Auf einem Militärgelände lässt Alnatura Europas größtes Bürogebäude aus Lehm entstehen. Eine mehr als hoffnungsfrohe Geschichte.
Im Südwesten Darmstadts findet derzeit eine besondere Metamorphose statt: Das ehemalige US-Militärgelände entwickelt sich Schritt für Schritt zum neuen Alnatura Campus. Wo bis 2008 US-Streitkräfte stationiert waren, entsteht ein offenes, gemeinschaftliches und ökologisches Areal mit dem neuen Unternehmenssitz, einem öffentlichen Waldorfkindergarten in freier Trägerschaft, einem vegetarischen Bio-Restaurant für jedermann sowie mit zahlreichen Gärten. Bildhafter kann der Pionier der Bio-Einzelhandelsmärkte seinen Leitgedanke „Sinnvoll für Mensch und Erde“ kaum manifestieren.
Eigentlich befindet sich der Firmensitz von Alnatura im nahe gelegenen Bickenbach. Doch die Erweiterungsmöglichkeiten dort waren nach 27 Jahren erfolgreichen Wirtschaftens ausgereizt. Mit dem neuen rund 55.000 Quadratmeter großen Campus-Gelände in Darmstadt fand man dann aber den idealen Standort: naturnahe Lage, sehr gute Verkehrsanbindung und großzügige Flächen boten den Architekten den Gestaltungsspielraum um für die 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine zukunftsweisende Arbeitsumgebung und einen Erholungs- und Begegnungsort entstehen lassen zu können – dort, wo früher Kasernen und Panzerhallen standen. Mit Schul- und Erlebnisgärten, die die Entstehung und Herstellung von Bio-Lebensmitteln von der Aussaat bis zum fertigen Produkt für Kinder und Jugendliche erfahrbar machen, wird der Campus auch ein Lernort werden. Langfristig wird auf dem Gelände voraussichtlich auch ein Alnatura Super Natur Markt entstehen.
Das Herz des Campus ist die Alnatura Arbeitswelt – eine lichte, offene Bürolandschaft mit schlichter Ästhetik – und höchstem ökologischen Anspruch. Das Gebäude ist klimaneutral – unter anderem dank der Photovoltaik- und Geothermieanlagen. Ein Erdkanal versorgt die Räume mit Frischluft aus dem angrenzenden Wald!
Das Innenleben bestimmen hohe Wände, tageslichtdurchflutete Räume und flexible Arbeitsplätze. Der eigentliche Clou der Alnatura Arbeitswelt ist jedoch recht unspektakulär: der Lehm. Der älteste Baustoff der Kulturgeschichte wird hier mittels der selten eingesetzten Stampflehmtechnik zur Außenfassade verbaut.
Die tonnenschweren Lehmelemente für die Außenhülle werden in einer der letzten noch vorhandenen alten, halboffenen Hallen hergestellt. Sie wurde extra für diesen Zweck bewahrt. Hier verdichtet eine spezielle Maschine unter extremem Druck die verschiedenen Bestandteile: lehmiger Tunnelaushub vom Bahnhof Stuttgart 21 gemischt mit Lehm aus dem Westerwald und Lavaschotter aus der Eifel. Im Inneren der 3,5 Meter langen, 1 Meter hohen und zirka 70 Zentimeter dicken Elemente schlängeln sich zudem Leitungen für wärmendes oder kühlendes Wasser, die spätere Heizung, auch das ist eine Besonderheit. Wobei natürlich die massiven Lehmwände per se schon für eine natürliche Klimatisierung der Räume sorgen. Zusammen mit der Holzkonstruktion des Dachs ergibt sich eine kaum vergleichbare Arbeitsumgebung.
Der Einzug in die Alnatura Arbeitswelt ist für 2018 vorgesehen. Wenn alle 384 Lehmelemente gefertigt sind, wird die alte Panzerhalle den einzigen sinnvollen Zweck ihres Lebens erfüllt haben und abgetragen werden. Ab dann heißt es: Bio-Kekse statt Panzerplatten.
Urheber Text:
Volker Laengenfelder
Laengenfelder Nachhaltigkeitskommunikation | Netzwerk Neue Nachhaltigkeit
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