Mit dem Artikel „Raus aus der Routine“ zum Thema Gewohnheiten, wie sie unser Leben bestimmen und wie wir sie ändern können, setzen wir unsere Reihe mit Gastbeiträgen aus unseren Mitgliedermagazinen enorm, Wald, Werde und info3 fort.
Häufiger mit der Bahn fahren, weniger Fleisch essen – wir wissen, was wir tun könnten. Und enden doch immer wieder beim Alten. Was hilft, die Gewohnheiten zu besiegen? Erste Kommunen und Unternehmen entwickeln Projekte zur Umprogrammierung. So mühsam hatte sich Sylke Conzelmann das Leben ohne Auto nicht vorgestellt. Eine Fahrradtasche für die Unterlagen am Arbeitsplatz, eine für den Nachmittag, voll gestopft mit Büchern der Stadtbibliothek, Schwimmzeug oder Noten für die Gitarrenstunde ihres Sohnes. Noch rasch die Regenjacke eingepackt, Zusatzschlösser für Helm und Fahrradkorb nicht vergessen, und dann auf mit dem Rad zu Schule und Arbeit. Vier Kilometer bei Wind und Wetter, Ehemann Thorsten strampelt sogar 25 Kilometer über den Berg zur Arbeit von Esslingen nach Böblingen. „Man muss wirklich gut strukturiert sein“, sagt Conzelmann, „denn das Auto ist nicht nur Fahrzeug, sondern auch Logistikzentrum“. Alles reinpfeffern, was man für einen langen Tag mit Arbeit und Kind braucht, geht nicht als Fahrrad-Bus-und-Bahn-Familie.
Seit zwei Jahren feilt die Stadt Stuttgart an einem Mobilitätspaket mit elektronischer Chipkarte für Bus und Bahn, mobilem Routenplaner und intermodalem Verkehrskonzept. Zusammen mit der Testfamilie Conzelmann wollten die Verantwortlichen herausfinden, wie sie auch andere Bürger in der Region zu einem neuen Mobilitätsverhalten ermuntern können. Drei Wochen lang haben die Conzelmanns den Umstieg erprobt. Was braucht es, um Gewohnheiten zu ändern? Wie lange muss man sie begleiten und sind die Menschen überhaupt bereit? Die Stuttgarter sind nicht die einzigen, die Antworten auf solche Fragen suchen
Fast jeden Tag aufs Neue warnen Experten vor den gravierenden Folgen, die uns blühen, wenn wir jetzt nicht auf einen ökologisch verträglichen Lebensstil umschwenken. Sie appellieren an unsere Einsicht, an unseren Verstand. 80 Prozent, das ergab eine Studie der Universität Magdeburg, fühlen sich bereit, zum Beispiel Energie zu sparen, viele können sich auch vorstellen, aufs Fahrrad umzusteigen. Trotzdem tut sich wenig.
Der Grund ist längst bekannt und dutzendfach belegt: Auch wenn unser Bild vom aufgeklärten Bürger uns glauben lässt, dass unser Wille unser Handeln lenkt – es ist nicht so. Die Ration, so die Forscher aus Neurologie, experimenteller Psychologie und Verhaltensökonomie unisono, ist nicht der Chef im Ring unseres Gehirns. Zwischen 30 und 50 Prozent unseres täglichen Handelns laufen automatisch ab. Gerade wenn es um die kleinen Dinge des Lebens geht: Wo kaufe ich ein, was esse ich, wie komme ich zur Arbeit, was ziehe ich an, welchen Waschgang nutze ich?
„Die alltäglichen Verhaltensweisen sind so stark habitualisiert, dass die bloße Absicht, sie zu ändern, gar nichts bringt“, sagt Sebastian Bamberg, Sozialpsychologe an der Fachhochschule Bielefeld. „Abgelegt in den Verästelungen des Gehirns sind Gewohnheiten nicht kognitiv erreichbar.“ Es handelt sich um automatisierte Kleinstprogramme, die das Gehirn auf Schlüsselreize hin automatisch abspult.
Dennoch: Gewohnheiten sind nicht unser Schicksal – eingeschliffene Verhaltensweisen können umprogrammiert werden. „Ein komplexer Prozess zwar“, so Bamberg, „aber mit Hilfe etlicher Tricks und Beharrlichkeiten durchaus zu schaffen.“ Doch was können Politik, Wirtschaft und gesellschaftliche Institutionen konkret tun, um Menschen auf ihrem Weg zu einem nachhaltigeren Lebensstil zu unterstützen? Denn längst ist klar, der Fingerzeig allein auf den einzelnen Konsumenten reicht nicht: Mach mal!
Lässt man den Blick über die Republik schweifen, sieht man: Es gibt erste Versuche, die Erkenntnisse aus der Wissenschaft umzusetzen. Städte, Universitäten, Wohlfahrtsverbände und Unternehmen tüfteln an Aktionen und Programmen, die tiefer ansetzen als reine Informationskampagnen, Sie entwerfen Maßnahmen, die das Handeln direkt angehen – und in Richtung Nachhaltigkeit gehen.
Den vollständigen Artikel lest Ihr in enorm Heft 1/14.
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Fortsetzung
folgt in loser Reihe mit weiteren Gastbeiträgen aus den Zeitschriften „Wald“, „Werde“, info3 und „enorm“.
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