Ein Expertengespräch über die Herausforderungen neuer Wohnformen und die Angebote der GLS Bank zum Thema Wohnen. Christina Opitz ist Bereichsleiterin der Kreditberatung, Wilfried Brzynczek ist Kreditberater mit dem Schwerpunkt Wohnprojektefinanzierung. Mit ihnen sprach Katrin Schaefer.
Wie präsent ist das Thema Wohnen in der GLS Bank?
Opitz: Wohnen war für die GLS Bank schon immer ein wichtiges Thema und gerade im Kreditbereich können wir auf langjährige Erfahrungen zurückblicken. Als Hausbank ist uns die Begleitung und Beratung unserer Kundinnen und Kunden beim Immobilienerwerb ein großes Anliegen. Wir verstehen Wohnen als ein menschliches Grundbedürfnis: Wir möchten Wohnraum bezahlbar machen, aber auch Projekte finanzieren, die sozial und ökologisch vorbildlich sind. Sehr präsent ist bei uns zurzeit das Thema Wohnen im Alter. Viele ältere Menschen möchten nicht in ein klassisches Altersheim gehen und suchen nach neuen Formen für ein selbstbestimmtes Leben. Es werden zu diesem Thema viele Ideen an uns herangetragen, denen wir uns gerne annehmen. Hochaktuell ist zum anderen die Nachfrage nach günstigem Wohnraum in Ballungsgebieten. Dort haben besonders Familien oder Alleinstehende mit Kindern oft keine Möglichkeit, mit ausreichend Platz oder Grünflächen zu leben.
Brzynczek: Wir können als Kreditinstitut das Preisniveau in solchen Ballungsgebieten nicht direkt beeinflussen. Der Markt regelt über Angebot und Nachfrage die Grundstücks- und Mietpreise. Langfristig betrachtet beeinflussen zum Beispiel unsere Wohnprojektkunden, die ja bezahlbaren Wohnraum im Fokus haben, diesen Markt. Mit unseren Finanzierungsangeboten stellen wir eine langfristig bezahlbare Miete sicher. Außerdem heben wir uns von unseren Mitbewerbern ab, da wir nicht ausschließlich auf die Wirtschaftlichkeit, sondern auch auf die ökologische und soziale Ausrichtung schauen.
Mit welchen Anfragen kommen Kundinnen und Kunden speziell zur GLS Bank?
Opitz: Im Vordergrund stehen Anfragen zur Finanzierung von Wohnprojekten, aber auch das Thema Baugruppen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Kurz zur Erklärung: Bei einer Baugruppe schließen sich mehrere Menschen zu einer Gruppe zusammen, um gemeinsam ein Grundstück zu erwerben und darauf ihre Häuser oder Wohnungen zu bauen. Die Beteiligten beauftragen einen Architekten und agieren geschlossen gegenüber Kommunen und Dienstleistern. Sind die Häuser fertiggestellt, wird das Grundstück aufgeteilt und die Baugruppe löst sich wieder auf. Eine Baugruppe ist also eine Zweckgemeinschaft von Bauherren, die ohne kommerziellen Bauträger auskommen möchten. Ein Vorteil ist, dass die Beteiligten schneller das notwendige Kapital für ein Grundstück aufbringen können und bessere Chancen für den Zuschlag gegenüber anderen Bietern haben. Oft muss ja schnell gekauft werden. Die Baupläne können mitbestimmt werden und gleichzeitig wird gespart, weil die Leistungen eines Bauträgers wegfallen. Große Grundstücke können so individuell bebaut werden. Wir haben inzwischen viele Baugruppen finanziert und sind mit unserer langjährigen Erfahrung und unseren umfangreichen Kenntnissen eine der ersten Adressen, wenn es um dieses Finanzierungsmodell geht.
„Immobilien sollen dem Wohnen dienen und nicht dem Geld.“
Was raten Sie Menschen, die ein Wohnprojekt auf die Beine stellen möchten und noch ganz am Anfang stehen?
Brzynczek: Ich halte es für einen guten ersten Schritt, sich bereits bestehende Wohnprojekte anzusehen. Einfach Kontakt aufnehmen und von den Erfahrungen der anderen lernen. Im persönlichen Gespräch gibt es meist einen guten Austausch, viele hilfreiche Adressen und Tipps und so manche Geschichte.
Ebenso versteht sich die GLS Bank als Netzwerker im Umfeld der Wohnprojekte und wir sind gerne bereit, Kontakte zu Beratern und Dienstleistern herzustellen – soweit wir selbst diese Leistungen nicht anbieten können. Zudem treten wir als Mitinitiator von Veranstaltungen auf. Zum Beispiel bei den Wohnprojektetagen, die regelmäßig in ganz Deutschland stattfinden.
Wo liegen in Ihren Augen die größten Hürden bei der Realisierung eines Wohnprojektes und wie sollten die Menschen damit umgehen?
Brzynczek: Die größten Hürden sehe ich in der Beschaffung des notwendigen Kapitals – und da es sich meist um größere Projekte mit vielen Beteiligten handelt – im sozialen Miteinander. Mit Kapital sind sowohl das nötige Eigenkapital als auch die zu beschaffenden Kreditmittel gemeint. Wir stellen immer wieder fest, dass die Bereitschaft, Eigenkapital einzubringen und zu beschaffen – beispielsweise über Verwandte, Freunde und Bekannte – die Bindung zum Projekt erheblich erhöht. In den verschiedenen Rechtsformen können allerdings unterschiedliche Eigenkapitalausstattungen erforderlich sein. Man sollte auch bedenken: Je mehr Menschen in ein Projekt eingebunden sind, desto eher können Meinungen und Ausrichtungen auseinanderlaufen. Hier ist es sinnvoll, frühzeitig feste Vereinbarungen zu treffen und niederzuschreiben, vielleicht auch mithilfe eines externen Beraters.
Investoren erwerben immer wieder Immobilien oder Grundstücke nicht zur Eigennutzung, sondern zu spekulativen Zwecken. Wie verhält sich die GLS Bank gegenüber diesen Entwicklungen?
Opitz: Wir versuchen, dieser Entwicklung über die Beratung und Finanzierung von betroffenen (Mieter-)Gemeinschaften, die es verstehen, sich entsprechend zu organisieren, entgegenzuwirken. Bürgerschaftliches Engagement spielt für mich dabei eine Schlüsselrolle. Man wird immer auf Spekulanten treffen, die sich mehr um die Rendite als um die Mieter scheren. Mit unserer Intention können und wollen wir anstoßen, dass Immobilien ausschließlich dem Wohnen dienen und nicht dem Geldverdienen. Eine Spekulation sehen wir aber keinesfalls in der Investition eines Ehepaares, das sich ein Mehrfamilienhaus zur Altersvorsorge kauft – wenn es sich verantwortlich um seine Mieter kümmert, dient dieses Objekt ja auch dem Wohnen. Wir investieren grundsätzlich nur in Unternehmen und Initiativen mit konkretem realwirtschaftlichem Bezug. Der bewusste und sinnvolle Umgang mit Geld steht für uns an erster Stelle, wir haben zu keiner Zeit Kredite verkauft und werden es ohne Zustimmung unserer Kunden auch künftig nicht tun.
Finanziert die GLS Bank auch private Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen?
Opitz: Ja, selbstverständlich finanzieren wir diese Objekte und legen dabei Wert auf eine nachhaltig ökologische Bauweise oder Renovierung. Diese Finanzierungen machen einen großen Teil unseres gesamten Finanzierungsvolumens im Bereich Wohnen aus. Ganz gezielt fördern wir Eigentum, um zum Beispiel Familien ein Stück weit Eigenständigkeit zu ermöglichen. Wir stehen unseren Kunden zur Seite, egal ob es sich um Neubau, Modernisierung oder den Kauf einer Immobilie handelt. Uns ist wichtig, dass die Finanzierung für den einzelnen Kunden gut tragbar ist. Auch wenn es einmal kurzfristig zu Störungen in der Darlehensrückführung kommen sollte – zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit oder neue familiäre Umstände – suchen wir nach Lösungswegen. Unsere Kunden sollen nicht mit der Angst leben, dass sie plötzlich auf der Straße stehen oder ihr Haus zwangsversteigert wird.
Wie sind die Konditionen für die private Baufinanzierung?
Opitz: Unsere Konditionen sind transparent und marktgerecht. Für ökologisches Bauen und Modernisieren bieten wir einen besonders günstigen Zinssatz, denn wir möchten erreichen, dass möglichst viele Objekte ökologisch vorbildlich und klimafreundlich sind. Wir richten uns dabei nach den Vorgaben der KfW-Förderprogramme zum Beispiel für das KfW-Effizienzhaus 70 oder das Passivhaus. Auch Förderprogramme von Bund und Ländern berücksichtigen wir bei der Finanzierung.
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