Ein kleines Logo, rund, schwarz, blau und grün, von Weitem wie ein Yin-Yang-Zeichen. Aber wenn man es aufmerksam betrachtet, wird ein Mensch sichtbar, der seinen Arm wie zum Gruß hebt. Oder ist es doch ein Yin-Yang? Das Logo von Fairtrade erlaubt beide Interpretationen. Es symbolisiert den fairen Handel und versichert dessen Ernsthaftigkeit und Legitimation. Ein Konzept vom fairen Austauschen zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern, oft wird es in fairem Austausch zwischen Nord und Süd zusammengefasst. Aber was heißt genau fairer Austausch? Wer kontrolliert ihn? Und warum Nord-Süd? Kann man nicht auch von fairem Handel Nord-Nord sprechen?
Fairer Handel: Die Idee von Gleichheit
Der Handel ist heutzutage die Basis der Wirtschaft, doch international generiert er Ungleichheiten, wenn nur dessen ökonomische Tragfähigkeit berücksichtigt wird. Fairtrade versucht, diese Ungleichheiten zu korrigieren. Dabei wird ein kontrollierter Handel als fair bezeichnet. Er unterstützt Produzentinnen und Produzenten in den Entwicklungsländern, um ihnen eine menschenwürdige Existenz aus eigener Kraft zu ermöglichen und greift die Säulen der Nachhaltigkeit auf – Wirtschaft, Gesellschaft, Umwelt – auf und fördert deren Entwicklung:
Wirtschaftsentwicklung – Die Produzenten bekommen ein beständiges Einkommen, damit sie leben, aber auch durch Investitionen besser produzieren können.
Gesellschaftsentwicklung – Die Produzenten organisieren sich in demokratischen, gut geleiteten und unabhängigen Organisationen. Die Sozialrechte werden respektiert, Gesundheit und Bildung sowie Projekte zugunsten der Gemeinschaft gefördert.
Umweltentwicklung – Die Produzenten reduzieren ihren Einfluss auf die Natur z.B. weniger bzw. keine Verwendung von chemischen Produkten und entwickeln Schritt für Schritt ökologische Methoden in der Landwirtschaft.
Zertifizierungssystem
Der faire Handel stellt einen doppelten Vorteil auf beiden Seiten der Handelskette dar. Einerseits ermöglicht er den Produzenten ein besseres Leben, andererseits zeigt er den Verbrauchern den Ursprung ihrer Produkte auf, die zudem von sehr guter Qualität sind. Das Label und seine Kriterien wurden von einer transparenten und unabhängigen Institution entwickelt: FLO-CERT GmbH (Fairtrade Labelling Organisations).
Alle Akteure der fairen Handelskette vom Produzenten über die Importeure, Industrielle bis hin zum Verkäufer werden kontrolliert und zertifiziert. Inspektoren besuchen jeden Produzenten regelmäßig. Sie stellen sicher, dass die internationalen Normen eingehalten werden und geben dann dem Zertifizierungskomitee einen Bericht ab. Dieses Komitee besteht aus zwei Produzentenvertretern, zwei Händlervertretern, zwei Vertreter des Bundesvereins (wie „TransFair“ in Deutschland) und einem externen Experten in Zertifizierungsfragen. Sie erteilen die Zertifizierung oder ziehen sie ggf. wieder zurück. Auch die Rückverfolgbarkeit ist gewährleistet, d.h. alle anderen Akteure (Importeure, Exporteure, Verarbeiter etc.) werden ebenfalls jährlich besucht und überprüft.
Hier findet Ihr eine Animation zum Zertifizierungsverfahren.
Dem System kann man aber ohne Zweifel auch kritisch gegenüberstehen. Schließlich ist FLO-CERT GmbH eine private Institution. Ist ihre Unabhängigkeit sichergestellt? Im Oktober 2007 erhielt die FLO-CERT GmbH die Norm ISO 65, die heute die weltweit akzeptierte Akkreditierungsnorm für Zertifizierungsorganisationen ist. Um diese Genehmigung zu bekommen und zu behalten muss FLO-CERT GmbH die Prinzipien Gleichbehandlung, Zuverlässigkeit, Transparenz, beständige Verbesserung, Unabhängigkeit, respektieren.
Fairer Handel Nord-Nord?
„Das Konzept des fairen Handels gilt vornehmlich für den Handel zwischen Entwicklungsländern und industrialisierten Ländern. Es ist nicht direkt relevant für in der EU hergestellte Waren, bei denen soziale und ökologische Standards bereits gesetzlich geregelt sind. Für alle Produkte, Hersteller und Arbeitnehmer in der EU ist das Arbeits- und Umweltschutzniveau mindestens ebenso hoch wie nach den Kriterien für Fair-Trade-Produkte.“ So lautet ein Ausschnitt aus einer Mitteilung der europäischen Kommission über „fairen Handel“ (KOM/99/0619 endg), in dem dieser ausschließlich im Sinne Nord-Süd verstanden wird. Was würde fairer Handel bei uns bedeuten?
Eine Möglichkeit ist, unsere lokale Wirtschaft mehr zu unterstützen. Das heißt lokal produzieren, lokal verarbeiten, lokal verkaufen und lokal verbrauchen. Das gilt selbstverständlich nur für Produkte, die bei uns produzieren werden können. Kaffee oder Bananen müssten dann durch fairen Handel Nord-Süd importiert werden. Mit dieser lokalen Wirtschaft werden die drei Säulen der nachhaltigen Entwicklung und des fairen Handels – Wirtschafts- Umwelt- und Gesellschaftsentwicklung – erfüllt: Wirtschaftsentwicklung, weil die lokale Wirtschaft unterstützt wird, Umweltentwicklung, weil der Transport deutlich kürzer ist und Gesellschaftsentwicklung, weil die Produzenten sich auf lokaler Ebene organisieren müssen, um ihre Produkte zu verteilen. Ein Beispiel dafür sind Landwirte aus derselben Region, die sich in Genossenschaften organisieren, um Ihre Produkte in Direktverkauf zu veräußern. Ein weiterer Vorteil von diesem Austauschsystem ist, dass die Käufer durch die geographische Nähe die Möglichkeit haben, zu überprüfen wie das Produkt hergestellt wird bzw. woher es stammt.
Zurück zur Mitteilung der Europäischen Kommission. Sind unsere Landwirte wirklich nicht auf ein Konzept des fairen Handels angewiesen? Angesichts ihrer oft essentiellen Abhängigkeit von europäischen Subventionen scheint dies verfehlt. Möglicherweise könnte eine Stärkung der lokalen Wirtschaft diese Abhängigkeit senken. Was denkt Ihr darüber?
Mehr Informationen über fairen Handel findet Ihr hier.
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