GLS Kundenporträt: Apfeltraum AG – Kapitalismus auf dem Land

hauptgebaeude_800x500Apfeltraum – da denkt man an blühende Streuobstwiesen, rotbackige Äpfel und gemeinsame Ernte. Man hört Vögel zwitschern und spürt süß-sauren Apfelgeschmack auf der Zunge. Aber da ist noch etwas: „AG“. Aktiengesellschaft. Also Apfeltraum Aktiengesellschaft. Was steckt dahinter?

Marco-Gläser-zitat_gross_709x472Marco Gläser, Geschäftsführer der Apfeltraum AG, kann das erklären. „Den Hof Apfeltraum gibt es seit rund 25 Jahren. Er ist einer der ältesten Biobetriebe in Ostdeutschland und wurde als Demeter Hofgemeinschaft gegründet. Heute arbeiten die einzelnen Betriebsteile Gärtnerei, Tierhaltung, Feldbau, Baumschule und Abokiste wirtschaftlich eigenständig, treten aber nach außen als ein Hof auf.“ Der Hof Apfeltraum liegt in Müncheberg östlich von Berlin. Ein großer Teil der erzeugten Lebensmittel wird in die Hauptstadt geliefert. Der Hof umfasst 150 Hektar, davon 100 Hektar Ackerland, 20 Hektar Wiesen, 3,5 Hektar Gemüsebau mit Gewächshaus sowie Flächen mit Streuobstwiesen und 5 Gebäude. Hier leben und arbeiten 30 Menschen, darunter sechs Familien und rund die Hälfte Kinder. Sie kommen aus allen Ecken Deutschlands. Fast alle Erwachsenen arbeiten schon sehr lange in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Die Bevölkerung aus der Umgebung kommt regelmäßig zum Jungpflanzenmarkt oder Adventsmarkt, beim Hoffest sind bis zu 1500 Gäste dabei.

Wachsen, aber wie?

Im Jahr 2005 wollte die Hofgemeinschaft das zentrale Gebäude, einen ehemaligen Pferdestall, ausbauen. Eigenkapital war knapp, wie häufig bei kleineren Betrieben. Was tun? Die Lösung: Andere Menschen am Hof beteiligen. Über eine Aktiengesellschaft. Das mag in der Landwirtschaft bei Betrieben dieser Größe vielleicht nicht gerade üblich sein, aber es hat funktioniert. „Mit  der Aktiengesellschaft machen wir es Menschen einfach, sich zu beteiligen und ein Stück weit zu Miteigentümern und Mitunternehmern zu werden. Diese Idee hat uns begeistert“, sagt Marco Gläser. Besser als über  einen Förderverein Spenden einzusammeln. Auch die Rechtsform der Genossenschaft wurde geprüft, dann aber verworfen. „Letztlich fanden wir es konsequent, dass jemand, der sich mit einem großen Betrag beteiligt mehr Mitspracherecht hat als jemand, der nur eine Aktie kauft.“ Bei Genossenschaften hat jeder Anteilseigner – unabhängig von der Zahl der Anteile – das gleiche Stimmrecht. „Außerdem konnten wir mit der AG einen kreativen Akzent setzen“, zählt Gläser einen weiteren Vorteil auf. „Die Praxis zeigt, dass man genau über diese Frage „Biohof und Aktiengesellschaft?“ mit den Menschen über unsere Entwicklungsziele ins Gespräch kommt.“

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Viel erreicht

Heute, zehn Jahre nach der Gründung der Apfeltraum AG, ist die Hälfte des ehemaligen Stallgebäudes komplett saniert. Das Feldsteingebäude beherbergt eine Ferienwohnung, einen großen Saal, eine mittelgroße Küche und ein Büro, das an die Demeter-Beratung vermietet ist. „Das Gebäude ist im Besitz der AG“, erklärt Gläser. „Das eingeworbene Aktienkapital floss in die Sanierung. Dafür erhält die AG die Einnahmen aus Miete und Pacht.“ Darüber hinaus kümmert sich die AG um Öffentlichkeitsarbeit für den Hof und zu den Themen ökologische Landwirtschaft und Ernährung. Das Grundkapital beträgt 150.000 Euro und soll bis zum Spätsommer um 75.000 Euro erhöht werden. Der gemeinnützige Apfeltraum e.V. organisiert derweil die Bildungsarbeit mit Schulklassen und Kindergärten. Er wird von der Sarah Wiener Stiftung  gefördert. Die Landerwerbs GbR ist für den Kauf weiterer Flächen zuständig und ein Initiativkreis bespricht alle zwei Monate gemeinschaftliche Projekte wie Hoffeste.


Zukunft im Blick

Marco Gläser kam vor vier Jahren dazu: „Ich interessiere mich schon lange für ökologische Ernährung. In unserem Garten hatten wir einen Teil unserer Lebensmittel selbst angebaut und auf der Suche nach Ökobetrieben in der Umgebung stieß ich auf den Hof.“ Der gelernte Bankkaufmann ist seit 1. Mai 2016 Geschäftsführer. „Möglichst bald soll nun die zweite Hälfte des Hauptgebäudes saniert werden, denn wir wollen wachsen.“ Bisher seien Hof und AG noch zu klein, die Fixkosten für die AG relativ hoch, Boden- und Pachtpreise ebenfalls. „Wir sind jedoch in der glücklichen Situation, dass wir das vierte Jahr in Folge einen Jahresüberschuss erwirtschaftet haben – allen Umständen zum Trotz.“
Mit einem Hofladen, einer Demeter Bäckerei, weiteren Büros und Wohnungen und dem Erwerb von zusätzlichen Flächen möchte man den Hof wirtschaftlich auf eine breitere Basis stellen. Geschätzte Kosten für das Vorhaben: 500.000 Euro. Rund 40 % können über Fördermittel finanziert, der Rest soll über einen Kredit und Eigenkapital aufgebracht werden.

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Gutes Gewissen

Eine Apfeltraum-Aktie kostet 100 Euro. Dabei handelt es sich um eine Namensaktie, deren Inhaberin oder Inhaber Aufsichtsrat und Vorstand bekannt ist. Der Vorstand entscheidet darüber, ob und wie viele Aktien eine Person erwerben kann. Seit kurzem wird die Apfeltraum Aktie auch online über die eigene Website vermittelt.
Die 200 Anlegerinnen und Anleger kommen aus ganz Deutschland, viele stammen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis der Hofbewohner. „Allen liegt Nachhaltigkeit und Biolandbau am Herzen“, meint Gläser. Einmal im Jahr laden Aufsichtsrat und Vorstand die Anteilseigner zur Hauptversammlung in den großen Saal nach Müncheberg ein.

Und was ist mit der Rendite, mag sich manch einer fragen. „Eine finanzielle Rendite im herkömmlichen Sinn hat der Hof Apfeltraum bisher nicht ausgezahlt“, sagt der gelernte Bankkaufmann Gläser, der bis vor Kurzem noch niedrig verzinste Sparbriefe verkauft hat, ganz locker. „Wer hier investiert, hat einen Teil des Hofes erworben und weiss, dass er etwas Sinnvolles tut – für sich selbst und für die Region. Das ist viel mehr Wert als ein bisschen Rendite.“ Dann kommt kurz der Bankkaufmann durch: „Mit einer Aktie ist jedoch auch ein gewisses Risiko verbunden. Aber schließlich gibt es regelmäßige Miet- und Pachteinnahmen und bald ist auch der Verlustvortrag abgebaut.“


Auf Augenhöhe mit der Hausbank

Die GLS Bank ist seit langem Partner des Hofs Apfeltraum. „Auch wir arbeiten nachhaltig, ganzheitlich und zukunftsweisend“, meint Marco Gläser. „Das verbindet. Wir sind sehr zufriedene Kunden. Die GLS Bank versteht unsere alternative Herangehensweise, wir sprechen auf Augenhöhe.“ Der Apfeltraum Geschäftsführer schätzt das Vertrauen und die gegenseitige Loyalität und freut sich darauf, „dass wir die GLS Bank auch in Zukunft an unserer Seite haben.“

Fotos: Apfeltraum Aktiengesellschaft

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