Was sind eigentlich „nachhaltige“, „grüne“, „ethische“ Geldanlagen? Was können diese im Vergleich zu konventionellen Geldanlagen leisten? Wo genau liegt der Mehrwert solcher Angebote? Welche Angebote gibt es zurzeit in Deutschland? Heute startet das GLS Lexikon mit dem Einführungseintrag: „Nachhaltige Geldanlagen“!In den folgenden Monaten stellen wir ausführlich Angebote aus der Welt der grünen Geldanlagen vor und beleuchten Begrifflichkeiten aus dem Alltag der nachhaltigen Bankarbeit. Gibt es Ideen oder Wünsche? Für Anregungen sowie Feedback sind wir dankbar!
Nachhaltige Geldanlagen sind Kapitalanlagen, die den Wertzuwachs des angelegten Geldes (Rendite) und damit die wirtschaftliche Leistung mit einer Umwelt- und Sozialverträglichkeit in Einklang bringen. Man spricht auch von „Social Responsable Investment“ (SRI), „ethischen Investment“ oder von der „Grünen Geldanlage“. Die Denkart ist hierbei zukunftsorientiert ausgerichtet und von einer langfristigen und wertbewahrenden Sichtweise geprägt.
Gesellschaft gestalten
Der grundlegende Unterschied zwischen einer „klassischen“ und einer „nachhaltigen“ Geldanlage findet sich dabei in der Konzeption. Während konventionelle Geldanlagen hauptsächlich die Größen „Rendite“, „Liquidität“ und „Risiko“ fokussieren, werden diese bei der nachhaltigen Geldanlage um die Dimension der „Mittelverwendung“ erweitert, d.h. die realwirtschaftlichen Auswirkungen der Geldanlage werden mit einbezogen. So bietet die direkte Investition in einen Solarpark oder auch die Beteiligung an einem Windkraftfonds nicht nur eine finanzielle, sondern gleichzeitig eine ökologische Rendite. Regenerative Energien haben eine höhere Ressourcenproduktivität, geringer ausfallende Umweltschäden und erhalten die Funktionsfähigkeit globaler wie lokaler Ökosysteme. Investitionen in diesen Bereich sind also weitaus umweltfreundlicher als bspw. jene in ein Atom,- Kohle,- oder Gaskraftwerk. Der Anleger erhält so die Möglichkeit, über die nachhaltige Anlage seines Geldes in einem individuell gewählten Bereich gesellschaftsgestaltend Einfluss zu nehmen.
Welche Anlagen gibt es?
Das Anlagefeld hat sich dabei in den letzten Jahren wesentlich vergrößert, insbesondere in den letzten zehn Jahren ist der Markt für nachhaltige Geldanlagen von einem konstanten Wachstum geprägt. Für einen kräftigen Wachstumsschub sorgte darüber hinaus die Finanzkrise. Vor allem der Bereich privater Anleger wächst zunehmend. Auch auf institutioneller Seite, wie z.B. im Stiftungsbereich, legen zahlreiche Anleger ihr Geld unter Beachtung sozial-ökologischer Kriterien gewinnbringend an. Klassischerweise findet sich eine Kapitalverwendung im Rahmen nachhaltiger Investments in den Bereichen regenerative Energien, ökologische Landwirtschaft, in der Biobranche (z.B. Öko-Einzelhandel), bei der ökologischen Baufinanzierung, aber auch im Bildungsbereich sowie bei der Finanzierung sozialer und kultureller Einrichtungen. Dabei ist der Markt für nachhaltige Investments sehr vielfältig und bietet mittlerweile nahezu alle Produkte, die es auch im herkömmlichen Bereich gibt. Ob beim Girokonto, der Geldanlage als Sparbrief, dem Aktienkauf oder im Rahmen einer Beteiligung an einem Investmentfonds: Überall „arbeitet“ das Geld unter nachhaltigen Gesichtspunkten, da Klima- und Umweltschutz sowie die Sozialverträglichkeit der finanzierten Projekte explizit beachtet werden. Gleichzeitig wird ein positiver Beitrag zur ökonomischen Wertschöpfung über die individuelle Rendite wie auch über die Schaffung nachhaltiger wirtschaftlicher Strukturen geschaffen.
Kriterien und Investitionsstrategien
Hinsichtlich der Bewertung nachhaltiger Anlageformen gibt es mehrere praktische Ansätze. Sogenannte Ausschlusskriterien bilden einen zentralen Ansatz zur Beurteilung und schließen bestimmte Investitionsobjekte oder auch ganze Wirtschaftsbereiche für eine Nutzung im Rahmen einer nachhaltigen Anlagestrategie von vorne herein aus (Diese können sein: Rüstungshandel, Atomkraft, Alkohol, Kinderarbeit, Chemie etc.). Neben solchen Negativkriterien können auch Positivkriterien entlang sozialer, ökologischer und ökonomischer Merkmale wie z.B. Achtung der Menschenrechte oder Ressourceneffizienz eine Möglichkeit bieten, Unternehmen oder andere Objekte hinsichtlich ihrer nachhaltigen Ausrichtung zu bewerten. Die meisten Anbieter kombinieren beide Screening-Verfahren miteinander.
Eine weitere Bewertungsstrategie bildet der „Best-in-Class“- Ansatz, welcher aus allen Branchen jeweils den öko-sozialen Vorreiter herausfiltert. Die besten Unternehmen, welche ihre nachhaltigen Standards kontinuierlich verbessern und mit ihren Bemühungen ein positives Signal an die Stakeholder und den Markt senden werden (auch aus nicht-nachhaltigen Branchen) ermittelt. Eine Top-Position in einem solchen Ranking kann z.B. die Aufnahme in einen Nachhaltigkeitsfonds oder -index zur Folge haben und damit langfristig die finanzielle Situation und das Image des Unternehmens stärken. Der Anleger kann also über die Geldanlage gezielt Entwicklungsanreize setzen und Nachhaltigkeitsbestrebungen „belohnen“.
Der „Best-in-Class“-Ansatz zielt dabei auf eine Hebelwirkung ab, die besten Unternehmen erhalten über die Bewertung eine Leuchtturmfunktion. Die positive Wirkung oder Entwicklung dieser kann dabei aus verschiedenen Gründen vor allem auf nicht-nachhaltige Mitbewerber abstrahlen. Die aus Nachhaltigkeitssicht besten Unternehmen erwerben die Gunst der Investoren, können sich leichter von Mitbewerbern abgrenzen und stärken ihr positives Image in der Öffentlichkeit. Durch nachhaltige Geldanlagen – sei es über Einzelaktien, Fonds oder über eine Direktinvestition -, werden Unternehmen angehalten, umwelt- und sozialbezogene Daten zu sammeln und bereitzustellen. Oftmals ist allein dies bereits Ausgangspunkt für ein verbessertes Umwelt- und Sozialmanagement. Gleichzeitig erhöht sich durch die regelmäßige Bereitstellung von Daten die Transparenz des Unternehmens, welche im günstigsten Fall zu einem Branchenwettbewerb führt und die Reputation des Unternehmens weiter stärkt. Auch wächst die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens, da „grüne“ Technologien und Optimierungsschritte zur Steigerung der Ressourcenproduktivität erst entwickelt bzw. umgesetzt werden müssen. Zuletzt können Kapitalbeschaffungskosten gesenkt werden, indem über nachhaltige Geldanlagen Geschäftsanteile gekauft werden und über das zusätzliche Eigenkapital das Unternehmen finanziell weiter stabilisiert wird. Dies führte z.B. im Wind- und Solarbereich überhaupt erst zum Aufbau und Auftrieb der gesamten Branche.
Die Bewertungskriterien von Nachhaltigkeit können dabei jedoch stark voneinander abweichen und sind bisher nicht einheitlich. Auch existieren zahlreiche Mischformen sowohl bei der Auswahl der Bewertungsmethoden als auch bei der Beurteilung von Investitionsobjekten. So bezeichnen sich manche Unternehmen bereits als „nachhaltig“, wenn sie nicht in die Atomindustrie investieren und somit lediglich ein einziges Ausschlusskriterium erfüllen. Andere wiederum beurteilen Unternehmen dann als nachhaltig, wenn diese in erneuerbare Energien bzw. Technologien zur Nutzung dieser Energieressourcen investieren. Anleger, die ihr Vermögen nachhaltig anlegen möchten, sollten sich der unterschiedlichen Bewertungsmethoden sowie der Angebotsvielfalt auf dem wachsenden Markt nachhaltiger Geldanlagen bewusst sein und daher einige grundsätzliche Aspekte bei der Auswahl beachten. Einerseits werden Investitionen von Banken und Ratingagenturen sehr unterschiedlich eingestuft, andererseits sollten bei der nachhaltigen Geldanlage grundsätzliche Aspekte nicht völlig aus dem Blick geraten. Transparenz bei der Mittelverwendung und der Geschäftstätigkeit, Erfahrung im Umgang mit nachhaltigen Angeboten und Unabhängigkeit bilden hier wichtige Indikatoren für die Wahl des richtigen Anbieters.
Mehr Infos
„Was macht eigentlich mein Geld?“ Broschüre von urgewald, Stnd April 2014
„Nachhaltige Geldanlagen“ in Lexikon der Nachhaltigkeit
Global Alliance on Banking for Values (GABV)
Forum nachhaltige Geldanlagen (FNG)
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