Europa – Wie positionieren sich die Parteien bei der Europawahl zu einer nachhaltigen Finanzwirtschaft?
Von Sven Schiweck, GLS Beteiligungs AG
Der Umbau zu einer zukunftsweisenden Gesellschaft will finanziert sein. Geld, Banken und die Finanzwirtschaft spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie können die ökologischen, sozialen und auch wirtschaftlichen Risiken des Klimawandels verringern. Wirtschaft und Gesellschaft werden stabiler. Mehr Transparenz sorgt dafür, dass Anleger*innen erkennen, was ihr Geld bewirken kann – positiv wie negativ.
Gute Ansätze
Anfang vergangenen Jahres hat die Europäische Kommission einen „Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ veröffentlicht. Bereits mit der Unterzeichnung des Pariser Übereinkommens zum Klimaschutz und der Annahme der 17 UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung hat sich die EU ambitionierte Ziele gesetzt. Um die EU-Klimaschutzziele zu erreichen, braucht es jährlich Investionen in Höhe von 180 Milliarden Euro zusätzlich. Für die UN-Ziele beträgt die Investitionslücke in Entwicklungsländern sogar 2,5 Billionen Dollar jährlich. Wie kann das erreicht werden? Der EU-Aktionsplan schlägt u.a. die Standardisierung „Grüner Anleihen“, die Einführung eines Umweltzeichens für Finanzprodukte und Nachhaltigkeit als Teil der Finanzberatung vor.
Nachhaltig – oder nicht?
Im Kern des Aktionsplans steht die Frage, wann eine Geldanlage nachhaltig ist. Noch fehlt eine genaue Definition. Das Europäische Parlament hat im März 2019 eine erste Einteilung beschlossen. Die reicht bei Weitem nicht aus. Die sozialen Dimensionen der Geldanlage kommen viel zu kurz. Außerdem drohen die Vorgaben zur Transparenz zu lasch auszufallen. Nur Angebote mit nachhaltigem Label sollen negative Folgen z. B. auf die Umwelt offenlegen. Sinnvoller wäre es, wenn die Wirkungen aller Angebote veröffentlicht würden – positiv wie negativ. (Ein ausführlicher Sachstand hier)
Das sagen die Parteien zur nachhaltigen Geldanlage*
Die CDU/CSU sagt – nichts. In ihrem Wahlprogramm nimmt sie nicht explizit Stellung.
Die SPD will, dass Finanzinstitute „in ihr Risiko-Management die Umwelt- und Nachhaltigkeitsbelange wie auch Klimarisiken integrieren“.
Fehlanzeige auch bei der AfD. In ihrem Wahlprogramm gibt es keine Aussage zur nachhaltigen Geldanlage.
Die FDP lehnt den EU-Plan ab und fordert klare Rahmenbedingungen und Definitionen, „damit die Investoren bewusste Entscheidungen treffen können“. Was genau das heißt formuliert das Programm nicht.
Die Linke fordert eine „öffentliche Emissionsbremse“. Öffentliche Gelder sollen „nicht mehr in Konzerne investiert werden, die Geschäfte mit fossilen Energieträgern machen“. Außerdem sollen Unternehmen „dazu verpflichtet werden, öffentlich über soziale und ökologische Standards bei der Herstellung der von ihnen verwendeten Ressourcen Bericht zu erstatten“.
Bündnis 90/Die Grünen setzt sich für „das Anlegen öffentlicher Gelder in nachhaltigen Geldanlagen“ ein. Außerdem fordert die Partei „eine Richtlinie für ökologische Transparenz am Finanzmarkt“ und eine Stärkung grüner Anleihen. Zudem will Bündnis 90/Die Grünen „ein unabhängiges Siegel für nachhaltige Geldanlagen einführen“ und „ökologische, soziale darunter auch gleichstellungspolitische Ziele in der Unternehmensberichterstattung verpflichtend machen“.
Fazit zur Europa-Wahl
Die Parteien unterschätzen das Potenzial eines nachhaltigen Finanzsystem, wie Nachhaltigkeit überhaupt. Doch es gibt Bewegung, Fridays for Future hat bereits zur Klimawahl aufgerufen. Bis dahin lohnt es sich, genau hinzusehen. Im Kern helfen diese Fragen: Wie wird „nachhaltig“ oder Klimaschutz verstanden? Was bewirkt meine Geldanlage? Wird sie transparent gemacht? An welchen Regeln liegt das? Wird so eine bessere Zukunft erreicht?
Mehr Infos
Parteiprogramme von CDU/CSU, SPD, AFD, FDP, Linke und Bündnis 90/Die Grünen
Wahl o Mat der Bundeszentrale für politische Bildung (online ab 3. Mai für die Wahl zum EP)
VoteSwiper mit 30 allgemeinen und fünf länderspezifischen Fragen zur Zukunft der Europäischen Union, bei der deine Antworten mit den Positionen der Parteien abgeglichen werden.
Nachhaltigkeits-Wahlprüfsteine des Netzwerk Weitblick
*sortiert nach der Stimmverteilung bei der Bundestagswahl 2017. Nicht wählbar ist aus unserer Sicht die AFD. Nicht nur, weil sie den menschengemachten Klimawandel leugnet, sondern auch, weil sie eine offene, pluralistische Gesellschaft ablehnt. In Deutschland stellen sich 41 Parteien und Vereinigungen zur Wahl.
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