Jetzt appellieren alle an die Jugend, Verantwortung gegen die Ausbreitung von Corona zu übernehmen, die besonders gefährlich für die ältere Generation ist. Es gehen Bilder von Corona-Partys durch die Kanäle mit der Botschaft: Denen ist die Gesellschaft so was von egal.
Das letzte Jahr hingegen war geprägt von Fridays for Future und der Forderung nach Generationengerechtigkeit, „weil Ihr uns die Zukunft klaut!“ Im Ergebnis gab es ein „Klimapaket“, von dem sich aber viele junge Leute verhöhnt fühlten. – Was nun auf jeden Fall allen klar sein muss: Die Generationen sind existenziell abhängig von einander. Das ist nicht mehr nur Sonntagsgerede, sondern ein schmerzlich erlebter Fakt.
Mitte März hatten wir einen Workshop mit der „Demokratischen Stimme der Jugend“, die seit zwei Jahren für Generationengerechtigkeit kämpft, unter anderem mit Aktionen wie „Jüngstes Gericht“ und „Aufstand der Jugend“.
Ihre Erfahrung dabei war, von der Politik nicht gehört zu werden. Das machten sie im Workshop nicht groß zum Thema. Aber diese Erfahrung prägt sie – und teilen sie mit vielen ihrer Generation. Dabei opfern sie ein Stück ihres Jungseins, denn die Klimakrise zwingt sie dazu, Vernunft zu predigen. Sie pochen auf die wissenschaftlichen Daten der Klimawissenschaftler, und die älteren Generationen wollen weiter ihr Ding machen. Wenn aber die Älteren sich wie Kinder benehmen, dann zwingen sie die Jungen in eine Erwachsenenrolle.
Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite geht es viel um Wertschätzung für das Geleistete: für die Nachkriegsgeneration mit ihrer Aufbauarbeit; für die 68er Generation, die einen kulturellen Wandel erkämpft hat; für die Friedens- und Umweltbewegung der 80er Jahre und die vielen daraus entstandenen Projekte; für die Bürgerbewegungen in der DDR, die letztlich zur „friedlichen Revolution“ führten – sie alle setzten sich existenziell für eine lebenswerte Zukunft ein. Sicherlich haben sich nicht alle Hoffnungen erfüllt. Aber sie sorgten auch dafür, dass sich eine Bewegung wie Fridays for Future formieren konnte und viel gesellschaftliche Resonanz ausgelöst hat.
Jetzt kommen aber bei diesen älteren Generationen Botschaften an wie: „Schön, was ihr geleistet habt. Aber gleichzeitig gehen Eure CO2-Emissionen weiter nach oben. Tut endlich mal was für unsere Zukunft!“ Das ist sachlich zwar richtig, aber Wertschätzung klingt anders.
Was ich aus dem Workshop mit der Demokratischen Stimme der Jugend besonders stark mitgenommen habe ist die Rolle des Schmerzes. Lasst uns diese jetzt sehr existenzielle Zeit auch dafür nutzen, um über das Verhältnis unserer Generationen zu sprechen, nicht mehr wie früher nur in der Familie, sondern insbesondere auf einer systemischen und gesellschaftlichen Ebene.
Lasst uns dabei in aller Offenheit gerade auf die wunden Punkte schauen und dann heilen, was zu heilen ist. Und Verabredungen treffen, für die Zeit nach Corona. Denn die wird sicher kommen! 🙂
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