Kühe

Klimaschutz oder Ernährungssicherheit – ein Widerspruch?

Zum Abschluss der Aktionswoche "Klima & Finanzen" ein Beitrag von André Presse, GLS Bank. Insbesondere in Zeiten steigender Öl- und Lebensmittelpreise scheinen Klimaschutz und Ernährungssicherung ein Widerspruch zu sein. Jedoch auch sinkende Öl- und Lebensmittelpreise haben den Hunger verschärft, während sich die Emission von Treibhausgasen weiter erhöht. Erkennen wir die Atmosphäre als Gemeingut und gehen mit ihr entsprechend um, können sowohl der Klimawandel rückgängig gemacht und der Hunger wirksam bekämpft werden.

Im internationalen Klimaschutz bestehen drei Sachzwänge:

1.) Die Emission von Treibhausgasen ist zu begrenzen.

2.) Die Atmosphäre als „Ressource” muss effizient genutzt werden. Die Ressource muss einen Preis haben, um einen ökonomischen Anreiz zu ihrer sparsamen Verwendung zu schaffen.

3.) Es muss eine weltweite Pro-Kopf-Lösung erreicht werden, auf die sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der indische Premierminister Singh im Jahr 2007 in Grundzügen verständigt haben. Andernfalls werden Staaten wie China und Indien, die für den Erfolg des Klimaschutzes entscheidend sind, eine Lösung nicht mittragen, da das für ihre Bevölkerung notwendige Wohlstands- und Wirtschaftswachstum zu steigenden Emissionen führt und sie eine nationalstaatliche Festschreibung von Emissionsreduktionen auf der Basis von 1990 (Kyoto) nicht akzeptieren können.

Ein Lösungsansatz (3-Ebenen-Modell):

1. Ebene:
Die weltweite Begrenzung der Ressourcennutzung (z. B. auf 18 Mrd. Tonnen CO2 p. a.)

2. Ebene:
Die weltweite Versteigerung (im Unterschied zu einer Verteilung nach Volkswirtschaften) der Gesamtmenge. Dabei die inputorientierte Steuerung: Eine Tonne fossiler Kraftstoffe (Kohlenstoff zum Beispiel in Öl und Kohle) führt bei Verbrennung (also der überwiegenden Nutzungsart) zu einem Ausstoß von etwas mehr als drei Tonnen CO2. Daher Erfassung und Kontingentierung an der Quelle: Wer Kohlenstoff herstellt oder in Verkehr bringt, muss zuvor durch den Erwerb von Kohlenstoffzertifikaten in entsprechender Menge das Recht dazu erworben haben.

3. Ebene:
Der durch Ebenen 1 und 2 monetarisierte Wert der knappen Ressource „Aufnahmespeicher” als Ressource und Menschheitsgut (Merkel) wird pro Kopf der Weltbevölkerung ausgezahlt. In entwickelten Volkswirtschaften kann der „Ökobonus“ auf das Verrechnungskonto der – in Deutschland bereits lebenslang persönlichen – Steuernummer ausgezahlt werden. Dank der immer weiteren Verbreitung von Mikrokreditbanken haben die Menschen auch in Entwicklungsländern immer besseren Zugang zu Bankdienstleistungen. Wo dies nicht der Fall ist, kann vorübergehend der Staat die Mittel in Empfang nehmen (möglicherweise mit der Auflage, den Ausbau von Mikrokredit- und anderen Bankdienstleistungen voranzutreiben) und dort, wo Regime korrupt sind, können die Mittel an die Welthungerhilfe der Vereinten Nationen zur Sicherung der Mindestbedürfnisse für die betroffenen Menschen überwiesen werden.

Durch die Anwendung des Modells auf CO2-Emissionen ist die Einhaltung der Klimaschutzziele systematisch gewährleistet und ein sparsamer (effizienter) Umgang mit der Atmosphäre als Umweltgut gesichert. Nationale Regierungen können von operativen Eingriffen absehen und sich auf die Setzung der Rahmenbedingungen beschränken; die Dämmung von Häusern, die Anschaffung eines verbrauchsarmen Fahrzeuges und andere Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes werden ökonomisch vorteilhaft.

Ein weltweit einheitlicher Emissionspreis gibt Unternehmen mehr Planungssicherheit und sichert Arbeitsplätze, da Unternehmen die Produktion nicht mehr aufgrund unterschiedlicher Klimaschutzregime verlagern – auch das spart Geld und Ressourcen. Unternehmerische Anreize zur Erforschung und Verbreitung CO2-sparender Technologien werden gestärkt.

Emissionsrechte werden dort verwendet, wo die Grenzvermeidungskosten am größten sind beziehungsweise wo mit einem bestimmten Ressourcenverbrauch der höchste ökonomische Wert für die Verbraucher geschaffen wird, der in Form hoher Zahlungsbereitschaft der Verbraucher und somit hoher Gebote im Auktionsverfahren (2. Ebene) zum Ausdruck kommt. Klimaschutz wird so nicht nur ökonomisch vorteilhaft, sondern demokratisch mehrheitsfähig: Die Rückvergütung der monetarisierten Knappheitsrente garantiert jedem die Möglichkeit eines durchschnittlichen Verbrauchs des Umweltgutes beziehungsweise der unter seiner Nutzung produzierten Güter und Dienstleistungen. Niemand muss mehr Angst haben, aufgrund umweltschutzbedingt steigender Preise zu verarmen beziehungsweise nicht mehr mithalten können.

Der unterdurchschnittliche Nutzer tritt von seiner Nutzungsmöglichkeit teilweise zurück und erhält den ökonomischen Gegenwert dafür, dass er dem überdurchschnittlichen Nutzer dessen Mehrnutzung ermöglicht. Ein Emissionspreis von 50 US-Dollar pro Tonne würde bei einer erlaubten Emission von 20 Mrd. Tonnen jährlich zu einer monatlichen Auszahlung in Höhe von etwa 14 US-Dollar pro Kopf der Weltbevölkerung führen. Für die Ärmsten der Armen bedeutet dies die Sicherung ihres Überlebens – und sie werden als Zielgruppe für die heimische und internationale Wirtschaft interessant.

  1. Übernommener Kommentar*

    Träum weiter!

    Das alles klingt zu schön, um wahr zu sein. Aber wir sind ja hier bei Utopia und da sind Träume erlaubt. Wenn man sich allerdings noch das Geeiere von Kopenhagen in Erinnerung ruft, dann ist der Gegensatz zwischen Wunsch und Wirklichkeit kaum auszuhalten. Ich hoffe, die Zukunft straft meine Zweifel an der Machbarkeit Lügen… Dass nicht immer alle guten Ideen Hirngespinnste bleiben müssen, sieht man an der GLS-Bank. Für mich ist sie DIE Antwort auf alle Ja-aber-Sager aus der “ohne Boni und Investmentfondsspekulanten gehts halt nicht”-Fraktion.
    In diesem Sinne ein dickes “Weiter so” an die GLS als real existierendes Gegenmodell –
    Danke, dass es Euch gibt!

  2. Übernommener Kommentar*

    Fortwaehrende Existenz erwuenscht…

    …von der GLS-Bank und allen aehnlichen Banken,die solch eine wichtige Verantwortung uebernehmen! Danke.

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