Das Spektrum erweitern – Qualitätsjournalismus fördern

Geld ist ein gesellschaftliches Gestaltungsmittel und sollte sozial und ökologisch einer nachhaltigen Wirkung verpflichtet sein. Das ist die Überschrift  der Tätigkeit von GLS Bank und GLS Treuhand seit ihren Ursprüngen in den 60er und 70er Jahren. Geld ist ein Medium. Ob wir investieren, produzieren oder konsumieren – der Fluss des Geldes gibt Auskunft darüber, was gewollt ist und welche kurz- und langfristige Wirkung unser Handeln durch den Einsatz von Geld erzeugt.

Doch nicht nur Geld ist ein zentrales Medium. Wofür wir Geld ausgeben, was uns wichtig und wertvoll ist, darüber entscheiden – bewusst oder unbewusst – ganz wesentlich jene Informationen, Werte und Verhaltensmuster, die uns durch Medien wie Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen, Blogs und in Sozialen Netzwerken vermittelt werden.

Informationen!

Welche? Worüber erfahren wir etwas, worüber nur scheibchenweise und worüber gar nichts? Was erreicht uns medial als Wirklichkeit, welche Themen erreichen uns, wo wird beschreibend und beobachtend dokumentiert, wo vor allem kommentiert. Wurde recherchiert, qualitativ geprüft, journalistisch gewissenhaft aufgearbeitet? Oder wurde eher der eigenen politischen Intention folgend interpretiert oder nur schlagzeilenverliebt und Klickzahlen maximierend skandalisiert? Für eine demokratische Gesellschaft, deren Bürgerinnen und Bürger für sich in Anspruch nehmen, an gesellschaftlichen Veränderungen teilhaben und sie mitgestalten zu wollen, sind dies fundamental wichtige Fragen. Nicht zuletzt die jüngsten und leider fortschreitenden Verwerfungen in der Europäischen Union zeigen uns ebenso wie die gesellschaftlichen Folgen einer stark angewachsenen Anzahl von aus politischen und wirtschaftlichen Gründen zu uns kommenden Menschen, wie wichtig eine frei zugängliche Öffentlichkeit ist, die sich nicht primär an Absichten, sondern an Fakten orientiert, positive, den Menschen zugewandte gesellschaftliche Perspektiven aufzeigt, ohne Probleme vermeintlich politisch korrekt wegzureden oder ihnen aus Angst vor den Argumenten oder der Stimmungsmache von Gegnern aus dem Weg zu gehen.

Informationen und die Kommunikation darüber sind konstituierende Grundlagen für jede demokratische Gesellschaft. Durch sie entsteht ein gemeinsamer öffentlicher Raum für die individuelle und gesellschaftliche Urteilsbildung. Dieser Raum gerät auch in Deutschland zunehmend in Gefahr. Nicht, weil wir es – wie andere propagandistisch verkünden – mit einer  so genannten „Lügenpresse“ zu tun haben. Nein. Der Grund ist gefährlicher: Weil vielen wichtigen Medien zunehmend jene finanziellen und damit auch personellen Ressourcen wegbrechen, die notwendig sind, um fundiert und langfristig recherchieren zu können und journalistische Qualität zu ermöglichen.

Warum ist das so?

Ein Blick in den Kiosk oder ins Fernsehprogramm oder eine Tour durchs Internet zeigen uns zweifellos eine schier unüberschaubare Anzahl von Medien, die Informationen für uns bereit halten. Allerdings sagt diese Quantität des Angebots längst nicht alles über die Qualität von Informationen, die eine Gesellschaft braucht, um Bedürfnissen von Menschen als verantwortliche Bürger_innen gerecht zu werden und eine Gesellschaft auf Grundlage gemeinsamer Werte zusammen zu halten und weiter zu entwickeln. Hier hat vor allem das Internet Auswirkungen, die wir ernst nehmen müssen, um journalistische Qualität und Vielfalt von Perspektiven und Meinungen zu erhalten.

Wesentliche Teile der Informationen, die uns erreichen, werden über Werbung finanziert. Ein Beispiel: Die Produktionskosten für eine Zeitung liegen in Regel weit über dem Preis für Abonnenten. Bis in die jüngste Vergangenheit haben Tageszeitungen ihre Einnahmen durchschnittlich bis zu 75% aus Anzeigen und nur zu 25% aus Lesereinnahmen finanziert. Unabhängig davon, ob sich dies als optimaler Zustand erwiesen hat, muss man heute feststellen, dass sich dieses Finanzierungsverhältnis umgekehrt hat, vor allem weil immer Anzeigen sehr viel kostengünstiger im Internet geschaltet oder die eigene Website zum zentralen Marketinginstrument ausgebaut wird.

Heute erwirtschaften Tageszeitungen im Durchschnitt nur noch etwa ein Drittel ihrer Einnahmen aus dem Anzeigenverkauf. Diese Entwicklung führt zu einem Verlust von Ressourcen, die erforderlich sind, um Qualtätsjournalismus zu ermöglichen. Gewissenhafte Recherchen, die Aufarbeitung von Ursachen gesellschaftlicher Entwicklungen und Fehlentwicklungen, investigative Arbeiten zur Aufdeckung von Missständen, Korruption, Amtsmissbrauch, die systematische Vorenthaltung von Bürger- und Menschenrechten, die historischen, kulturellen und wirtschaftlichen Ursachen bewaffneten Auseinandersetzungen – all das braucht Zeit und Geld für eine fachlich und journalistisch gewissenhafte Aufbereitung von Themen und Entwicklungen, die  unsere Zukunft prägen werden und auf die wir als Einzelne und Interessensgruppen in der Gesellschaft mitgestaltend Einfluss nehmen wollen.

Was tun wir?

Eine Bank mit gesellschaftlichem Gestaltungsanspruch ist angewiesen auf eine lebendige, von Vielfalt getragene Demokratie, die nicht ohne eine freie Presse und ohne einen Journalismus, der nicht nur Qualität will, sondern dafür auch die finanziellen Ressourcen hat, auskommt. Wir selbst können diese Werte nicht garantieren. Wir können und wollen sie jedoch zusammen mit anderen stärken. Deshalb haben wir uns als GLS Bank und GLS Treuhand zum Ziel gesetzt, unsere Mitglieder, Kunden und Partner aktiv einzubeziehen in einen bewusstseinsbildenden Prozess über die fundamentale Bedeutung eines qualitativen Journalismus und unserer gemeinsamen Mitverantwortung für die journalistische Qualität und Vielfalt in  unserem Gemeinwesen. Auch arbeiten wir mit im „Expertenkreis Qualitätsjournalismus“, der sich unter dem Dach des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen zusammen gefunden hat.

In jüngster Zeit haben sich vor allem junge Menschen auf den Weg gemacht, das journalistische Spektrum ebenso zu erweitern wie die Finanzierung journalistischer Angebote, sei es als gemeinnützige Unternehmen oder als Wirtschaftsunternehmen. Dazu gehören als Vorreiter das gemeinnützige Recherchezentrum „Correct!v“ in Essen und Berlin (correctiv.org); „perspective daily“ aus Münster (perspective-daily.de) für eine tägliche Dosis neuer Perspektiven für die Zukunft; die Journalistenvereinigung „Netzwerk Recherche“ (netzwerkrecherche.org) sowie das Onlinemagazin „Krautreporter“ in Berlin (krautreporter.de).

Einige davon werden wir in den nächsten Wochen und Monaten hier im GLS Bank-Blog vorstellen. Außerdem laden wir am Thema Interessierte über unsere Newsletter zu Veranstaltungen ein, um die gesellschaftliche Diskussion und das öffentliche Bewusstsein über die Bedeutung und zunehmende Gefährdung von Qualitätsjournalismus zu fördern.

Lukas Beckmann, Vorstandsmitglied der GLS Treuhand und der GLS Bank Stiftung

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