner: „Dass diese Diversität unsere Stärke ist, hat sich in der Corona-Pandemie gezeigt. Während digitale Dienstleistungen gefragt waren, hatten Mitglieder aus der Kultur- und Veranstaltungsbranche keine Aufträge mehr. Für sie konnten wir als Arbeitgeber Kurzarbeit beantragen. So musste niemand die Soforthilfe in Anspruch nehmen, die andere Selbstständige ja heute noch zurückzahlen.“
Was die Soloselbstständigen sonst alleine tragen müssen, wird in der Smart Genossenschaft auf viele Schultern verteilt. Aktuell kriseln einzelne Berufsgruppen wie die der Übersetzer*innen, die wegen KI weniger zu tun haben. Anders als in der Pandemie ist hier keine Erholung in Sicht.
Die Anstellung gibt unseren Mitgliedern Handlungsspielraum, um sich an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen.
Alicja Möltner
3,6
Soloselbstständige gibt es in Deutschland, ihre Zahl ist rückläufig. Viele leisten mit ihren
Angeboten einen Beitrag für die Gesellschaft.
Alicja Möltner: „Die Anstellung bei uns gibt den Mitgliedern Handlungsspielraum, um sich an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Wir bieten Weiterbildungen und eine Community für den Austausch.“
Magdalena Ziomek: „Wer seine Zusammenarbeit mit uns trotzdem aufgeben muss, hat Anspruch auf ALG I und ist so finanziell abgesichert. Das ist ein Vorteil gegenüber der Soloselbstständigkeit, wo kaum jemand Zugang zur Arbeitslosenversicherung hat.“
Gerade in Zeiten der Transformation, da sich auch viele Selbstständige neu erfinden müssen, bietet Smart Raum dafür. Die Mitglieder können an Schulungen zu Vertrieb oder Stressresilienz teilnehmen. Wekas Gabas Deutschunterricht gehört ebenfalls zum Angebot – viele Genossenschaftsmitglieder sind eingewandert. Die Förderung von Vielfalt ist den Geschäftsführerinnen besonders wichtig.
Alicja Möltner: „Wir sind stolz darauf, als weibliches Vorstandsteam ein innovatives Gemeinschaftsunternehmen für Selbstständige etabliert zu haben – auch wenn wir dafür einige Hürden nehmen mussten. Hätten wir bei jedem ‚Geht nicht‘ eingeknickt, wären wir nicht über das erste Geschäftsjahr hinausgekommen.“
Die Inspiration für die Genossenschaft der Selbstständigen stammt aus Belgien. Die belgischen Genoss*innen haben in anderen Ländern die Gründung von Genossenschaften mit vergleichbarem Zweck unterstützt. So konnte Smart 2015 auch in Deutschland starten. Die GLS Bank war von Anfang an als Hausbank dabei. Dort gebe es ein großes Verständnis für die Genossenschaft als Unternehmensform, begründet Alicja Möltner die Wahl. Wie beurteilen die Gründerinnen selbst das Genossenschaftsmodell.
Magdalena Ziomek: „Für unseren Zweck ist die Genossenschaft die perfekte Unternehmensform. Interessierte können einfach beitreten und sich einbringen. Als Gemeinschaftsunternehmen teilen wir Ressourcen und entwickeln uns im Interesse unserer Mitglieder immer weiter.“
Dass sie das Unternehmen nicht wie eine GmbH besitzen, stört sie nicht. „Wir stehen für eine solidarische Form des Wirtschaftens“, sagt Alicja Möltner. Statt Gewinne zum Wohle Einzelner zu maximieren, wollen die beiden Vorständinnen möglichst vielen Selbstständigen einen sicheren Rahmen geben.
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