Ökofrost

#glskoop: dasnuf bei Ökofrost

GLS Blog Kooperative
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Der GLS Bank ist Transparenz wichtig. In diesem Rahmen ist die Idee zur Blogkooperative entstanden. Das dahinterstehende Prinzip ist ganz einfach: Die GLS Bank bringt Geschäftskunden der GLS Bank und BloggerInnen zusammen. Die BloggerInnen berichten subjektiv von deren Projekten oder Unternehmen. Dabei sollen Geschichten erzählt werden, “[die] von Menschen [handeln], die sich aufmachen, mit tollen Ideen und mutigem Handeln die Welt ein bisschen besser zu machen.” (Zitat aus dem Blog der GLS Bank)

Mir (Patricia Cammarata von dasnuf.de) wurde dieses Jahr das Berliner Unternehmen Ökofrost zugeteilt. Ein Spezial-Großhandel für Bio-Tiefkühlkost, gegründet 1996.

Ökofrost Mitarbeiter

Ökofrost hat derzeit 25 MitarbeiterInnen. Davon 18 Frauen und sieben Männer UND erstaunlicherweise (im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen) bleibt die gute Frauenquote auch in der Führungsebene erhalten: Fünf Frauen und drei Männer arbeiten in leitenden Positionen. Ich freue mich, dass die GLS Bank mir Ökofrost ausgesucht hat. Denn neben dem Frauenanteil gefällt mir das Produkt. Ich mag es, wenn ich mit den Produkten eines Unternehmens, über das ich berichte, etwas anfangen kann.

Über die Vorteile von Tiefkühlkost

Ich bin quasi die ideale Kundin. Ich kann mir nicht vorstellen,  ohne Tiefkühlkost zu leben. Es gibt für mich kaum etwas Praktischeres. Meine Kinder essen so gut wie nix. Sollte der Ausnahmefall eintreten und eines der Kinder isst doch mal Gemüse, dann isst das andere Kind dieses Gemüse auf gar keinen Fall. Konkret bedeutet das – einigten wir uns auf den kleinsten gemeinsamen Nenner – würden wir täglich “Nudeln ohne alles” essen. Auf Dauer wäre das unerträglich. Also kaufe ich tiefgefrorenes Gemüse und werfe mir z.B. eine Handvoll Brokkoli auf die Nudeln.

Würde ich das Gemüse frisch kaufen, dann hätte ich so gut wie immer das Problem, einen ganzen Knollensellerie oder Blumenkohl alleine essen zu müssen. Drei Tage Blumenkohl sind ja so eher mäh… Ich bin außerdem sehr faul. Deswegen liebe ich vorzerkleinertes und gesäubertes Tiefkühlgemüse. Kürbis ist so ein Musterbeispiel. Bevor ich einen ganzen Kürbis kaufe, putze (manche Arten muss man auch noch schälen) und zerteile (und dann isst das niemand außer mir), kaufe ich gefrorenen, hübsch zerkleinerten Kürbis und mache mir daraus eine Miniportion Suppe. Jedenfalls: Was kann es besseres geben als Tiefkühlkost? Alles ist frisch, nur kurz gelagert, gleich verarbeitet, vitaminreich, gesäubert, saisonal unabhängig und portionierbar!

Ökofrost hat das Ganze im Blick

Fröhlich steuere ich also auf die Ökofrost-Seite und lese mir einzelne Punkte durch. Ziemlich zu Beginn stolpere ich über einen Satz, der da lautet: „Denn Bio ist nicht perfekt. Es ist einfach aus unserer Sicht im Moment die beste Alternative.“ Ich lese mir die Philosophie des Unternehmens durch und lande schließlich bei der Gemeinwohlbilanz. Als ich alles durchgelesen habe, möchte ich am liebsten dort arbeiten. Es ist ein Elend mit mir. Niemals könnte ich kritische Journalistin oder Politikerin werden. Einen neutralen Standpunkt einzunehmen, fällt mir aufgrund meiner Begeisterungsfähigkeit sehr schwer.

Aber nochmal einen Schritt zurück: Was ist überhaupt eine Gemeinwohlbilanz? Kurz gesagt und so wie ich es verstanden habe, stellt sich ein Wirtschaftsunternehmen im Rahmen der Gemeinwohlbilanz die Frage nach einem sinnhaften und nachhaltigen Wirtschaften – es steht also nicht ausschließlich das Geldverdienen um des Geldverdienenwillens im Vordergrund. Betrachtet werden z.B. Werte wie Menschenwürde, Solidarität, soziale Gerechtigkeit sowie demokratische Mitbestimmung und Transparenz. Diese Werte werden in Bezug zu verschiedenen Gruppen gestellt: LieferantInnen, GeldgeberInnen, MitarbeiterInnen, KundInnen (Produkte/Dienstleistungen) und dem gesellschaftlichem Umfeld. Ökofrost hat diesen Prozess das erste Mal im Jahr 2011/2012 durchlaufen. Der Bericht von 2014/2015 ist öffentlich einsehbar (ich empfehle wirklich mal in den Bericht reinzuschauen). Von 1.000 möglichen Punkten erreicht Ökofrost 613.

Transparenz schafft am Ende Glaubwürdigkeit

Aus der Differenz zum Höchstwert lassen sich Handlungsfelder ableiten. Eines davon war mangelnde Transparenz. Im Folgejahr hat Ökofrost deswegen die Transparenz Initiative “Das Ganze verstehen” ins Leben gerufen. Die konkrete Umsetzung ist auf einigen Produktverpackungen nachzulesen und detaillierter beschrieben unter „Das Ganze verstehen”. Dort lassen sich die Vor- und Nachteile oder, wie Ökofrost sie nennt, die Licht- und Schattenseiten nachlesen.

ÖkofrostZur Pizza z.B. lese ich, dass sie tatsächlich im Norden Berlins in einem Familienbetrieb hergestellt wird. Ökofrost verzichtet auf vorgefertigte Motive aus Bilddatenbanken. Auf den Packungen ist wirklich die Pizzabäckerfamilie zu sehen. Man staune, die vegetarische Packung ziert sogar eine Pizzabäckerin! Selbst der Mozzarella kommt aus Berlin, der Teig geht 48 Stunden und enthält kein Vollmilchpulver, kein Palmöl, keine Emulgatoren oder Nitritpökelsalz. Damit der Teig aber die nötige “Klebrigkeit” erhält, wird ein Teil amerikanisches Mehl mit hohen Glutenanteil beigemischt. Die Hefe ist nicht Bio. Ökofrost schreibt dazu, dass sie auf der Suche nach einer alternativen Mehlquelle sind. Ich finde diese Art Transparenz großartig. Denn tatsächlich gibt es eben keine perfekte Welt – auch nicht im Bio-Bereich.

Das Licht- und Schattenseitenkonzept

Jede/r, der/die sich selbst Gedanken um ökologisch Sinnvolles und ein verantwortungsvolles Leben macht, weiß, dass es keine hundertprozentige Lösungen gibt. Es ist unmöglich, alles richtig zu machen. Es gibt immer nur eine beste Lösung im Lichte der Rahmenbedingungen, der eigenen Ansprüche, des Budgets.

Ökofrost schreibt zum Licht- und Schattenseitenkonzept:

„Bio ist nicht perfekt. Auch der Bio-Markt ist ein Wirtschaftsbereich, der eine Nachfrage befriedigen will. Dies kann nur mit industriellen Strukturen ermöglicht werden. Es gibt Lücken, Kompromisse, ethische Spannungsfelder – auch bei uns – und doch stehen wir voller Überzeugung hinter Bio, denn aus unserer Sicht ist es das Beste, was wir zurzeit haben. Die ständige Überprüfung der Produktionsweise und das stetige Bemühen um Verbesserungen sind essenziell für uns.“

Dieser Ansatz und die Gemeinwohlbilanz machen mich sehr gespannt auf das Gespräch, das ich einige Tage später mit der Leiterin Marketing, Anke Frenzel, habe.

Transparenz und Nachhaltigkeit sind für Ökofrost nicht nur leere Phrasen

Vor Ort werde ich sehr herzlich empfangen und erhalte eine kleine Unternehmenspräsentation. Wir reden über den Umsatz, die Kundenstruktur, die Gemeinwohlbilanz, die Marken und Produkte und die Transparenz-Initiative. Mich interessieren dann doch die Dinge, die nicht auf der Seite stehen. Wie weit geht der Öko-Gedanke? Wird Ökostrom verwendet? Wie ökologisch sind die Verpackungen? Was ist mit der Auslieferungsfahrzeugflotte? Am Ende habe ich wirklich alle Fragen beantwortet bekommen. Der Gesamteindruck bleibt: Es ist nicht alles perfekt – aber das Unternehmen Ökofrost arbeitet stetig an Verbesserung.

Ökostrom gibt es im Büro – nicht aber im Kühllager (oder gar bei der Fahrzeugflotte). Da wird mit Dienstleistern zusammengearbeitet, auf die nur begrenzt Einfluss genommen werden kann. Viele Hürden sind mir auch gar nicht klar. Beim Thema “Ökologische Verpackungen” beispielsweise. Für Fertigprodukte müssen Verpackungen extreme Temperaturschwankungen mitmachen. Von den Minusgraden der Tiefkühltruhe bis in den dreistelligen Plusbereich beim Erhitzen. Aktuell scheint es nichts Erschwingliches für diesen Bereich zu geben. Dennoch geht Ökofrost verantwortungsvoll mit dem Thema Verpackung um.

Frau Frenzel berichtet von einem Verpackungsfehldruck. Die Farben auf den Fischstäbchen sahen trotz Vorab-Sample nicht gut aus, die Fischstäbchen nicht goldgelb, sondern schon braun. Was also machen mit der gesamten Auflage? Wegwerfen? Nein. Ökofrost braucht die Fehldrucke auf. Das dauert zwischen einem halben und einem ganzen Jahr. “Das mag ein paar Prozent Umsatzrückgang bedeuten”, erfahre ich, “aber so viel Verpackungen wegzuwerfen, wäre unverantwortlich.”

Ein MINDESThaltbarkeitsdatum ist eben das, was es ist

Nach zwei Stunden ist mein Kopf voll mit Informationen und ich bin neugierig auf die Produkte, was ich auch sage: “Auf dem Weg nach Hause werde ich mir etwas aus Ihrem Sortiment kaufen…” Sie winkt ab: “Ich gebe Ihnen etwas aus unserer Tiefkühltruhe mit. Es kann sein, dass das ein oder andere Produkt nahe am oder sogar über das Mindesthaltbarkeitsdatum ist, ich hoffe, das ist in Ordnung. Wir schmeißen ungerne gute Sachen weg.” Ja, das ist sehr in Ordnung. Ich tue mich auch schwer mit Wegwerfen.

Ein Mindesthaltbarkeitsdatum ist eben das: ein Datum, wie lange etwas mindestens haltbar ist. Ich esse oft abgelaufene Sachen. Meistens reicht ein Blick auf das Produkt oder einmal dran riechen und dann ist ziemlich klar, ob man es noch essen kann oder nicht. Ich bekomme eine Pizza, Geflügel-Hack, Garnelen und Bio Lachs Fischstäbchen in einer kälteisolierten Tasche. Die Kühltasche, die ich bekomme, hat keine Alu-Beschichtung, da diese nur sehr unwesentlich zur Isolation beiträgt. Es genügen die beiden Plastikschichten mit Luftisolierung. Auch da erscheint mir das Unternehmen schlüssig. Es wird eingesetzt was nötig ist, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen und gleichzeitig wird auf den Rohstoff verzichtet, der nicht zwingend nötig ist.

Ja, ich denke, die GLS Bank hat da ein Unternehmen ausgesucht, das tatsächlich daran arbeitet, die Welt schrittweise ein bisschen besser zu machen. Ich wünsche Ökofrost für die Zukunft wirklich viel Erfolg (und mir noch mehr Convenience-Produkte).

dasnuf.de – Patricia Cammarata

Patricia Cammarata

Das Nuf heißt eigentlich Patricia Cammarata und lebt gemeinsam mit ihren Kindern in Berlin. Die gelernte Diplom-Psychologin ist hauptberuflich IT-Projektleiterin und arbeitet im Bereich Wissensmanagement. Darüber hinaus bloggt sie seit über zehn Jahren unter dasnuf.de zu Themen wie Mutter-Sein, Familie, Gesellschaft und Technik. Mittlerweile ist sie mit ihrem Blog bekannt geworden. Das liegt nicht zuletzt an ihrem unvergleichlichen Ton, der süffisant und spitz, oft sehr lustig, aber dabei im Kern immer warm­herzig ist.

 

Text: Patricia Cammarata, dasnuf.de

Bilder: Ökofrost GmbH

  1. Ferdinand Schneider

    Interessant, dass es einen Großhändler für Bio-Tiefkühlprodukte gibt. Ich finde es gut, dass der auf die Transparenz achtet. Immer mehr Menschen möchte wissen wissen wo die Produkte herkommen.

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