Claudio Greinke vom Food Blog „Mit Herz & Pfanne“ reist seit Anfang März durch Südamerika. Für die GLS Blog Kooperative hat er das GLS Treuhand Projekt Alma Capac in Lima besucht.
Auf meiner Reise durch Südamerika traf ich bereits vom ersten Tag an auf fröhliche Menschen und leckeres Essen. Ich habe das Gefühl, dass hier viele Menschen ein besonders großes Herz haben. Schnell wurden mir aber auch die Schattenseiten bewusst: Drogenhandel, Raubüberfälle und die großen sozialen Unterschiede zwischen Arm und Reich, die in den Randbezirken der Großstädte besonders deutlich zu Tage treten. Genau diese Schattenseiten möchte ich mir ansehen, um das Leben hier besser zu verstehen. Auf der Homepage der Zukunftsstiftung Entwicklung suchte ich nach Projekten, die auf meiner Reiseroute liegen, und stieß auf Alma Capac in Lima.
Kochen ehrenamtlich
Alma Capac wurde 1999 von Ricardo Herrera Maúrtua und Thorsten Hölscher gegründet, um die Lebensbedingungen der marginalisierten Bewohner der großen Slums rund um Lima zu verbessern. Die beiden Gründer setzen dabei auf Teamarbeit. Ricardo holte mich morgens um 9 Uhr mit dem Auto von meinem Hostal im Stadtteil Baranco ab. Die Fahrt ging nach Carabayllo, ein Stadtteil, der eineinhalb Stunden von Limas Zentrum entfernt ist. In Carabayllo besuchten wir eine von acht Essensstationen. Dort begrüßten uns Juanita, Managerin und Köchin des Hauses, sowie Jovanna und Maria, ebenfalls Köchinnen. Alle Mitarbeiter sind ehrenamtlich tätig und erhalten für sich und ihre Familien kostenlos Essen. In Carabayllo gibt es kein fließendes Wasser. Stattdessen wird es in Eimern von einer Wasserstelle geholt. Vermutlich ist die Qualität des Wassers eher schlecht, dennoch werden die Lebensmittel damit gewaschen und es wird zum Kochen verwendet. Die Küchen sind täglich geöffnet. Auf dem Speiseplan stehen hauptsächlich Reis, ein wenig Salat, Bohnen oder Linsen und Gemüse. An besonderen Tagen, z. B. Feiertagen, gibt es auch einmal Fleisch oder Fisch. Bei meinem Besuch gab es Linsen, Reis und Salat, das traditionelle Montags-Gericht. Es schmeckte sehr lecker. Trotzdem probierte ich nur wenig, denn ich hatte ein schlechtes Gefühl, eine ganze Portion zu essen.
Schule, Schuhe, Bäckerei
Durch Alma Capac entstand in dem Ort auch eine Schule, die an diesem Tag leider geschlossen hatte. Morgens haben dort Kinder im Alter von 2 bis 16 Jahren Unterricht, nachmittags kommen Jugendliche ab 17 Jahren sowie Erwachsene. Eine Altersgrenze gibt es nicht. Die Menschen lernen hier Lesen, Schreiben und Rechnen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die handwerkliche Arbeit, u.a. die Herstellung von Schuhen. Der Materialwert der Schuhe beträgt circa 1,50 Euro, der Verkaufspreis 5 Euro. Mit den Einnahmen wird neues Material gekauft. Letzte Station war die Bäckerei von Alma Capac. Sie ist sehr gut ausgestattet und versorgt die Bewohner mit süßen und herzhaften Leckereien. Die Zutaten kommen aus der Region und sind biologisch angebaut.
Ein Stück Geborgenheit
Für mich war der Besuch an einem solchen Ort eine völlig neue Erfahrung, die ich mit meinem Bericht mit anderen teilen möchte. Alma Capac gibt Menschen nicht nur die Möglichkeit, für 60 Cent eine warme Mahlzeit zu erhalten, sondern schenkt ihnen einen Ort voller Liebe und Geborgenheit. Die Menschen in Carabayllo sind nicht nur sehr arm, sie leben auch sehr gefährlich. Täglich werden Menschen ausgeraubt, schwer und manchmal auch tödlich verletzt. Drogenkonsum gehört zum Alltag. In den Essensunterkünften finden die Menschen Sicherheit und können sich mit anderen austauschen. Ich hoffe, dass Alma Capac diese Arbeit fortführen kann. Die Mitarbeiter vor Ort haben mich unfassbar begeistert!
Die Menschen
Ricardo (Gründer von Alma Capac): steckt viel Energie und Herzblut in das Projekt. Sein Motto: „Hilfe zur Selbsthilfe“. Er arbeitet im Zentrum von Lima in einem Büro. Dort verwaltet er die Spendengelder und plant wie Alma Capac diese in wichtige Projekte umsetzen kann. Außerdem hält er regelmäßigen Kontakt zu seinem Freund und Mitgründer Thorsten Hölscher aus Deutschland.
Juanita (Managerin und Köchin einer Essensunterkunft) ist 46 Jahre alt und hat einen Sohn. Sie wohnt gegenüber der Essensunterkunft. Juanita ist in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen. Ihr Vater missbrauchte sie, sie konnte nie zur Schule gehen. Juanita floh von zu Hause und lebte zunächst einige Zeit auf der Straße. Durch einen Zufall stieß sie auf Alma Capac, fing als einfache Köchin an und wurde vor vier Jahren Managerin einer neuen Küche. Sie verdient ihr Geld in einer Recyclingfirma. Diese Arbeit ermöglicht ihrem Sohn, eine Schule zu besuchen und sichert beiden die Unterkunft. Ihr ist es sehr wichtig, sich ehrenamtlich zu engagieren. Von Mit Herz und Pfanne ist Juanita begeistert.
Álvaro (Gast): 85 Jahre alt. Álvaro ist ein kleiner, alter Herr, der alleine in einer Blechhütte wohnt. Er kommt jeden Tag zum Essen in die Unterkunft. Selbst kann er sich leider kein Essen mehr kochen, da er Gicht hat. Er ist ganz auf sich alleine gestellt, denn seine Familie ist verstorben. Er ist dankbar, dass es Alma Capac gibt. Es ist ihm wichtig, dort jeden Tag Menschen zu treffen, die ihm Familie und Freunde sind. Er liest hier jeden Tag die Zeitung, die ihm Juanita aus der Stadt mitbringt. Sein Lieblingsgericht ist Ceviche.
Ein Rezept aus Carabayllo
Für die Blogleser verriet mir Bäckermeister Andres das Rezept seiner Lieblingssüßspeise – Muffins:
1 kg Mehl
120 ml Wasser
3 Eier
150 ml Speiseöl
150 Gramm Zucker
Schokolade
Mehl, Wasser, Eier, Zucker gut miteinander mischen; anschließend langsam das Öl dazugeben. Ein wenig von der Masse in eine Muffins-Auflaufform fließen lassen und ein Stück Schokolade dazutun. Den restlichen Teig mit der bereits vorhandenen Masse bedecken. Bei 170 Grad circa 10 bis 15 Minuten backen.
Fotos: Claudio Greinke, Mit Herz und Pfanne
Mehr Infos
Die Zukunftsstiftung Entwicklung kooperiert seit 2008 mit Alma Capac. Es begann mit Projekten zu Hygiene (Bau von Trockenlatrinen) und Gemeindeküchen, um die Mangelernährung – besonders unter den Kindern – zu bekämpfen. Aus den Gemeindeküchen entwickelten sich weitere Initiativen: so zum Beispiel die eine Bäckerei, die heute mehr als 75 Angestellte hat und als Ausbildungsbetrieb jungen Menschen eine Zukunftschance bietet. Gemeindeküchen, Kleinunternehmer und Ausbildungsbetriebe werden durch die Zukunftsstiftung Entwicklung auch weiterhin gefördert. Spenden könnt ihr hier.
Was ist euer Lieblingsgericht? Woher kommt das Rezept? Welche Geschichten und Erinnerungen verbindet ihr damit? Claudio Greinke (28), bis vor einem Jahr Kundenberater in der GLS Filiale Freiburg und begeisterter Hobbykoch, hat diese Fragen zum Thema seines Blogs „Mit Herz und Pfanne“ gemacht.
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