„Wir brauchen einfache, positive Bilder und Geschichten, wenn wir Verhalten ändern wollen.“ (Welzer) Das Programm der Jahresversammlung 2013 bot unter dem Titelthema „Verantwortung übernehmen“ vielseitige Möglichkeiten zum Dialog. Am Freitag lauschten interessiert gut 1.000 Gäste in einem vollbesetzten Schauspielhaus und den nahegelegenen Kammerspielen den Vorträgen und der Podiumsdiskussion. Wetterkapriolen verhinderten kurzfristig Gesine Schwans Anreise.
Der Andrang auf der diesjährigen Mitgliederversammlung übertraf alle Kapazitäten: Erstmalig wurden daher die Vorträge per Video auch in die Kammerspiele übertragen. Um der anschließenden Diskussion zusätzliche Impulse zu verleihen, verlas GLS Vorstandssprecher Thomas Jorberg Gesine Schwans Kernbotschaften: Sie forderte eine Betonung des volkswirtschaftlichen Gedankens gegenüber der Betriebswirtschaft.
„Wie kann man moderne Gesellschaften transformieren? By design or by disaster?” Prof. Dr. Harald Welzer stieg provokativ in seinen Vortrag ein. Ökonomen befriedigen keine Bedürfnisse, stattdessen kreieren sie sie, so seine These. „Niemand hatte je das Bedürfnis nach einem iPad.“ Das klingt plausibel. Allein der Konsum von Möbeln verdoppele sich in 10-Jahreszeiträumen. „Das waren mal langlebige Güter“, so Welzer, „Das ist Wahnsinn.“ Doch inzwischen sei die Gesellschaft wieder in Bewegung, Menschen stellten Dinge wieder in Frage und organisierten sich selbst abseits etablierter Lösungsprozesse. Sie etablierten neue Handlungs- und Verantwortungsspielräume. Wir bräuchten einfache, positive Bilder und Geschichten, wenn wir Verhalten ändern wollen, schloss er und erntete den Applaus des Publikums.
In der anschließenden Podiumsdiskussion bestätigten Annette Bohland, Regionalleiterin der GLS Bank Freiburg, und Lukas Beckmann, Vorstand der GLS Treuhand, die Ausführungen. „Unsere Kunden wollen etwas verändern, das wird in jedem Gespräch immer wieder deutlich“, so Bohland.
„Verantwortung kann man nicht delegieren, auch nicht an die Bank“, fügte Lukas Beckmann hinzu und ergänzte, Schenken sei eine ökonomische Größe. „Eine Gesellschaft, die mehr hat als sie braucht, aber vergisst zu schenken, wird sich nur schwerlich entwickeln können.“
Verantwortung übernehmen durch Mitbestimmung
Am Samstag begann der formale Part der Jahresversammlung: Im Geschäfts- und Lagebericht fasste der Vorstand die im Jahr 2012 weiterhin positive Entwicklung der Bank zusammen und schlug basierend auf dem Jahresgewinn eine Auszahlung der Dividende in Höhe von drei Prozent vor.
Das Wachstum der GLS Bank wird durch steigende Zahlen der Mitarbeitenden begleitet. Derzeit beschäftigt sie 430 Menschen. Ab einer Mitarbeiterzahl von 500 greifen die Mitbestimmungsregeln des Drittelbeteiligungsgesetzes. Im Einklang mit der Philosophie, vorrausschauend in die Zukunft zu blicken, schlug der Aufsichtsrat daher eine Veränderung der Zusammensetzung vor. Künftig werden die sechs Mitgliedervertreter durch drei Mitarbeitervertreter ergänzt. Diese drei werden von den Kolleginnen und Kollegen der GLS Bank direkt gewählt und haben volles Stimmrecht.
Rege diskutiert wurde die Anhebung der Altersgrenze für Aufsichtsratsmitglieder von 70 auf 75 als Antwort auf die steigende Lebenserwartung und Vitalität im Alter. Nach einem intensiven Austausch wurde der Vorschlag abgelehnt.
Turnusmäßig stellte sich Dr. Beatrix Tappeser der Wiederwahl. Die Mitglieder bestätigten mit eindeutiger Mehrheit ihr Vertrauen in die Aufsichtsrätin.
Standing Ovations und gerührte Menschen: Axel Janitzki verabschiedete Rolf Kerler mit herzlichen Worten. Aus Altersgründen legte der gelernte Bankkaufmann sein Amt bedauerlicherweise nieder. Erst mit der Gemeinnützigen Treuhandstelle, dann mit der GLS Treuhand verbunden, setzte Rolf Kerler sich schließlich fast 40 Jahre lang für die GLS Bank ein. Die Bank sei auch eine Schulbank, auf der wir lernen, Bewusstsein bilden und es stetig weiterentwickeln, sagte er und verabschiedete sich mit den Worten: „Ich hatte das Glück, diese Bank von Geburt an zu begleiten.“
GLS Bank erleben
Lange Zeit schauten Mitglieder, Kunden und unsere Nachbarn neugierig auf das Nebenhaus des Hauptsitzes der GLS Bank und in den letzten Tagen vor der Jahresversammlung wurde an vielen Stellen noch der letzte Feinschliff angelegt. Doch nun war es soweit: Wir durften das neu Gebäude stolz präsentieren: ein Gebäude, das, im Sinne der Triple Bottom Line, soziale, ökologische und ökonomische Kriterien miteinander vereint. Und so bestaunten unsere Gäste natürliche Kühlsysteme, individuelle Belüftung und Beleuchtung der Arbeitsplätze, ein Windrad zur Ergänzung der Solaranlagen und natürlich unsere 75.000 neuen Kolleginnen, die Bienen.
In Vorträgen und Workshops zeichneten wir ein aktuelles Bild der Arbeit der GLS Bank, der GLS Treuhand sowie der GLS Bank Stiftung. Oliver Willing, Geschäftsführer der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, erläuterte beispielsweise in seinem Vortrag „Gold zu Stroh?“ die Entwicklungen in der Landwirtschaft. Er zeigte auf, wie jeder Einzelne zur nachhaltigen Nahrungsmittelsicherung beitragen kann.
Im Oktober wird die Bochumer Künstlerin Dorothee Bielfeld das ganz besondere Kunstwerk austausch in der GLS Bank enthüllen. Dazu sammelte sie auf der Jahresversammlung die ersten Buchspenden. Weitere Buchspenden oder Hinweise nimmt sie auch jetzt noch entgegen: austausch
„Verantwortung übernehmen bedeutet für mich, nicht nur an den Profit, sondern auch an die Zukunft und das Allgemeinwohl zu denken und im Alltag nachhaltig zu handeln“, so das persönliche Fazit eines langjährigen Mitglieds zur Jahresversammlung.
Wir freuen uns schon jetzt, auch im nächsten Jahr wieder viele Mitglieder in Bochum begrüßen zu können!
Einige Eindrücke haben wir für Euch festgehalten: Bilderstrecke
Annemieke Rode, Praktikantin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Vanessa Bolmer, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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