Bayer-Monsanto würde der Landwirtschaft, der Menschheit und sich selbst schaden, meint Thomas Jorberg.
Die Chefs der beiden Unternehmen, Werner Baumann (Bayer) und Hugh Grant (Monsanto), erklären ihre Vision wie folgt: Sie wollen das gemeinsame Verständnis dafür, was die Kunden, also die Landwirte, in Zukunft brauchen, zusammenbringen. Sie wollen der Innovationstreiber für die Landwirtschaft werden. Sie wollen zeigen, wie die wachsende Weltbevölkerung zukünftig ernährt werden kann. Dazu wollen sie Bayers Stärke bei Pflanzenschutzmitteln mit Monsantos Stärke bei Saatgut bündeln, um eine Totalversorgung der Landwirte umsetzen zu können.
In Verfolgung dieser Vision erwarten sie zukünftig ein enormes Wachstum und hohe Gewinne. „Alle technischen Fragen, wie etwa die Bewertung und die Integration, haben wir mit Blick auf diese Vision behandelt“, so Werner Baumann. Hugh Grant schließt ein gemeinsames Interview im Handelsblatt mit den Worten: „Mein Team und ich werden uns nun um unsere Kunden kümmern, und wir werden daran arbeiten, dass der Zusammenschluss ein Erfolg wird“.
Eine Bedrohung für die Landwirtschaft!
Die Vision von Baumann und Grant besteht darin, dass die lebendige, vielfältige und fruchtbare Erde als eine Art begrenzte Industriefläche betrachtet wird, auf der es gilt, mit chemischen Düngemitteln, genmanipulierten Pflanzen und sogenannten Pflanzenschutzmitteln ein Maximum an Erlös bringender Biomasse zu erzeugen, die dann zu Nahrungsmitteln industriell verarbeitet werden können. Die Pflanzenschutzmittel sind dabei in Wirklichkeit Pflanzen- und Kleintiervernichtungsmittel, die alles abtöten, bis auf die so gentechnisch manipulierte Nutzpflanze, die diesen Chemiecocktail überlebt.
Die Langfristfolgen sind erodierte, unfruchtbare Böden und verseuchtes Grundwasser, was wiederum eine weltweite gigantische Vernichtung an natürlichen Werten zu Gunsten von Kapitalwerten einiger weniger Unternehmen darstellt.
Die Landwirte werden in dieser Vision faktisch zu abhängigen Arbeitern, die das Ausbringen der von der Chemieindustrie gelieferten Substanzen und das Ernten der so produzierten Biomasse überwachen mittels vollautomatischer, digital gesteuerter Großmaschinen.
Dies bedeutet im Endstadium eine Zerstörung sowohl der bestehenden und entwicklungsfähigen, vielfältigen bäuerlichen Kulturen als auch der lebendigen Kulturlandschaften weltweit.
Eine Bedrohung für die Menschheit!
Unser Leben basiert auf einer gesunden Natur und Umwelt, sowie auf einer gesunden Ernährung, die ein gesundes, vielfältiges und ausgeglichenes Lebensmittel braucht. Der weltweit zunehmende Trend zu gesunden, regional und biologisch erzeugten Lebensmitteln ist ein Ausdruck dieses Bedürfnisses.
Eine weltweite Bedrohung der gesunden Lebensmittel ist daher gleichzeitig eine Bedrohung für alle Menschen. Noch mehr als in allen anderen Bereichen gilt hier: Die Qualität der Lebensmittel und der Umwelt ist die Grundlage unseres Lebens. Wir können die steigende Welternährung gut versorgen, insofern wir nicht weiterhin die Hälfte der Lebensmittel wegwerfen, sondern uns gesund und ausgeglichen ernähren. Dafür sollten wir die biologische Landwirtschaft ausbauen. Nur sie erzeugt die nötigen Lebensmittel, stärkt die Artenvielfalt und die Bodenfruchtbarkeit. Das belegen auch Studien wie der Weltagrarbericht oder der Universität Berkley.
Eine Bedrohung für die Unternehmen!
Das Überleben des fusionierten Unternehmens hängt allein von der Umsetzung dieser bedrohlichen Vision ab. Diese Vision, insbesondere die Genmanipulation, wird von der Mehrheit der Bevölkerung in Europa, dem Sitz des neuen Unternehmens, abgelehnt. Auch der weltweite Trend zu gesunder Ernährung lässt einen erheblichen Widerstand gegen die Umsetzung dieser Vision erwarten.
Auch der offensichtlich anhaltende Umsatzrückgang bei Monsanto lässt erhebliche Zweifel zu, ob die Unternehmen wirklich erkannt haben, was ihre Kunden in Zukunft brauchen oder nicht vielleicht ziemlich daneben liegen.
Die beabsichtigte Finanzierung des Kaufpreises in Höhe von 66 Mrd. Dollar wird im Wesentlichen durch Kredite und Anleihen erfolgen. Dies sorgt dann im fusionierten Unternehmen für eine ganz erhebliche Verschlechterung der Eigenkapitalquote. Dies bedeutet eine deutliche, langfristig wirtschaftliche Schwächung. Bayer-Monsanto wird existenziell darauf angewiesen sein, dass die Vision mit den vorhandenen Möglichkeiten und geschwächten Ressourcen für Innovationen zeitnah umgesetzt werden kann.
Auf eine absehbare Agrarwende wird Bayer-Monsanto nicht angemessen reagieren können. Das Schicksal der großen Energiekonzerne könnte auch Bayer-Monsanto treffen. Die größte Übernahme, die je ein deutscher Konzern angestrebt hat, könnte leicht zur größten Kapitalvernichtung werden, die je ein deutscher Konzern hingelegt hat.
Dieser Beitrag von Thomas Jorberg ist als Kurzversion im Handelsblatt vom 21. September 2016 erschienen
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