Geldgipfel 2018: Auf dem Weg zu einer Geldwende

Thomas Goldfuß
Thomas Goldfuß

“Von der Finanzwirtschaft zur Realwirtschaft – 10 Jahre nach Lehman Brothers”: Mit diesem Thema befasst sich der 3. Geldgipfel der GLS Bank Stiftung am 28. und 29. April 2018 an der Uni Witten/Herdecke. Thomas Goldfuß, Seniorexperte Nachhaltigkeit der GLS Bank und Mitorganisator des Geldgipfels, spricht im Interview über erste Erfolge und weiteren Handlungsbedarf in Sachen neuer Finanzordnung.

Was verbirgt sich hinter dem Titel des diesjährigen Geldgipfels?

Wir stellen uns 10 Jahre nach Lehman Brothers die Frage: Was hat sich seitdem tatsächlich verändert? Wie realistisch ist eine erneute Finanzmarktkrise? Und da stellen wir fest, dass sich zwar die Regulatorik an mehreren Stellen deutlich verschärft hat, jedoch die zugrundeliegende Motivation der Akteure bei der Anwendung von hoch spekulativen Finanzinstrumenten unverändert ist. Der primäre, wenn nicht gar ausschließliche Antrieb ist das pure Gewinnstreben. Bei den Spekulationen mit Derivaten, bei dem Algorithmen-gesteuerten Hochfrequenzhandel kann man bestenfalls von einer „Schattenwirtschaft“ sprechen. Die Frage, wie die Finanzwirtschaft einen gesellschaftlich erwünschten Beitrag für die sogenannte „Realwirtschaft“ leistet, wurde vor knapp 10 Jahren gestellt und ist immer noch nicht annähernd beantwortet.

Was haben Themen wie Wohnraumbeschaffung und das Pariser Klimaabkommen mit einer neuen Finanzordnung zu tun?

Es sind zwei Beispiele einer sozialen und einer ökologischen Herausforderung, wo aus unserer Sicht ganz dringend ein anderer Umgang mit Geld bzw. gezielte Investitionen oder regulatorische Eingriffe erforderlich sind. Und in beiden Fällen gibt es – auch internationale – Initiativen, die sehr konkrete Vorschläge zur Lösung der Probleme erarbeitet haben und dies weiterentwickeln.

Der Geldgipfel 2018 ist bereits die dritte Veranstaltung dieser Art. Der Erste fand 2014 statt. Was hat sich seitdem verändert?

So nüchtern und pessimistisch meine Antwort auf die erste Frage anmuten mag, es ist aus meiner Sicht insbesondere in den letzten zwei,drei Jahren auch viel Schwung in dieses Segment hereingekommen. Und das nicht über die Finanzaufsichten, sondern durch zwei bedeutsame internationale Abkommen. Das Pariser Klima-Abkommen und die UN Sustainable Development Goals. Nach meiner Wahrnehmung wird zielgerichteter und verbindlicher unter Beteiligung der unterschiedlichsten Stakeholder an der Frage gearbeitet, welche Transformationen im Finanzmarksektor erforderlich sind, um diese wesentlichen, gemeinsamen Ziele zu erreichen.

Wie beeinflussen neue Technologien, wie etwa Blockchain, die Debatte und die Möglichkeiten einer neuen Geldordnung?

Es ist für mich schwer einzuschätzen, zumal ich davon ausgehe, dass diese Technologien sowohl im positiven als auch im negativen Sinn erhebliche Auswirkungen haben können. Seit einiger Zeit wird auch in der Finanzszene ein enormer Hype um Blockchain gemacht. Es gibt laufend Seminare, Kongresse und Foren zu dieser Technologie. Dennoch: Für ein alternatives, komplementäres Geldsystem könnte Blockchain vieles ermöglichen und unterstützen, was ohne diese Technologie fast unmöglich wäre. Dazu liegen auch schon erste wissenschaftliche Entwürfe vor.

Was erwarten Sie Neues vom Geldgipfel 2018?

Ich würde mir wünschen, dass wir konkrete, kurz- bis mittelfristig umsetzbare und vor allem wirksame Handlungsimpulse identifizieren, denn wir können ja nicht weitere zehn Jahre auf der Stelle treten. Neues erwarte ich vor allem aus den Initiativen rund um die beiden oben genannten internationalen Abkommen und von der Blockchain-Technologie.

Geldgipfel und GLS Bank Stiftung

Der Geldgipfel wurde von der GLS Bank Stiftung ins Leben gerufen, einer gemeinsamen Initiative von GLS Bank und GLS Treuhand e.V. . Die GLS Bank Stiftung arbeitet an den Grundlagen einer Geldordnung, in der Geld als nachhaltiges, soziales und ökologisches Gestaltungsmittel wirkt und eine dienende Funktion für Wirtschaft und Gesellschaft wahrnimmt. Der Geldgipfel versteht sich als ein Forum und als Arbeitsprozess, der in Kooperation mit vielen gesellschaftlichen Akteuren*innen fortgesetzt und weiterentwickelt werden soll.

Hier findet ihr die Dokumentation zum Geldgipfel 2016.

Geldgipfel 2016: Vom Fußabdruck zum Handabdruck

 

  1. Es gibt ja wirklich kein Interview mehr, in dem nicht mindestens beiläufig die Blockchain-Technologie erwähnt wird. Alle erwarten sehr viel davon.
    Für mich bleibt das immer sehr nebulös. Was Blockchain mit einem besseren Geldsystem zu tun hat, habe ich nicht verstanden.

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